Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
will.«
    Das stimmte; hartnäckig versagte sie sich Jean. Geierkopf frohlockte darüber nicht weniger laut. Und er zog über den Verliebten her: Ein schönes Mannstück, daß ich nicht lache! Er sei wohl verseucht durch schlimme Krankheiten, daß er kein Kind machen könne? So was bricht andern Leuten heimtückisch den Arm, ist aber nicht mal imstande, einem Mädchen einen dicken Bauch zu machen, so sehr fehlt's ihm an Kraft. Von da an verfolgte er Françoise mit Anspielungen, er überhäufte sie selber mit Witzen über den Unterteil ihres Wasserkessels, aus dem immer wieder alles auslief.
    Als Jean erfuhr, wie Geierkopf ihn beschimpfte, wollte er ihm die Schnauze einschlagen; und er lauerte noch immer Françoise auf, er flehte sie an, nachzugeben: Man werde ja sehen, ob er nicht ein Kind reinkleben könne, und zwar ein dickes! Sein Verlangen verdoppelte sich nun vor Zorn. Aber jedesmal fand sie eine neue Ausrede, weil sie bei der Vorstellung, das wieder mit Jean zu machen, Verdruß empfand. Sie verabscheute ihn nicht, es gelüstete sie einfach nicht nach ihm; und sie mußte wirklich kaum Verlangen nach ihm haben, weil sie nicht schwach wurde und sich hingab, als sie ihm, noch rasend und rot von einem Angriff Geierkopfs, hinter einer Hecke in die Arme fiel. Ach, das Schwein! Sie sprach nur von diesem Schwein, war voller Leidenschaft, war erregt und auf einen Schlag wieder abgekühlt, sobald der andere das ausnutzen und sie nehmen wollte. Nein, nein! Sie schäme sich dabei! Zum Äußersten getrieben, vertröstete sie ihn eines Tages auf später, auf ihre Hochzeitsnacht. Es war das erste Mal, daß sie sich darauf einließ; denn sie hatte es bisher vermieden, klar zu antworten, wenn er sie zur Frau begehrte. Von da an war das sozusagen abgemacht: er würde sie heiraten, aber erst, wenn sie volljährig geworden, sobald sie Herr über ihren Besitz war und Rechnungslegung fordern konnte. Dieser gute Grund leuchtete ihm ein; er predigte ihr Geduld, er hörte auf, ihr zuzusetzen, außer in den Augenblicken, da der Gedanke, es mit ihr zu treiben, ihm zu stark zu schaffen machte. Erleichtert und beruhigt, daß dieser Tag, an dem das Versprechen einzulösen war, in unbestimmter Ferne lag, begnügte sie sich, seine Hände festzuhalten, um ihn zu hindern, und dabei sah sie ihn mit ihren schönen Augen flehend an wie eine feinfühlige Frau, die von keinem anderen als ihrem angetrauten Mann ein Kind haben möchte.
    Indessen befürchtete Geierkopf, der nun die Gewißheit hatte, daß sie nicht schwanger war, etwas anderes, nämlich daß sie schwanger werden könnte, wenn sie wieder mit Jean anfing. Er mißtraute ihm weiterhin, und er zitterte, denn man erzählte ihm überall, daß Jean schwöre, er werde Françoise bis zu den Augen hoch dick machen, so dick, wie noch nie ein Mädchen gewesen war. Deshalb paßte er von morgens bis abends auf sie auf, verlangte Rechenschaft über jede Minute, hielte sie an der Leine und drohte ihr mit der Peitsche wie einem Haustier, vor dessen tollen Streichen man Furcht hat; und das war eine neue Marter, immerzu spürte sie hinter ihren Röcken ihren Schwager oder ihre Schwester, sie konnte nicht zur Dunggrube gehen, um ihre Notdurft zu verrichten, ohne daß sie einem Auge begegnete, das sie belauerte. Nachts schloß man sie in ihrer Kammer ein; eines Abends hatte sie nach einem Streit sogar den Fensterladen ihrer Luke mit einem Vorhängeschloß zugesperrt gefunden. Da es ihr trotzdem gelang zu entwischen, gab es dann bei ihrer Rückkehr abscheuliche Auftritte, Verhöre, manchmal Kontrolluntersuchungen; der Mann packte sie bei den Schultern, während die Frau sie halb entkleidete, um nachzusehen. Das alles brachte sie Jean näher; sie kam allmählich dahin, ihm Stelldicheins zu geben, war glücklich, es den anderen zum Trotz zu tun. Vielleicht hätte sie ihm endlich nachgegeben, wenn die andern dabeigewesen wären, da hinter ihr. Auf jeden Fall gab sie ihm endgültig ihr Versprechen, sie schwor ihm bei allem, was ihr heilig war, daß Geierkopf lüge, wenn er sich brüste, mit beiden Schwestern zu schlafen, er sage das in der Absicht, sich als Hahn aufzuspielen und gewaltsam Verhältnisse herbeizuführen, die nicht bestanden. Jean, den ein Zweifel quälte, weil er die Sache für möglich und natürlich hielt, schien ihr zu glauben. Und als sie auseinandergingen, küßten sie sich als sehr gute Freunde, und von diesem Tage an nahm sie ihn zum Vertrauten und Ratgeber, suchte ihn beim geringsten Schreck

Weitere Kostenlose Bücher