Die Erde
plauderten, der Vater zog, wie nicht anders zu erwarten, über Geierkopfs her, diese herzlosen Leute, die er beschuldigte, sie ließen ihn vor Hunger verrecken; und der biedere Sohn schlug ihm mit tränenfeuchten Augen vor, ihn vor diesen Schurken zu retten, indem er ihn nun zu sich nehme. Warum nicht? Man langweile sich nicht bei ihm, man spaße von morgens bis abends. Bangbüx besorge die Kocherei für zwei, sie würde sie eben für drei besorgen. Eine tolle Kocherei, wenn Geld da ist!
Verwundert über diesen Vorschlag und von unbestimmter Besorgnis erfaßt, lehnte Fouan ab. Nein, nein, in seinem Alter fange man nicht an, von einem zum andern zu rennen und alle Jahre seine Gewohnheiten zu ändern.
»Kurz und gut, Vater, es ist gut gemeint, denkt darüber nach ... Ihr sollt immerhin wissen, daß Ihr nicht auf der Straße liegt. Kommt zum Schloß, wenn's Euch langt mit diesem Gesindel.«
Und Jesus Christus verabschiedete sich von ihm, er war neugierig geworden und fragte sich beunruhigt, wie der Alte wohl seine Zinsen durchbringe, wo er doch bestimmt welche bezog. Viermal im Jahr solch ein Haufen Hundertsousstücke, das mußte mindestens dreihundert Francs ausmachen. Wenn er sie nicht durchbrachte, hob er sie also auf? Dem mußte man auf den Grund gehen. Ein toller Schatz!
Als Vater Fouan an diesem Tage, einem milden und feuchten Novembertag, heimkam, wollte ihn Geierkopf der siebenunddreißig Francs fünfzig berauben, die er seit dem Verkauf des Hauses alle drei Monate bezog. Es war übrigens vereinbart worden, daß der Alte sie ihm überließ sowie auch die zweihundert Francs jährlich von Delhommes. Aber dieses Mal hatte sich ein Hundertsousstück unter das Geld verirrt, das er in sein Schnupftuch geknüpft hatte; und als er seine Taschen umdrehte und nur zweiunddreißig Francs fünfzig herausbrachte, brauste sein Sohn auf, schalt ihn einen Gauner, beschuldigte ihn, er habe die fünf Francs versumpft bei Suff und geilen Weibern.
Erschrocken hielt der Vater die Hand auf sein Schnupftuch, und in der dumpfen Angst, daß man eine Leibesvisitation an ihm vornehme, stammelte er Entschuldigungen, schwor Stein und Bein, er müsse die fünf Francs verloren haben, als er sich die Nase wischte. Wieder einmal war das Haus bis zum Abend in heller Aufregung.
Geierkopfs Laune war so grimmig geworden, weil er beim Heimbringen seiner Egge Jean und Françoise erblickt hatte, die hinter eine Mauer flüchteten. Françoise, die unter dem Vorwand, Grünfutter für ihre Kühe zu machen, aus dem Hause gegangen war, kam nicht mehr zum Vorschein, denn sie ahnte den Auftritt, der sie erwartete. Die Nacht brach bereits herein, und wütend lief Geierkopf alle Augenblicke in den Hof hinaus, ging bis zur Dorfstraße, um Ausschau zu halten, ob diese Nutte endlich von ihrem Kerl zurückkomme. Er fluchte laut, ließ Unflätigkeiten vom Stapel, ohne Vater Fouan zu sehen, der sich nach dem Streit auf die Steinbank gesetzt hatte, sich beruhigte und die laue liebliche Luft atmete, die aus diesem sonnigen November schier einen Frühlingsmonat machte.
Holzschuhgeklapper kam den Abhang herauf; Françoise tauchte auf, tief gebückt, die Schultern beladen mit einem riesigen Packen Grünfutter, den sie in ein altes Leinentuch geknüpft hatte. Sie schnaufte, sie schwitzte, war halb unter dem Haufen verborgen.
»Himmelsakrament, du Rumtreiberin!« schrie Geierkopf. »Wenn du glaubst, du kannst dich, über mich lustig machen, indem du dich zwei Stunden lang von deinem Galan bürsten läßt, wo es hier Arbeit gibt!«
Und er legte sie um in dem Packen Grünfutter, der heruntergefallen war; er fiel gerade in dem Augenblick über sie her, als nun auch Lise aus dem Hause trat, um sie anzubrüllen:
»He! Scheißschlafmütze, komm bloß her, damit ich dir einen Tritt in den Hintern versetze! – Du schämst dich nicht mal!« Aber Geierkopf hatte das Mädchen schon unterm Rock gepackt, und zwar tüchtig. Seine Wut schlug stets in einen jähen Anfall von Begierde um, Während er ihr im Grünfutter den Rock hochstreifte, schnauzte er, war ihm die Kehle zugeschnürt, das Gesicht blau angelaufen und verquollen vor Blutandrang.
»Verfluchte Dirne, diesmal bin ich dran mit dem Drüberrutschen! – Und wenn das Himmeldonnerwetter dreinschlägt, ich werde nach dem andern drüberrutschen.«
Da entspann sich ein wütendes Ringen. Vater Fouan konnte in der Nacht schlecht etwas unterscheiden. Aber er sah dennoch Lise, die dastand, zusah und das geschehen ließ,
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