Die Erde
während ihr Mann hingesielt dalag, alle Sekunden zur Seite geworfen wurde, sich vergebens abrackerte und sich trotzdem aufs Geratewohl befriedigte, einerlei wo.
Als das zu Ende war, konnte sich Françoise, röchelnd, stammelnd, mit einem letzten Ruck frei machen.
»Du Schwein! Du Schwein! Du Schwein! – Du hast nicht können! Das zählt nicht! – Das hier, das ist mir schnuppe! Niemals wird dir's gelingen, niemals!« Sie triumphierte, sie hatte eine Handvoll Grünfutter genommen und wischte sich damit das Bein ab; sie bebte dabei am ganzen Leibe, als sei sie selber ein wenig befriedigt worden bei dieser halsstarrigen Weigerung. Mit herausfordernder Gebärde warf sie die Handvoll Grünfutter ihrer Schwester vor die Füße. »Da! Das gehört dir! – Deine Schuld ist's nicht, daß ich's dir zurückgeben kann.«
Lise schloß ihr mit einer Maulschelle den Mund; da schritt Vater Fouan ein, der von der Steinbank aufgestanden war und empört mit seinem Stock fuchtelte.
»Dreckskerle, ihr beide! Wollt ihr sie wohl in Ruhe lassen! – Jetzt langt's wohl, he?«
Lichter tauchten bei den Nachbarn auf, man begann unruhig zu werden über diese Rauferei, und Geierkopf schob schleunigst seinen Vater und die Kleine hinten in die Küche, wo eine Kerze Laure und Jules beschien, die sich vor Schrecken in einen Winkel geflüchtet hatten. Lise kam auch herein, war entsetzt und stumm, seit der Alte aus dem Dunkel herausgetreten war. Sich an Lise wendend, redete Fouan weiter:
»Wie du dich aufführst, das ist zu widerlich und zu dumm ... Du hast zugeguckt. Ich habe dich gesehen.«
Geierkopf hieb mit der Faust in voller Wucht auf die Tischkante.
»Ruhe! Nun aber Schluß! – Ich hau den ersten zusammen, der weiterredet.«
»Und wenn ich weiterreden will, ich?« fragte Fouan mit zitternder Stimme. »Haust du mich dann auch zusammen?«
»Euch genauso wie die andern ... Ihr ödet mich an!«
Tapfer hatte sich Françoise zwischen sie geworfen.
»Ich bitte Euch, Onkel, mischt Euch nicht ein. Ihr habt ja gesehen, daß ich groß genug bin, um mich zu wehren.«
Aber der Alte schob sie beiseite.
»Laß! Das geht dich nichts mehr an ... Das ist meine Sache.« Und seinen Stock hebend, rief er: »Aha! Du willst mich zusammenhauen, Bandit! – Wollen sehen, ob nicht ich dir eine Abreibung verpasse!«
Mit flinkem Griff entriß ihm Geierkopf den Stock, den er unter den Schrank schmiß; und spöttisch pflanzte er sich mit bösem Blick vor seinem Vater auf und schrie ihm ins Gesicht:
»Wollt Ihr mich wohl in Ruhe lassen, he? Falls Ihr glaubt, ich dulde hier Euer Getue, dann habt Ihr Euch getäuscht! Schaut mich an, damit Ihr wißt, wer ich bin.«
Auge in Auge, schwiegen beide einen Augenblick, waren furchtbar, suchten sich mit dem Blick zu bändigen. Der Sohn war seit der Aufteilung des Besitzes in die Breite gegangen, stand vierschrötig auf den Beinen, hatte Kinnbacken, die sich bei seinem Doggenkopf mit dem eingedrückten und zurückfliehenden Schädel noch mehr vorschoben, während der Vater, den die sechzig Arbeitsjahre ausgemergelt hatten, noch mehr eingetrocknet war, gebückt ging und von seinem Gesicht, das jetzt zusammengeschrumpft war, nur die ungeheure Nase behalten hatte.
»Wer du bist?« versetzte Fouan. »Das weiß ich nur zu gut, ich habe dich gemacht.«
Geierkopf grinste.
»Hättet mich nicht machen dürfen ... Geschehen ist geschehen, und jetzt bin ich an der Reihe. Ich bin von Euerm Blut, ich mag nicht, daß man an mir herumnörgelt ... Und noch einmal, laßt mich in Ruhe, oder das nimmt ein schlimmes Ende.«
»Für dich, klar! – Nie habe ich so mit meinem Vater geredet.«
»Oh! Das ist aber starker Tobak. – Euern Vater, umgebracht hättet Ihr ihn, wenn er nicht gestorben wäre.«
»Dreckschwein, du lügst! – Und Himmelsakrament noch mal, das nimmst du sofort zurück!«
Ein zweites Mal versuchte Françoise, sich ins Mittel zu legen. Entsetzt und verzweifelt über diese neue Schererei, bemühte sich sogar Lise. Aber die Männer fuhren die beiden an, rückten sich noch näher auf den Hals, um sich ihre Wut mit ihrem Atem ins Gesicht zu fauchen, Blut gegen Blut, in diesem Zusammenprall der rohen Macht, die der Vater dem Sohne vererbt hatte.
Fouan wollte sich groß machen und versuchte, seine frühere Allmacht als Familienoberhaupt wiederzufinden. Ein halbes Jahrhundert lang hatte alles vor ihm gezittert, seine Frau, die Kinder, die Tiere, solange er mit dem Vermögen auch die Macht besessen hatte.
»Sag, daß
Weitere Kostenlose Bücher