Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
du gelogen hast, Dreckschwein, sag, daß du gelogen hast, oder ich werde dir die Flötentöne beibringen, so wahr uns das Licht da bescheint.« Er hatte die Hand erhoben und drohte mit derselben Gebärde, bei der sich einst alle in die Erde verkrochen. »Sag, daß du gelogen hast ...«
    Geierkopf, der in seiner Jugend beim Wind der Maulschelle zähneklappernd den Ellbogen gehoben und sich vorgesehen hatte, begnügte sich nun, mit beleidigend spöttischer Miene die Achseln zu zucken.
    »Wenn Ihr glaubt, daß Ihr mir angst machen könnt! – Solche Mätzchen waren gut, als Ihr zu bestimmen hattet.«
    »Ich habe zu bestimmen, bin der Vater!«
    »Warum nicht gar, alter Spaßvogel, Ihr habt überhaupt nichts ... Aha! Ihr wollt mich also nicht in Ruhe lassen!« Und als er sah, daß die zitternde Hand des Greises niederfuhr, um zuzuschlagen, packte er sie im Fluge, hielt sie fest, zerdrückte sie in seiner derben Faust. »Verdammter Dickkopf, der Ihr seid, man muß also böse werden, um es Euch in den Nischel einzuhämmern, daß man sich jetzt einen Dreck um Euch schert! – Taugt Ihr denn zu irgendwas? Ihr kostet Geld, das ist alles! – Wenn man ausgedient und seine Erde an andere weitergegeben hat, kratzt man ab, ohne die andern länger anzuöden!«
    Er rüttelte seinen Vater und unterstrich so jedes Wort; mit einem letzen Stoß schleuderte er den schlotternden, strauchelnden Greis weg, so daß der rücklings auf einen Stuhl am Fenster fiel. Und der Alte blieb dort sitzen, rang eine Minute nach Luft, besiegt durch diese Demütigung seiner einstigen, jetzt toten Machtvollkommenheit. Es war aus, er zählte nicht mehr, seit er alles weggegeben hatte.
    Ein tiefes Schweigen herrschte, alle standen mit herabhängenden Händen da. Die Kinder hatten aus Angst vor Ohrfeigen nicht gemuckst. Dann wurde die Arbeit wieder aufgenommen, als sei nichts vorgefallen.
    »Und das Grünfutter?« fragte Lise. »Sollen wir das denn im Hof liegenlassen?«
    »Ich werde es unter Dach und Fach bringen«, antwortete Françoise.
    Als sie wieder hereingekommen war und man zu Abend gegessen hatte, steckte der unverbesserliche Geierkopf seine Hand in ihr offenes Mieder, um einen Floh zu fangen, der sie stach, wie sie sagte. Das ärgerte sie nicht mehr, sie scherzte sogar.
    »Nein, nein, der sitzt irgendwo, wo's dich beißen würde.«
    Fouan hatte sich nicht gerührt, saß steif und stumm in seinem dunklen Winkel. Zwei dicke Tränen rannen über seine Wangen. Er erinnerte sich des Abends, da er mit den Delhommes gebrochen hatte; und an diesem Abend machte er das wieder durch, dieselbe Scham, nichts mehr zu bestimmen zu haben, denselben. Zorn, der ihn starrköpfig darauf bestehen ließ, nichts zu essen. Man hatte ihn dreimal gerufen, er schlug sein Essen aus. Jäh stand er auf und verschwand in seiner Kammer. Am nächsten Morgen verließ er gleich in der Morgendämmerung die Geierkopfs, um zu Jesus Christus zu ziehen.
     

Kapitel III
    Bei Jesus Christus ging's sehr windig zu, ständig wehten Winde durch das Haus, so daß die Freude darin nicht verging. Nein, verflixt, bei dem Kerl langweilte man sich nicht, denn er ließ keinen fahren, ohne ihn mit einem Jux zu begleiten. Er verschmähte jene schüchternen Geräusche, die zwischen zwei Schwarten erstickt wurden und mit linkischer Besorgnis unmerklich verzischten; bei ihm gab es stets nur freimütige Detonationen von der Stärke und der Reichweite eines Kanonenschlags; und jedes Mal, wenn er in einer Anwandlung von Ungezwungenheit und Schneid den Schenkel hob, rief er mit eindringlicher Kommandostimme und strenger Miene seine Tochter herbei:
    »Bangbüx, komm schnell, Himmelsakrament!«
    Dann kam sie angerannt, der Schuß ging los, jagte eine Kugel in die Leere, ließ die Luft so sehr erzittern, daß Bangbüx dadurch hochsprang.
    »Renn hinterher und zieh ihn zwischen den Zähnen durch, sieh nach, ob Knoten drin sind!«
    Andere Male reichte er ihr, wenn sie ankam, die Hand:
    »Zieh doch, Fetzen! Das muß krachen!« Und sobald die Explosion mit dem Getöse und dem Gebrodel einer zu fest gestopften Sprengladung erfolgt war, sagte er: »Oh, das ging schwer! Trotzdem, dankeschön!«
    Oder er legte eine imaginäre Flinte an, zielte lange; wenn dann der Schuß losgegangen war, befahl er:
    »Such, apport, Faulenzerin!«
    Bangbüx blieb die Luft weg, sie fiel auf den Hintern, so sehr mußte sie lachen. Es herrschte eine immer wieder neue und größer werdende Fröhlichkeit: sie mochte das Spiel noch so gut

Weitere Kostenlose Bücher