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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Er verschränkte die Arme, er holte tief Atem, um sich von der Seele zu reden, was ihn beinahe erstickte, ein neuer Kummer, dessen Ungeheuerlichkeit er seit dem Morgen noch nicht verwunden hatte. »Und denkt Euch, der Elende geht jetzt obendrein noch ins Café! – Ins Café! Ins Café! Wenn man ein Café bei sich zu Hause hat!«
    »Also futsch!« sagte Jesus Christus, der zuhörte, mit; überzeugter Miene.
    Sie schwiegen, denn Frau Charles und Elodie traten mit Geierkopf näher. Nun sprachen alle drei von der Verstorbenen; Elodie sagte, wie traurig sie noch darüber sei, daß sie ihre arme Mama nicht mehr habe küssen können. Sie fügte mit einfältiger Miene hinzu:
    »Aber das Unglück ist anscheinend so jäh geschehen, und man hat soviel zu tun gehabt in dem Süßwarenladen ...«
    »Ja, für Taufen«, beeilte sich Frau Charles, zu den anderen gewandt, augenzwinkernd zu sagen.
    Übrigens hatte nicht einer gelacht, alle bekundeten ihr Mitempfinden und wackelten mit dem Kinn dabei. Und die Kleine, die ihren Blick auf einen Ring gesenkt hielt, den sie am Finger trug, küßte diesen Ring weinend.
    »Das ist alles, was man mir von ihr gegeben hat ... Großmutter hat ihn ihr vom Finger gezogen, um ihn mir aufzustecken. Seit zwanzig Jahren trug sie ihn, ich werde ihn mein Leben lang nicht mehr abnehmen.«
    Es war ein alter goldener Trauring, eines jener Stücke grober, mittelmäßiger Goldschmiedekunst, so abgegriffen, daß seine Schlangenverzierungen fast verschwunden waren. Man spürte, daß die Hand, an der er sich so abgenutzt hatte, vor keiner Schufterei zurückschreckte, stets rührig war, in den Schüsseln, die auszuwaschen waren, in den Betten, die gemacht werden mußten, daß sie rieb und abtrocknete und auswischte und überall hineingesteckt wurde. Und er erzählte so vieles, dieser Ring, er hatte tief in so vielen Sachen etwas von seinem Golde gelassen, daß die Männer ihn anstarrten, ihre Nasenflügel blähten und kein Wort sagten.
    »Wenn du ihn ebenso abgegriffen haben wirst wie deine Mutter«, sagte Herr Charles, dem eine plötzliche Rührung die Kehle zuschnürte, »wirst du dich ausruhen können ... Wenn der Ring reden könnte, würde er dich lehren, wie man Geld verdient, durch Ordentlichkeit und Arbeit.«
    In Tränen zerfließend, hatte Elodie ihre Lippen abermals auf das Schmuckstück gepreßt.
    »Du weißt«, fuhr Herr Charles fort. »Ich möchte, daß du diesen Trauring nimmst, wenn wir dich verheiraten.«
    Aber bei diesem letzten Wort, bei diesem Gedanken an die Heirat, empfand das junge Mädchen in seiner Rührung eine so starke Erschütterung, ein solches Übermaß an Verwirrung, daß es sich fassungslos an den Busen seiner Großmutter warf, um das Gesicht zu verbergen.
    Lächelnd beruhigte Frau Charles die Kleine.
    »Na, na, schäm dich nicht, mein Häschen ... Du mußt dich daran gewöhnen, da ist nichts Unanständiges dabei. Ich würde in deiner Gegenwart bestimmt nichts Unanständiges sagen ... Dein Kusin Geierkopf fragte vorhin, was wir mit dir machen wollen. Wir werden dich zunächst einmal verheiraten ... Na, na, schau uns an, reib dich nicht an meinem Umschlagtuch. Du wirst dir die Haut entzünden.« Zu den anderen sagte sie dann ganz leise mit dem Ausdruck tiefer Befriedigung: »Na? Ist sie gut erzogen? Die hat von nichts eine Ahnung!«
    »Ach, wenn wir nicht diesen Engel hätten«, sagte Herr Charles abschließend, »hätten wir wirklich zuviel Kummer wegen alldem, was ich euch gesagt habe ... Zudem haben meine Rosenstöcke und meine Nelken in diesem Jahr gelitten, und ich weiß nicht, was in meinem Vogelhaus los ist, alle meine Vögel sind krank. Allein das Angeln tröstet mich ein wenig, gestern habe ich eine drei Pfund schwere Forelle gefangen ... Nicht wahr, wenn man auf dem Lande lebt, so tut man's doch, um glücklich zu sein.«
    Man trennte sich. Die Charles wiederholten ihr Versprechen, zu einer Kostprobe vom neuen Wein zu kommen.
    Fouan, Geierkopf und Jesus Christus gingen schweigend ein paar Schritte, dann faßte der Alte ihre Ansicht kurz zusammen.
    »Der Schnösel, der diese Göre mal zusammen mit dem Haus kriegen wird, ist trotzdem ein Glückspilz!«
    Der Trommler von Rognes hatte zur Weinlese getrommelt; und Montag früh war der ganze Ort in heller Aufregung, denn jeder Einwohner hatte seinen Weinberg, keine Familie hätte es an diesem Tage versäumt, auf den Hang des Aigre zu gehen und zu schuften. Was aber das Dorf vollends in Erregung versetzte, war der Umstand, daß am

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