Die Erde
zu:
»Hör mal, deine Tochter liegt in Pouillards Wald, und ein Mann liegt auf ihr drauf.«
Auf einmal wäre Jesus Christus beinahe vor Entrüstung geplatzt, das Blut stieg ihm ins Gesicht.
»Schlampe, die mir Schande bereitet!«
Und die große Fuhrmannspeitsche vom Haken hinter der Tür nehmend, rannte er den felsigen Abhang bis zu dem Wäldchen hinunter. Aber Bangbüx wurde, wenn sie auf dem Rücken lag, von ihren Gänsen wie von guten Hunden bewacht. Sofort witterte der Ganter den Vater, schritt voran, die Schar hinterdrein. Die Flügel erhoben, den Hals vorgereckt, fauchte er mit anhaltendem und gellendem Drohen, während die Gänse, die sich zur Schlachtlinie entfaltet hatten, gleichfalls die Hälse vorstreckten und ihre großen gelben Schnäbel offenhielten, drauf und dran, zuzubeißen. Die Peitsche knallte, und man hörte, wie ein Tier unter dem Laubwerk entfloh. Rechtzeitig gewarnt, war Bangbüx geflitzt.
Als Jesus Christus die Peitsche wieder an den Haken gehängt hatte, schien er von einer großen grüblerischen Traurigkeit überkommen zu sein. Vielleicht brachte ihn das unverbesserliche Lotterleben seiner Tochter dazu, Mitleid mit den menschlichen Leidenschaften zu empfinden. Vielleicht war er aber auch nur wieder ernüchtert vom Ruhm, den ihm sein triumphaler Sieg in Cloyes eingebracht hatte. Er schüttelte sein ungepflegtes Haupt, das Haupt eines Heilands, der aufs Klauen und Saufen aus ist, und sagte zu Kanone:
»Da! Weißt du was? Das alles ist keinen Furz wert.«
Und über dem von Dunkelheit ertränkten Tal hob er den Schenkel und ließ einen fahren, einen verächtlichen und gewaltigen, um gleichsam die Erde damit zu zerschmettern.
Kapitel IV
Es war in den ersten Oktobertagen, bald begann die Weinlese, die schöne Woche, da man in Saus und Braus lebte und sich die entzweiten Familien gewöhnlich bei den Krügen mit neuem Wein versöhnten. Rognes stank acht Tage lang nach Weintrauben; man aß so viele, daß am Fuß jeder Hecke die Frauen die Röcke hochhoben und die Männer die Hosen runterließen; und mit beschmiertem Gesicht und vollem Munde küßten sich die Verliebten in den Weinbergen. Das endete mit besoffenen Männern und schwangeren Mädchen.
Gleich am Tage nach der Rückkehr von Cloyes machte sich Jesus Christus auf die Suche nach dem Schatz; denn wahrscheinlich trug der Alte sein Geld und seine Wertpapiere nicht mit sich herum, er mußte sie in irgendeinem Loch verwahren. Aber Bangbüx mochte ihrem Vater noch so sehr helfen und mit ihm das ganze Haus auf den Kopf stellen, sie konnten zunächst nichts finden trotz ihrer Pfiffigkeit und ihrer feinen Spitzbubennase; und erst in der folgenden Woche, als der Wilderer zufällig einen alten gesprungenen Kochkessel, den man nicht mehr benutzte, von einem Brett herunternahm, entdeckte er darin unter Linsen ein Bündel Papiere, die sorgfältig in das Steifleinen eines Hutes eingewickelt waren. Im übrigen nicht einen Taler. Das Geld schlief zweifellos woanders: ein gehöriger Batzen, da der Vater seit fünf Jahren nichts ausgab. Das waren Wirklich die Wertpapiere, bei einer fünfprozentigen Verzinsung gab es dreihundert Francs Jahreszinsen darauf. Als Jesus Christus die Papiere zählte, sie beschnüffelte, entdeckte er ein anderes Blatt, ein mit grober Schrift bedecktes Stempelpapier, und als er es gelesen hatte, war er starr vor Staunen. Ach, Himmelsakrament! Dahin ging also das Geld!
Eine Geschichte, um die Platze zu kriegen! Vierzehn Tage nachdem Fouan beim Notar die Aufteilung seines Besitzes vorgenommen hatte, war er krank geworden, so sehr zerriß es ihm das Herz, daß er nichts mehr sein eigen nannte, nicht einmal ein handtellergroßes Kornfeld. Nein! Er konnte so nicht leben, er würde dabei draufgehen. Und da hatte er die Dummheit begangen, die typische Dummheit eines von Leidenschaft besessenen Alten, der seine letzten Sous hergibt, um heimlich wieder zu der Hure zu gehen, die ihn betrügt. Er, der zu seiner Zeit ein Schlauberger gewesen, hatte er sich da nicht von einem Freund einwickeln lassen, von Vater Saucisse! Das mußte ihn tüchtig gepackt haben, dieses rasende Besitzverlangen, das allen alten Mannsbildern, die sich damit abgerackert haben, die Erde zu schwängern, wie Tollwut in den Knochen steckt; das hatte ihn so sehr gepackt, daß er mit Vater Saucisse ein Schriftstück unterschrieben hatte, auf Grund dessen ihm dieser nach seinem Tode einen Arpent Erde überlassen würde, unter der Bedingung, daß Vater Saucisse
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