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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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zeit seines Lebens an jedem Morgen fünfzehn Sous von Vater Fouan bekäme. So eine Abmachung zu treffen, wenn man selber sechsundsiebzig und der andere zehn Jahre jünger ist! Die Wahrheit war, daß Vater Saucisse die Lumpigkeit begangen hatte, sich zu jenem Zeitpunkt ins Bett zu legen: er hustete so sehr, gab schier seinen Geist auf, so daß der durch seine Gier verblödete Fouan sich für den Pfiffigeren von beiden hielt und es eilig hatte, das gute Geschäft abzuschließen. Wie dem auch sei, das beweist, daß man sich besser schlafen legen soll, anstatt irgend etwas zu unterschreiben, wenn man wegen eines Mädchens oder eines Feldes Feuer im Hintern hat; denn das währte nun schon fünf Jahre mit den fünfzehn Sous jeden Morgen; und je mehr Sous er fahrenlassen mußte, um so toller war er hinter der Erde her, um so mehr wollte er sie haben.
    Wenn man bedenkt, daß er alle Widerwärtigkeiten seines langen arbeitsreichen Lebens los war, daß er nur noch ruhig zu sterben und zuzuschauen brauchte, wie die anderen der undankbaren Erde ihr Fleisch schenkten, und daß er zu ihr zurückgekehrt war, um sich von ihr den Rest geben zu lassen! Ach, die Männer sind wahrhaftig nicht gescheit, die alten ebensowenig wie die jungen!
    Einen Augenblick kam Jesus Christus der Gedanke, alles zu nehmen, den Privatvertrag und die Wertpapiere. Aber ihm fiel das Herz in die Hosen: ausreißen hätte er müssen nach einem solchen Streich. Das war nicht so wie mit Talern, die man weggraste, bis wieder welche nachwuchsen. Und wütend legte er die Papiere unter die Linsen auf den Boden des Kochkessels zurück. Er war dermaßen außer sich, daß er nicht den Mund halten konnte. Schon am nächsten Tage erfuhr Rognes von Vater Saucisses Geschäft, von den fünfzehn Sous täglich für einen Arpent mittelmäßiger Erde, der todsicher keine dreitausend Francs wert war; in fünf Jahren machte das bereits fast vierzehnhundert Francs, und wenn der alte Gauner noch fünf Jahre lebte, würde er das Feld und das Geld obendrein haben. Man machte Witze über Vater Fouan. Allein jetzt wurde er, den man auf den Wegen nicht mehr anzusehen pflegte, seitdem er nur noch seine Haut in der Sonne herumzuschleppen hatte, wieder gegrüßt und geachtet, als man erfuhr, daß er Rentier62 und Grundbesitzer war.
    Besonders die Familie schien wie ausgewechselt. Fanny, die in einem sehr kühlen Verhältnis zu ihrem Vater stand, weil sie gekränkt darüber war, daß er sich zu diesem Strolch, seinem Ältesten, zurückgezogen hatte, anstatt sich wieder bei ihr niederzulassen, brachte ihm Wäsche, alte Hemden von Delhomme. Aber er war sehr hart, er machte Anspielungen auf eine Bemerkung, derentwegen ihm noch immer das Herz blutete: »Papa wird kommen und uns auf Knien bitten, ihn wieder aufzunehmen!« Und er empfing sie mit dem Satz: »Du also kommst auf Knien, um mich wiederzukriegen!«, den sie nicht verwinden konnte. Wieder nach Hause zurückgekehrt, weinte sie darüber vor Scham und Wut, sie, die sich bei ihrer Empfindlichkeit, der Empfindlichkeit einer stolzen Bäuerin, schon durch einen Blick gekränkt fühlte. Ehrbar, arbeitsam, reich, wie sie war, kam sie dahin, sich mit dem ganzen Ort zu überwerfen. Delhomme mußte versprechen, daß er hinfort selber dem Vater das Jahresgeld bringen würde; denn sie, so schwor sie hoch und heilig, sie werde niemals wieder das Wort an ihn richten.
    Was Geierkopf betraf, so setzte er alle in Erstaunen, als er eines Tages das Schloß betrat, bloß um dem Alten einen kleinen Besuch zu machen, wie er sagte.
    Grinsend brachte Jesus Christus die Schnapsflasche, und man prostete.
    Aber seine Spottlust schlug in Verblüffung um, als er sah, wie sein Bruder zehn Hundertsousstücke aus der Tasche zog, sie dann auf dem Tisch aneinanderreihte und dabei sagte:
    »Vater, müssen doch abrechnen ... Da ist Euer Jahresgeld für die letzten drei Monate.«
    Aha! Himmelsakrament, dieser Lump! Er, der seit Jahren dem Vater keinen Sou mehr gab, kam der nicht bloß, um ihn einzuseifen, indem er ihm wieder mal die Farbe seines Geldes zeigte!
    Sofort übrigens schob er den Arm des Alten beiseite, der das Geld einstreichen wollte, und er las die Stücke wieder zusammen.
    »Aufgepaßt! Das mach ich bloß, um Euch zu sagen, daß ich sie habe ... Ich behalte sie, Ihr wißt, wo sie Euch erwarten.« Jesus Christus gingen die Augen auf, und er begann sich zu ärgern.
    »Hör mal, falls du den Vater mitnehmen willst ...«
    Aber Geierkopf faßte das Ganze heiter

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