Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
daß man freilich wußte, ob vor Freude oder vor Wut.
    Nur die beiden Lumpen, Jesus Christus und sein Freund Kanone, zeigten offen ihre Verachtung, und sie fühlten sich übrigens so überlegen, daß sie sich damit begnügten, zu grinsen und die Achseln zu zucken.
    Sobald Herr Rochefontaine zu Ende gesprochen hatte, wandte er sich zur Tür.
    Der Stellvertretende Bürgermeister schrie tiefbetrübt auf:
    »Aber mein Herr, Sie wollen uns nicht die Ehre erweisen, ein Glas zu trinken?«
    »Nein, danke, ich habe mich bereits verspätet ... Man erwartet mich in Magnolles, in Bazoches, in zwanzig Orten. Guten Abend!«
    Da begleitete Berthe ihn nicht einmal mehr hinaus; und in den Kramladen zurückgekehrt, sagte sie zu Françoise:
    »Das ist aber ein unhöflicher Mann! Ich würde den anderen wählen, den alten!«
    Herr Rochefontaine war wieder in seinen Landauer gestiegen, als Peitschenknallen ihn veranlaßte, den Kopf zu wenden.
    Das war Hourdequin, der in seinem bescheidenen Einspänner, den Jean kutschierte, angefahren kam. Der Hofbesitzer hatte vom Besuch des Fabrikbesitzers nur zufällig erfahren, einer seiner Fuhrknechte war dem Landauer auf der Straße begegnet; und er eilte herbei, um der Gefahr ins Gesicht zu sehen, war um so besorgter, als er seit acht Tagen Herrn de Chédeville drängte, sich persönlich zu zeigen, ohne daß er ihn von dem Unterrock, an dem er zweifellos hing, vielleicht war es die hübsche Huissiersfrau, losreißen konnte.
    »Sieh mal einer an! Sie sind's!« rief er Herrn Rochefontaine lustig zu. »Ich wußte nicht, daß Sie bereits die Kampagne beginnen.«
    Die beiden Wagen hatten Rad an Rad nebeneinander gehalten. Keiner der beiden Herren stieg aus, und sie plauderten ein paar Minuten, nachdem sie sich herübergebeugt hatten, um sich die Hand zu geben. Sie kannten sich, weil sie mitunter zusammen beim Bürgermeister von Châteaudun gespeist hatten.
    »Sie sind also gegen mich?« fragte Herr Rochefontaine jäh in seinem schroffen Ton.
    Hourdequin, der wegen seiner Stellung als Bürgermeister beabsichtigte, nicht zu offen zu handeln, war einen Augenblick fassungslos, als er merkte, daß dieser verteufelte Kerl einen so gut arbeitenden Spitzeldienst hatte. Aber auch ihm fehlte es nicht an Schneid, und er antwortete in heiterem Ton, um der Auseinandersetzung eine freundliche Wendung zu geben:
    »Ich bin gegen niemand, ich bin für mich ... Mein Mann ist der, der mich schützt. Wenn man bedenkt, daß das Getreide auf sechzehn Francs gesunken ist, gerade soviel, wie es mich selber kostet! Da braucht man ebensogut kein Gerät mehr anzurühren und kann gleich verrecken!«
    Sofort geriet der andere in Hitze:
    »Ach ja, der Schutzzoll, nicht wahr? Der Steueraufschlag, eine Einfuhrbeschränkungsgebühr auf ausländisches Getreide, damit das französische Getreide doppelt so teuer wird! Kurzum, wenn Frankreich ausgehungert wird, das Vierpfundbrot zwanzig Sous kostet, ist das der Tod der Armen! – Wie können Sie, ein Mann des Fortschritts, wagen, bei solchen Ungeheuerlichkeiten zu verharren?«
    »Ein Mann des Fortschritts, ein Mann des Fortschritts«, wiederholte Hourdequin in seiner scherzhaften Art, »zweifellos bin ich ein Mann des Fortschritts; aber das kommt mich so teuer zu stehen, daß ich mir diesen Luxus nicht mehr lange leisten kann ... Die Maschinen, der Kunstdünger, alle neuen Methoden, sehen Sie, das ist sehr schon, das ist sehr vernünftig und hat nach der gesunden Logik nur einen Nachteil, nämlich den, einen zugrunde zu richten.«
    »Weil Sie es nicht erwarten können, weil Sie von der Wissenschaft sofort vollständige Ergebnisse verlangen, weil Sie sich durch notwendige Versuche entmutigen lassen und sogar an den errungenen Wahrheiten zweifeln und darauf verfallen, alles zu verneinen!«
    »Kann schon sein. Demnach hätte ich also nur Experimente angestellt. Na, dann kümmern Sie sich mal darum, daß man mir einen Orden dafür gibt und daß andere gute Kerle weitermachen!« Hourdequin brach bei seinem Scherz, den er für einen schlagenden Beweis hielt, in lautes Lachen aus.
    Rasch hatte Herr Rochefontaine entgegnet:
    »Da wollen Sie also, daß der Arbeiter verhungert?«
    »Verzeihung! Ich will, daß der Bauer lebt.«
    »Aber ich beschäftige zwölf hundert Arbeiter, ich kann die Löhne nicht erhöhen, ohne Bankrott zu machen ... Wenn das Getreide auf dreißig Francs stünde, würden sie umfallen wie die Fliegen.«
    »Na schön! Und ich, habe ich denn kein Gesinde? Wenn das Getreide auf

Weitere Kostenlose Bücher