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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Er warf ihnen scheele Blicke zu, er suchte vergeblich, sie rauszuschmeißen, denn entgegen ihrer Gewohnheit schrien die Banditen nicht; sie sahen nur aus, als scherten sie sich einen feuchten Kehricht um die Leute. Es schlug drei Uhr, Herr Rochefontaine, der versprochen hatte, gegen zwei Uhr in Rognes zu sein, war noch nicht eingetroffen.
    »Cœlina«, fragte Macqueron ängstlich seine Frau, »hast du den Bordeaux heraufgebracht, damit man nachher ein Glas anbieten kann?«
    Cœlina, die servierte, antwortete durch eine verzweifelte Gebärde, daß sie es vergessen hatte; und eilig stürzte er selber zum Keller. Im Nachbarraum, in dem der Kramladen war und dessen Tür stets offenblieb, zeigte Berthe mit der Eleganz eines Ladenfräuleins drei Bäuerinnen rosa Bänder, während Françoise, die bereits dort angefangen hatte zu arbeiten, die Fächer abstaubte, obwohl Sonntag war. Der Stellvertretende Bürgermeister, der ganz geschwollen war vor Geltungsbedürfnis, hatte sie sofort aufgenommen, weil er sich geschmeichelt fühlte, daß sie sich unter seinen Schutz stellte. Seine Frau suchte gerade eine Hilfe. Er würde der Kleinen so lange Kost und Unterkunft gewähren, bis er sie wieder mit den Geierkopfs ausgesöhnt hatte; sie schwor jedoch, sich umzubringen, falls man sie gewaltsam dorthin zurückbrächte.
    Jäh hielt ein mit zwei prachtvollen Pferden aus dem Perche bespannter Landauer vor der Tür. Und Herr Rochefontaine, der allein darin saß, stieg aus, erstaunt und gekränkt, daß niemand da war. Er zögerte, in diese Schenke einzutreten, da kam Macqueron mit einer Flasche in jeder Hand aus dem Keller wieder hoch. Er geriet ganz durcheinander, war wahrhaftig verzweifelt, weil er nicht wußte, wie er seine Flaschen loswerden sollte, und er stammelte:
    »Oh, Herr Rochefontaine, was für ein Pech! – Seit zwei Stunden habe ich gewartet, ohne mich wegzurühren; und für eine Minute gehe ich hinunter ... Ja, speziell Ihretwegen ... Wollen Sie ein Glas trinken, Herr Abgeordneter?«
    Herr Rochefontaine, der erst Kandidat war und den die Verwirrung des armen Mannes hätte rühren müssen, schien sich darüber noch mehr zu ärgern. Er war ein großer Kerl von kaum achtunddreißig Jahren mit kurzgeschorenem Haar, viereckig geschnittenem Bart, war tadellos, aber schlicht gekleidet. Er hatte ein schroffes, frostiges Wesen, eine herrische Stimme, war kurz angebunden, und alles an ihm sprach von der Gewohnheit des Befehlens, vom Gehorsam, in dem er die zwölfhundert Arbeiter seiner Fabrik hielt. Deshalb wirkte er entschlossen, diese Bauern mit Peitschenhieben zu führen.
    Cœlina und Berthe waren herzugestürzt, Berthe mit ihrem hellen dreisten Blick unter ihren blauumschatteten Lidern.
    »Wollen Sie bitte eintreten, mein Herr, erweisen Sie uns die Ehre.«
    Aber der Herr hatte sie mit einem kurzen Blick geprüft, abgewogen, bis auf den Grund beurteilt. Er trat jedoch ein, er blieb stehen, lehnte es ab, sich zu setzen.
    »Hier sind unsere Freunde vom Gemeinderat«, fing Macqueron wieder an, der sich allmählich erholte. »Sie freuen sich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen, nicht wahr, meine Herren, freuen sich sehr!«
    Delhomme, Clou und die anderen waren aufgestanden, verdutzt über Herrn Rochefontaines steife Haltung. Und in tiefem Schweigen lauschten sie den Dingen, die er beschlossen hatte, ihnen zu sagen, seine mit denen des Kaisers übereinstimmenden Theorien, seine Fortschrittsideen vor allem, denen er es verdankte, daß er in der Gunst der Behörde den früheren Kandidaten ablöste, dessen Ansichten mißbilligt wurden; dann fing er an, Landstraßen, Eisenbahnen, Kanäle zu versprechen, ja einen Kanal quer durch die Beauce, um ihren Durst zu löschen, der sie seit Jahrhunderten verbrannte.
    Die Bauern rissen verblüfft den Mund auf. Was sagte der da? Wasser auf die Felder! Jetzt, um diese Zeit!
    Er redete weiter, zum Schluß drohte er denen, die schlecht wählen würden, mit der Strenge der Obrigkeit und dem Groll der Jahreszeiten.
    Alle sahen einander an. Das war mal einer, der sie zurechtstieß und dessen Freund zu sehr gut war!
    »Gewiß, gewiß!« sagte Macqueron immer wieder bei jedem Satz des Kandidaten, ein bißchen besorgt über dessen Schroffheit.
    Aber Bécu billigte durch heftiges Nicken diese militärische Redeweise; und der alte Fouan sah mit seinen weit aufgerissenen Augen aus, als wolle er sagen, daß das da ein richtiger Mann sei; und sogar der sonst so kühle und gelassene Lequeu war hochrot geworden, ohne

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