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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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sechzehn Francs steht, schnallen wir uns den Gürtel enger, es gibt bei uns auf dem Lande arme Teufel, die auf dem Grunde der Chausseegräben abkratzen. – Freilich! Jeder redet zu seinem eigenen Vorteil ...«, fügte er dann lachend hinzu. »Wenn ich Ihnen das Brot billig verkaufe, dann macht die Erde in Frankreich Bankrott, und wenn ich es Ihnen teuer verkaufe, dann geht die Industrie hops. Ihr Arbeitslohn steigt, die Fabrikerzeugnisse werden teurer, meine Geräte, meine Kleidung, die hundert Dinge, die ich brauche ... Ach! Ein schöner Schlamassel, in den wir schließlich Hals über Kopf hineinpurzeln werden!«
    Beide, der Landwirt und der Fabrikbesitzer, der Anhänger des Schutzzolls und der Anhänger des Freihandels, musterten einander scharf, der eine mit dem Grinsen seiner heimtückischen Biederkeit, der andere mit der offenen Verwegenheit seiner Feindseligkeit. Das war der moderne Kriegszustand, die zeitgemäße Wirtschaftsschlacht auf dem Felde des Kampfes ums Dasein.
    »Man wird den Bauern schon zwingen, den Arbeiter zu ernähren«, sagte Herr Rochefontaine.
    »Sehen Sie doch zu«, sagte Hourdequin mehrmals, »daß zuerst der Bauer zu essen hat.«
    Und er sprang schließlich aus seinem Einspänner, und der andere warf seinem Kutscher den Namen eines Dorfes zu, als Macqueron, den es verdroß, daß seine Freunde vom Gemeinderat, die auf die Schwelle gekommen waren, alles gehört hatten, laut rief, sie sollten doch alle miteinander ein Glas trinken; aber abermals lehnte der Kandidat ab, drückte nicht einem einzigen die Hand, lehnte sich in den Fond seines Landauers zurück, der im hallenden Trab der beiden großen Pferde aus dem Perche davonfuhr.
    An der anderen Ecke der Dorfstraße hatte Lengaigne, der an seiner Tür stand und gerade ein Rasiermesser abzog, den ganzen Auftritt gesehen. Er lachte beleidigend, er ließ ganz laut folgendes vom Stapel, das an die Adresse seines Nachbarn gerichtet war:
    »Leck mich am Arsch und sag dankeschön!«
    Hourdequin war hineingegangen und hatte ein Glas angenommen.
    Sobald Jean das Pferd an einen der Fensterläden festgebunden hatte, folgte er seinem Herrn. Françoise, die ihn mit einem kleinen Wink zu sich in den Kramladen rief, erzählte ihm von ihrem Weggang, von der ganzen Geschichte; und er war davon so bewegt, er füchtete so sehr, sie vor den Leuten bloßzustellen, daß er zurückging und sich in der Schenke auf eine Bank setzte, nachdem er lediglich gemurmelt hatte, sie müßten sich wiedersehen, um sich zu verständigen.
    »Himmelsakrament! Und trotz alledem ekelt euch das nicht an, wenn ihr für dieses Jüngelchen da stimmt!« schrie Hourdequin und setzte sein Glas auf den Tisch zurück. Seine Auseinandersetzung mit Herrn Rochefontaine hatte ihn zum offenen Kampf bewogen, auf die Gefahr hin, auf der Strecke zu bleiben. Und er schonte ihn nicht mehr, er verglich ihn mit Herrn de Chédeville, einem so braven Mann, der nicht stolz war, der sich immer freute, wenn er jemand gefällig sein konnte, kurz und gut, ein richtiger Edelmann des alten Frankreich! Wohingegen dieser lange stocksteife Kerl, dieser Millionär nach der neuesten Mode, von oben auf die Leute herabsah, es sogar ablehnte, den Wein der Gegend zu kosten, zweifellos aus Angst, man könnte ihn vergiften! Na, Spaß beiseite, das war doch wohl nicht möglich! Man tauscht ein gutes Pferd nicht gegen ein einäugiges Pferd. »Seht mal, was habt ihr denn Herrn de Chédeville vorzuwerfen? Dreißig Jahre ist er nun euer Abgeordneter, er ist stets euer Mann gewesen ... Und ihr laßt ihn laufen wegen eines Kerls, den ihr wie einen Bettler behandelt habt bei den letzten Wahlen, als ihn die Regierung bekämpfte! Erinnert euch gefälligst daran, zum Teufel!«
    Macqueron, der sich nicht festlegen wollte, tat so, als helfe er seiner Frau beim Servieren.
    Alle Bauern hatten mit unbeweglichem Gesicht zugehört, ohne daß eine Falte darauf schließen ließ, was sie insgeheim dachten.
    Delhomme war es, der antwortete:
    »Wenn man die Leute halt nicht kennt!«
    »Aber nun kennt ihr ihn ja, diesen Vogel! Ihr habt doch gehört, wie er gesagt hat, er will, daß das Getreide billig ist, er wird dafür stimmen, daß ausländisches Getreide kommt und unser Getreide erdrückt. Ich habe es euch bereits auseinandergesetzt, das ist der regelrechte Untergang ... Und wenn ihr dumm genug seid, ihm danach noch zu glauben, wenn er euch schöne Versprechungen macht! Ja, ja, stimmt für so einen, der sich später einen Dreck um euch

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