Die Erde
bekommen. Wozu sich also erst woanders für vierzehn Tage einmieten? Jean, der inzwischen Fuhrknecht auf dem Gehöft bleiben mußte, kam sie einfach jeden Abend besuchen. Ihre Hochzeitsnacht verlief ganz dumm und traurig, obwohl sie nicht böse waren, endlich zusammen zu sein. Als er sie nahm, fing sie so heftig an zu weinen, daß sie fast daran erstickte; und er hatte ihr doch nicht weh getan, er war im Gegenteil sehr behutsam dabei vorgegangen. Das schlimmste war, daß sie ihm unter Schluchzen immer wieder sagte, daß sie nichts gegen ihn habe, daß sie unaufhaltsam weinen müsse und nicht einmal wisse warum. Natürlich war eine solche Geschichte kaum dazu angetan, einem Mann einzuheizen. Er mochte sie dann ruhig wieder nehmen, in seinen Armen halten, sie empfanden keinerlei Vergnügen dabei, noch weniger als beim ersten Mal in der Strohmiete. Wenn man solche Sächelchen, wie er sich ausdrückte, nicht gleich erledige, verliere man den Geschmack daran. Trotz dieses Unbehagens, dieser Art Hemmung, die ihnen beiden das Herz beklommen gemacht hatte, herrschte sehr gute Eintracht zwischen ihnen; da sie doch nicht schlafen konnten, verbrachten sie den Rest der Nacht damit, festzulegen, wie dann die Dinge ihren Lauf nehmen sollten, wenn sie das Haus und die Erde haben würden.
Gleich am nächsten Tage verlangte Françoise die Teilung. Aber die Große hatte es nicht mehr so eilig; zunächst einmal wollte sie das Vergnügen hinziehen, indem sie der Familie das Blut mit Nadelstichen abzapfte; außerdem hatte sie es viel zu gut verstanden, die Kleine und ihren Mann, der jeden Abend mit zwei Stunden Arbeit seine Zimmermiete bezahlte, auszunutzen, so daß es ihr gar nicht sehr eilte, daß die beiden wegzogen von ihr und ihren eigenen Hausstand gründeten. Allerdings mußte sie zu Geierkopfs gehen und fragen, wie sie die Teilung durchzuführen beabsichtigen. Sie selber forderte im Namen von Françoise das Haus, die Hälfte des Ackers, die Hälfte der Wiese, und verzichtete freiwillig auf die Hälfte des Weinbergs, einen Arpent, der ihrer Schätzung nach ungefähr dem Werte des Hauses entsprach. Das war alles in allem gerecht und vernünftig, denn diese gütliche Regelung hätte verhindert, daß die Gerichte in die Sache hineingezogen würden, an deren Händen dabei immer zuviel klebenbleibt. Geierkopf, den das Eintreten der Großen in Aufruhr versetzt hatte, konnte, weil er gezwungen war, ihr wegen ihres Zasters mit Achtung zu begegnen, nicht länger davon hören. Er stürmte hinaus, aus Furcht, seinen Vorteil so weit zu vergessen, daß er dreinschlug.
Und Lise, die, bis zu den Ohren blutrot, allein geblieben war, stammelte vor Zorn:
»Das Haus, sie will das Haus, diese Hure, dieser Nichtsnutz, die sich verheiratet hat, ohne mich auch nur zu besuchen! – Na schön, Tante, sagt ihr, daß ich bis zu dem Tage, an dem sie das Haus kriegen wird, bestimmt erst verreckt sein muß.«
Die Große blieb ruhig.
»Gut, gut, meine Tochter, nicht nötig, sich das Blut zu verschlagen ... Du willst auch das Haus, das ist dein Recht. Man wird ja sehen.«
Und drei Tage lang wanderte sie so zwischen den beiden Schwestern hin und her, trug die Schimpfereien, mit denen sie einander bedachten, von der einen zur anderen, brachte sie so sehr außer sich, daß sich beide beinahe hätten ins Bett legen müssen. Unermüdlich strich sie heraus, wie sehr sie sie beide liebe und wieviel Dankbarkeit ihre Nichten ihr schuldeten, weil sie diese Hundearbeit auf sich genommen habe. Schließlich wurde vereinbart, daß man die Erde teilen würde, daß aber das Haus und die Möbel ebenso wie die Tiere gerichtlich versteigert werden sollten, da man sich nicht einigen konnte. Jede der beiden Schwestern schwor, daß sie das Haus zurückkaufen werde, ganz gleich zu welchem Preis, und wenn dabei auch ihr letztes Hemd draufgehen sollte.
Grosbois kam also und vermaß den Besitz und teilte ihn auf zwei Lose auf. Er bestand aus einem Hektar Wiese, einem Hektar Weinberg, zwei Hektar Acker; und besonders diese letzten, in dem Les Cornailles genannten Flurabschnitt gelegenen beiden Hektar nicht fahrenzulassen, hatte sich Geierkopf seit seiner Heirat in den Kopf gesetzt, denn sie berührten das Feld, das er selber von seinem Vater hatte, wodurch ein Stück von annähernd drei Hektar gebildet wurde, so wie kein Bauer in Rognes eines besaß. Daher packte ihn denn auch eine rasende Wut, als er sah, wie Grosbois sein Visierinstrument einrichtete und die Absteckpfähle
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