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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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er sie im Gegenteil, die Dinge bei ihrer Schwester gegen sich zu kehren. Nun konnte sie mehr Gründe als nötig angeben, um die braven Leute auf ihrer Seite zu haben. Deshalb sagte er, obwohl er die schroffe Art mißbilligte, in der sie weggegangen war, immer wieder zu ihr, daß sie am richtigen Ende ziehe. Kurzum, wenn sie übers Heiraten mit ihm reden möchte, er sei bereit.
    So wurde die Heirat eines Abends beschlossen, als er gekommen war, um sie hinter dem Stall der Großen zu treffen. Ein altes verfaultes Gatter öffnete sich dort nach einer Sackgasse zu, und beide stützten sich mit den Ellbogen auf das Gatter, er von draußen, sie von drinnen, trotz des Jauchebachs, der ihnen zwischen den Beinen hindurchfloß.
    »Du weißt, Korporal«, sagte sie als erste und schaute ihm dabei in die Augen, »wenn es dir noch paßt, mir paßt es jetzt.«
    Auch er schaute sie fest an, und er antwortete mit langsamer Stimme:
    »Ich habe nicht mehr zu dir davon gesprochen, weil es hätte den Anschein erwecken können, als sei ich auf deinen Besitz aus ... Aber du hast trotzdem recht, es ist der richtige Zeitpunkt.«
    Schweigen herrschte.
    Er hatte seine Hand auf die des jungen Mädchens gelegt, mit der sie sich auf das Gatter stützte. Dann fuhr er fort:
    »Und der Gedanke an die Cognette darf dich nicht quälen, wegen der Geschichten, die erzählt worden sind ... Es ist jetzt gut drei Jahre her, daß ich sie nicht einmal mehr angefaßt habe.«
    »Das ist also wie mit mir«, erklärte sie. »Ich will nicht, daß der Gedanke an Geierkopf dich piesackt ... Der Schweinekerl brüllt überall herum, daß er mich gehabt hat. Vielleicht glaubst du es?«
    »Jedermann im Ort glaubt es«, murmelte er, um der Frage auszuweichen. Da sie ihn immer noch anschaute, sagte er dann: »Ja, ich habe es geglaubt ... Und wahrhaftig, ich verstand das, denn ich kenne den Kerl, du konntest ja nicht anders, als dir's gefallen lassen.«
    »Oh, er hat es versucht, er hat mir den Leib genug geknetet! Aber wenn ich dir schwöre, daß er es nie ganz geschafft hat, wirst du mir dann glauben?«
    »Ich glaube dir.« Um ihr seine Freude zu bekunden, nahm er zum Schluß ihre Hand, behielt sie fest umschlossen in der seinen, während er sich mit dem Ellbogen auf das Gatter stützte. Da er gemerkt hatte, daß die aus dem Stall abfließende Jauche seine Schuhe naß machte, hatte er sich breitbeinig hingestellt. »Es schien so, als seist du von Herzen gern bei ihm geblieben, es hatte dir ja Spaß machen können, daß er dich packte ...«
    Ihr wurde unbehaglich, sie wandte ihren so geraden und offenen Blick ab und schlug die Augen nieder.
    »Zumal du mit mir nicht mehr wolltest, du entsinnst dich doch? Einerlei, ich war damals wütend, daß ich dir nicht das Kind gemacht hatte, aber es ist heute besser, daß wir's noch zu machen haben. Das ist immerhin sauberer.« Er unterbrach sich. Er machte sie darauf aufmerksam, daß sie in dem Bach stand. »Paß auf, du machst dich pitschnaß.«
    Sie machte nun auch die Beine breit und sagte abschließend:
    »Wir sind uns also einig.«
    »Wir sind uns einig, setz das Datum fest, das dir gefällt.«
    Und sie küßten sich nicht einmal, sie schüttelten sich als gute Freunde über das Gatter hinweg die Hände. Dann ging jeder in seiner Richtung davon.
    Als Françoise am Abend sagte, sie sei gewillt, Jean zu heiraten, und erklärte, daß sie einen Mann brauche, um wieder zu ihrem Besitz zu kommen, antwortete die Große zunächst nichts. Sie blieb aufrecht stehen mit ihren runden Vogelaugen; sie berechnete den Verlust, den Gewinn, das Vergnügen, das sie dabei haben würde; und am nächsten Morgen erst billigte sie die Heirat. Die ganze Nacht hatte sie auf ihrem Strohsack die Angelegenheit hin und her überlegt, denn sie schlief fast gar nicht mehr, sie blieb mit offenen Lidern liegen, bis es Tag wurde, und heckte Verdrießlichkeiten für ihre Familie aus. Diese Heirat war ihr so folgenschwer für jedermann erschienen, daß sie in einem wahren Jugendfieber darauf brannte. Schon sah sie die geringsten Mißhelligkeiten voraus, sie machte sie verzwickter, sie machte sie tödlich. Und so erklärte sie ihrer Nichte, sie wolle alles erledigen, und zwar aus Freundschaft. Sie sagte ihr dieses Wort und unterstrich es mit einem furchtbaren Fuchteln des Stockes: da man Françoise im Stich lasse, werde sie ihre Mutter sein; und man werde das ja sehen.
    Zunächst einmal ließ die Große ihren Bruder Fouan vor sich erscheinen, um über seine

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