Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
einpflanzte! Die Große war da, um aufzupassen, da Jean aus Angst vor einer Schlägerei vorgezogen hatte, nicht dabeizusein. Und ein Streit entspann sich, denn Geierkopf wollte, daß die Linie parallel zum AigreTal gezogen werde, so daß sein Feld mit seinem Los verschweißt blieb, gleich welches von beiden es auch war, wohingegen die Tante, einzig und allein, um ihn zu ärgern, verlangte, die Teilung solle senkrecht vorgenommen werden. Sie trug den Sieg davon, er ballte die Fäuste, erstickt von unterdrückter Wut.
    »Also los dann, Himmelsakrament! Wenn ich das erste Los bekomme, bin ich entzweigeschnitten, habe ich also das Zeug auf der einen Seite und mein Feld auf der anderen!«
    »Freilich, mein Kleiner, es liegt an dir, das. Los zu ziehen, das alles in Ordnung bringt.«
    Seit einem Monat schon kam Geierkopf nicht aus seinem Zorn heraus. Zunächst einmal entwischte ihm das Mädchen; er war krank vor verdrängter Begierde, seit er ihr Fleisch nicht mehr mit vollen Händen unterm Rock zu fassen bekam in der hartnäckigen Hoffnung, sie eines Tages ganz zu kriegen; und nach der Hochzeit hatte ihm die Vorstellung, daß der andere sie da in seinem Bett hielt, sich gütlich tat, soviel er wollte, vollends das Blut im Leibe in Brand gesetzt. Und jetzt war es die Erde, die der andere ihm aus den Armen zog, um sie zu besitzen, auch sie. Da konnte man ihm ebensogut ein Glied abschneiden. Das Mädchen, so was fand sich immer noch wieder, aber die Erde, eine Erde, die er als sein eigen betrachtete, die niemals wieder herzugeben er sich geschworen hatte! Er sah rot, suchte nach Mitteln, sann verworren auf Gewalttaten, auf Morde, und allein das Grauen vor den Gendarmen hinderte ihn, sie zu begehen.
    Schließlich wurde eine Zusammenkunft bei Herrn Baillehache vereinbart, wo Geierkopf und Lise sich zum ersten Mal wieder Françoise und Jean gegenüber sahen, die die Große zum Vergnügen begleitet hatte, unter dem Vorwand, sie wolle verhindern, daß die Dinge eine Wendung zum Schlimmen nehmen. Alle fünf betraten steif und schweigend das Arbeitszimmer. Die Geierkopfs setzten sich auf die rechte Seite. Links blieb Jean hinter Françoise stehen, um gleichsam anzudeuten, daß er nicht dazugehöre, daß er lediglich gekommen sei, um seiner Frau Vollmacht zu erteilen. Und die Tante nahm, hager und groß, ihre runden Augen und ihre Raubvogelnase erst den einen, dann den anderen zuwendend, zufrieden in der Mitte Platz. Die beiden Schwestern schienen sich nicht einmal zu kennen, kein Wort, kein Blick, die Gesichter hart und verschlossen. Nur zwischen den Männern wurde ein kurzer Blick gewechselt, rasch, aufblitzend und tief, gleich einem Messerstich.
    »Meine Freunde«, sagte Herr Baillehache, den dieses blutgierige Gebaren ruhig ließ, »wir werden vor allem die Landaufteilung abschließen, über die ihr euch einig seid.«
    Dieses Mal verlangte er zuerst die Unterschriften. Das Schriftstück war fertig, allein die Bezeichnung der Lose blieb unausgefüllt hinter den Namen; und alle mußten vor dem Ziehen der Lose unterschreiben, was er unverzüglich vornehmen ließ, um allen Ärger zu vermeiden.
    Da Françoise die Nummer zwei gezogen hatte, mußte Lise die Nummer eins nehmen, und Geierkopfs Gesicht wurde schwarz unter der Blutwoge, die ihm die Adern schwellte. Niemals Glück! Seine Parzelle entzweigeschnitten! Diese Göre, die Jüngste, und ihr Mannsbild hatten sich mit ihrem Teil dort hingepflanzt zwischen sein Stück links und sein Stück rechts!
    »Himmelsakrament noch mal!« fluchte er zwischen den Zähnen. »Himmel, Arsch und Wolkenbruch!«
    Der Notar bat ihn, zu warten, bis er auf der Straße sei.
    »Es ist bloß, weil das unser Land da oben in der Ebene auseinanderschneidet«, bemerkte Lise, ohne sich nach ihrer Schwester umzuwenden. »Vielleicht willigt man ein, einen Tausch vorzunehmen. Das käme uns zupaß, und das würde niemandem Schaden zufügen.«
    »Nein!« sagte Françoise trocken.
    Die Große stimmte mit einem Kopfnicken zu: das bringe Unglück, wenn man umstoße, was das Los entschieden hatte. Und dieser böse Streich des Schicksals erheiterte sie, während Jean reglos hinter seiner Frau stand und so fest entschlossen war, sich abseits zu halten, daß sein Gesicht nichts ausdrückte.
    »Nun also«, fuhr der Notar fort. »Sehen wir zu, daß wir damit fertig werden, Vertrödeln wir nicht die Zeit.«
    In beiderseitigem Einverständnis hatten die beiden Schwestern ihn gewählt für die Versteigerung des Hauses, der Möbel

Weitere Kostenlose Bücher