Die Erde
in ihrem Hause unterzubringen; nachdem ihre Knauserigkeit dagegen angekämpft hatte, wurde sie sofort bei dem Gedanken umgestimmt, viel Arbeit gegen wenig Brot dabei herauszuschlagen. In der Tat ließ sie Françoise gleich am Abend die Treppe und die Küche scheuern.
Als sich Geierkopf dann einfand, empfing sie ihn stehend, mit ihrem bösen Schnabel, dem Schnabel eines alten Raubvogels; und er, der davon geredet hatte, bei Macqueron alles kurz und klein zu schlagen, erzitterte, er stammelte, weil er gelähmt war von der Hoffnung auf die Erbschaft und nicht wagte, sich mit der furchtbaren Großen in einen Kampf einzulassen.
»Ich brauche Françoise, ich behalte sie, da es ihr nun mal bei euch nicht gefällt ... Übrigens ist sie nun volljährig, und ihr müßt ihr Rechnung ablegen. Müssen noch darüber reden.« Wütend und von den Widerwärtigkeiten, die er kommen fühlte, in Schrecken versetzt, ging Geierkopf fort.
Acht Tage später, gegen Mitte August, wurde Françoise tatsächlich einundzwanzig Jahre. Sie konnte nun tun und lassen, was sie wollte. Aber sie hatte durch ihre Übersiedlung kaum etwas anderes erreicht, als ihr Elend zu wechseln, denn auch sie zitterte vor ihrer Tante, und sie arbeitete sich tot in diesem vor Geiz kalten Hause, wo alles von sich aus glänzen mußte, ohne daß Seife und Bürste dabei verwendet wurden: klares Wasser und die Arme, das genügte. Eines Tages wäre ihr beinahe der Schädel mit einem Stockhieb gespalten worden, weil sie sich so weit vergessen hatte, sogar den Hühnern Körner zu geben. Man erzählte, daß die Große, die darauf bedacht war, die Pferde zu schonen, ihren Enkelsohn Hilarion vor den Pflug spannte; und wenn das vielleicht auch erfunden war, so stimmte es doch, daß sie ihn wie ein Stück Vieh behandelte, auf ihm herumschlug, ihn mit schwerer Arbeit schier umbrachte, seine rohe Kraft ausnutzte, um ihn halbtot vor Erschöpfung liegen zu lassen, und ihn übrigens so schlecht ernährte, nämlich mit Krusten und Küchenresten wie das Schwein, daß er, der vor Angst und Grauen geradezu auf dem Bauch vor ihr lag, ständig am Verhungern war.
Als Françoise begriff, daß sie das Paar im Gespann vervollständigen sollte, hatte sie nur noch das eine Verlangen, das Haus zu verlassen. Und da kam sie plötzlich zu dem festen Entschluß, sich bald zu verheiraten.
Sie wünschte lediglich, dem ein Ende zu machen. Halsstarrig in ihren Auffassungen von Gerechtigkeit, die bei ihr schon als Kind Verheerungen anrichteten, hätte sie sich eher umbringen lassen, als sich wieder mit Lise auszusöhnen. Ihre Sache war die einzig gerechte, sie verachtete sich, daß sie sich so lange geduldet hatte; was Geierkopf betraf, so blieb sie stumm, hart sprach sie nur von ihrer Schwester, ohne die man hätte weiter zusammen leben können. Heute, wo das zerbrochen war, richtig zerbrochen, lebte sie in einem einzigen Gedanken, sich ihren Besitz, ihr Erbteil, herausgeben zu lassen. Das setzte ihr von morgens bis abends zu, sie brauste auf, weil Formalitäten nötig waren, mit denen man nicht fertig wurde. Wieso? Das ist mein, das ist dein, und man kam nicht in drei Minuten damit zu Rande! War das nicht bloß so, weil alle unter einer Decke steckten, um sie zu bestehlen? Sie verdächtigte die ganze Familie, sie kam allmählich so weit, daß sie sich sagte, allein ein Mann, ein Ehemann würde sie da herausbringen. Freilich besaß Jean nicht einmal soviel Erde wie auf eine Hand ging, und er war fünfzehn Jahre älter als sie. Aber kein anderer Bursche begehrte sie, nicht einer würde sich getraut haben wegen der Geschichten mit Geierkopf, den niemand gegen sich haben wollte, so sehr fürchtete man ihn in Rognes. Was war schon dabei? Sie war einmal mit Jean gegangen; das war nicht weiter von Belang, weil es ja keine Folgen gehabt hatte; allein, er war sehr sanft, sehr ehrbar. Also wenn schon, dann den da, zumal sie ja keinen anderen liebte und sie nur einen nahm, ganz gleich welchen, damit er sie verteidigte und damit Geierkopf in Raserei geriet. Auch sie würde ihren eigenen Mann haben.
Jean hatte für sie eine große Freundschaft im Herzen bewahrt. Sein Verlangen, sie zu haben, hatte sich beruhigt, und zwar sehr beruhigt, weil er sie schon so lange begehrte. Er war nichtsdestoweniger immer noch sehr nett zu ihr, betrachtete sich als ihr Mann, da sie sich ja einander versprochen hatten. Er hatte sich geduldet bis zu ihrer Großjährigkeit; ohne ihr zu widersprechen, die noch warten wollte, hinderte
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