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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Gebärde hatte er die Weite umfaßt, diese unermeßliche ebene Beauce. Und in seiner Leidenschaft sah er Paris, ganz Paris, das aus seinen Abtrittsgruben alles herausließ, den fruchtbar machenden Strom menschlichen Dungs. Abflußrinnen füllten sich überall, weite Wasserflächen erstreckten sich in jedem Acker, das Meer von Ausscheidungen stieg an in der prallen Sonne unter dem weiten Wehen des Windes, das den Geruch kräftiger machte. Das war die große Stadt, die den Feldern das Leben zurückgab, das sie von ihnen erhalten hatte. Langsam trank der Boden diese Fruchtbarkeit, und aus der vollgefressenen, mit Dung gemästeten Erde wuchs das weiße Brot, strömte über in riesigen Ernten.
    »Da würde man vielleicht ein Boot brauchen!« sagte Jean, den diese neue Vorstellung von der Überschwemmung der Ebenen mit den Abortwässern ergötzte und anekelte.
    Aber in diesem Augenblick ließ eine Stimme ihn den Kopf wenden. Er wunderte sich, Lise zu erkennen, die in ihrem Wägelchen, das am Rande der Landstraße gehalten hatte, stand und Geierkopf mit all ihrer Kraft zuschrie:
    »Hör mal, ich fahr nach Cloyes, Herrn Finet holen ... Der Vater ist stocksteif in seiner Stube umgefallen. Ich glaube, daß er abkratzt ... Geh du doch mal nach Hause und sieh mal nach ihm!« Und ohne auch nur die Antwort abzuwarten, peitschte sie auf das Pferd ein, sie fuhr wieder davon in ihrem Wägelchen, das in der Ferne auf der schnurgraden Landstraße stuckerte und kleiner wurde.
    Ohne Hast breitete Geierkopf seine letzten Haufen fertig aus. Er schimpfte. Der Vater krank, da hatte man nun die Schererei! Vielleicht war das nur Verstellung, bloß um sich verhätscheln zu lassen. Doch der Gedanke, daß das trotzdem was Ernstes sein müsse, weil ja die Frau die Verantwortung für die Arztkosten auf sich genommen hatte, bewog ihn dann, sich seine Jacke anzuziehen.
    »Der da, der knausert mit seinem Mist!« murmelte Hourdequin, der sich für die Düngung des Nachbarschlages interessierte. »Geizt der Bauer, geizt die Erde ... Und ein gemeiner Kerl, vor dem Ihr Euch am besten vorseht, nach alledem, was zwischen Euch beiden vorgefallen ist ... Wie soll das denn auch weitergehen, wenn es so viele Schlampen und so viele Halunken auf der Erde gibt? Die Erde hat genug von uns Menschen, bei Gott!«
    Wieder von Traurigkeit überkommen, machte auch er sich in demselben Augenblick, da Geierkopf mit seinem schweren Schritt nach Rognes heimkehrte, wieder nach La Borderie auf. Und allein geblieben, beendete Jean seine Arbeit, indem er alle zehn Meter Gabeln voll Mist hinschüttete, der nun noch mehr ammoniakhaltige Dünste ausströmte. Andere Haufen dampften in der Ferne, ertränkten den Horizont in einem feinen bläulichen Nebel. Die ganze Beauce blieb dadurch warm und duftend bis zu den Frösten.
    Geierkopfs waren immer noch bei der Frimat, wo sie das ganze Haus bewohnten mit Ausnahme des nach hinten gelegenen Raumes im Erdgeschoß, den die Frimat für sich und für ihren gelähmten Mann zurückbehalten hatte. Geierkopfs war es dort zu eng, sie bedauerten vor allem, daß sie keinen Gemüsegarten mehr hatten; denn natürlich behielt die Frimat ihren Gemüsegarten, dieses Fleckchen Land, das ihr genügte, den Krüppel zu ernähren und zu verhätscheln. Das hätte sie, falls sie auf der Suche nach einer geräumigeren Bleibe gewesen wären, zum Umziehen veranlaßt, wenn sie nicht gemerkt hätten, daß ihre Nachbarschaft Françoise in Wut brachte. Allein eine Zwischenmauer trennte die beiden Erbinnen. Und Geierkopfs sagten absichtlich sehr laut, damit sie auch gehört wurden, daß sie da nur vorläufig kampierten, daß sie todsicher nach nebenan, zu sich nach Hause zurückkehren würden, und zwar so bald wie möglich. Also ist's doch unnütz, nicht wahr, sich die Sorge um eine neue Umräumerei zu machen? Warum, wieso würden sie zurückkehren? Sie drückten sich nicht deutlicher aus, und diese Zuversicht, diese irre Gewißheit, die sich auf Unbekanntes gründete, brachte Françoise außer sich und verdarb ihr die Freude, Herrin über das Haus geblieben zu sein, abgesehen davon, daß ihre Schwester Lise mitunter eine Leiter an die Mauer stellte, um ihr Gemeinheiten zuzuschreien. Seit der endgültigen Abrechnung bei Herrn Baillehache behauptete sie, sie sei bestohlen worden, und sie fand kein Ende mit den gräßlichen, von einem Hof zum anderen geschleuderten Beschuldigungen.
    Als Geierkopf endlich daheim anlangte, fand er Vater Fouan lang ausgestreckt auf seinem

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