Die Erde
auch nichts wegnehme. Gerade erkannte sie einen Küchenschemel, der in den Verkauf einbegriffen war.
»Das gehört mir, das da«, sagte sie mit barscher Stimme.
»Dir? Da, hol's dir!« antwortete die andere, die den Schemel in den Tümpel schmiß und ihn schwimmen ließ.
Das Haus war leer.
Geierkopf führte das Pferd am Zügel, Lise nahm ihre beiden Kinder, ihre beiden letzten Bündel, Jules auf den rechten Arm, Laure auf den linken Arm; als sie dann schließlich die alte Behausung verließ, trat sie an Françoise heran und spuckte ihr ins Gesicht.
»Da! Das ist für dich!«
Sofort spuckte ihre Schwester zurück.
»Das ist für dich!«
Und bei diesem Abschied voll giftigen Hasses wischten sich Lise und Françoise langsam das Gesicht trocken, ohne sich aus den Augen zu lassen, waren getrennt für immerdar, und es gab kein anderes Band mehr zwischen ihnen als das feindliche Aufbegehren ihres Blutes, desselben Blutes.
Als Geierkopf schließlich den Mund wieder aufmachte, brüllte er mit einer drohenden Gebärde zum Haus hin das Abschiedswort:
»Auf baldiges Wiedersehen, wir kommen zurück!«
Die Große folgte ihnen, um bis zum Schluß nach dem Rechten zu sehen, war übrigens entschlossen, sich nun, da Geierkopfs am Boden lagen, gegen die anderen zu wenden, die so schnell von ihr abließen und die ihrer Meinung nach bereits zu glücklich waren.
Lange standen noch Gruppen herum und plauderten leise.
Françoise und Jean waren in das leere Haus gegangen.
In dem Augenblick, da die Geierkopfs bei der Frimat ihren Kleinkram auspackten, sahen sie zu ihrem Erstaunen Vater Fouan auftauchen, der atemlos, verstört, einen Blick hinter sich werfend, als verfolge ihn irgendein Übeltäter, fragte:
»Gibt es hier eine Ecke für mich? Ich komme schlafen.«
Ein wahres Entsetzen ließ ihn davongaloppieren bei seiner Flucht vom Schloß. Er konnte nachts nicht mehr aufwachen, ohne daß Bangbüx mit ihrer knabenhaft mageren Nacktheit im Hemd in der Stube herumspazierte, auf der Suche nach den Papieren, die er schließlich draußen tief in einem mit Erde zugeschmierten Felsenloch versteckt hatte. Jesus Christus schickte diese Göre los, weil sie so leicht, so geschmeidig war, daß sie barfuß überall hinschlüpfte, zwischen die Stühle, unter das Bett, wie eine Natter; und sie geriet in Leidenschaft bei dieser Jagd, redete sich ein, der Alte nehme die Papiere beim Anziehen wieder an sich, war wütend, daß sie nicht entdeckte, wo er sie verwahrte, bevor er schlafen ging; denn im Bett war bestimmt nichts, sie versenkte ihre dünnen Arme tief hinein, durchsuchte es mit geschickter Hand, deren leises Streifen der Großvater kaum spürte. Aber da war er nun an diesem Tage nach dem Mittagessen von einer Schwache befallen worden, war wie benebelt am Tisch umgekippt. Und als er, noch so zerschlagen, daß er nicht die Augen aufmachen konnte, wieder zu sich kam, hatte er sich auf derselben Stelle auf dem Erdboden wiedergefunden; voller Aufregung spürte er, daß Jesus Christus und Bangbüx ihn auszogen. Anstatt ihm zu helfen, hatten diese Luder nur den einen Gedanken, rasch die Gelegenheit zu benutzen, um eine Leibesvisitation vorzunehmen. Vor allem sie ging dabei mit zorniger Roheit zu Werke und gar nicht mehr sanft, zerrte an der Jacke, an der Hose und guckte sogar auf der Haut nach, in allen Löchern, damit sie auch sicher war, daß er seinen Schatz nicht da hineingesteckt hatte. Mit beiden Fäusten drehte sie ihn um, spreizte ihm die Glieder, durchwühlte ihn wie eine alte leere Tasche. Nichts! Wo hatte er denn sein Versteck? Das war ja, als müsse man ihn aufmachen, um drinnen nachzusehen! Ein solches Grauen, ermordet zu werden, falls er sich rührte, hatte ihn ergriffen, daß er sich weiter ohnmächtig stellte, mit geschlossenen Lidern und abgestorbenen Beinen und Armen. Bloß, als man ihn schließlich losgelassen hatte und er wieder frei war, da war er entflohen, fest entschlossen, nicht mehr auf dem Schloß zu schlafen.
»Also habt ihr eine Ecke für mich?« fragte er nochmals.
Geierkopf schien durch diese unvorhergesehene Rückkehr seines Vaters aufgemuntert zu sein. Das war Geld, das zurückkehrte.
»Na klar, Alter! Wir werden halt zusammenrücken! Das wird uns Gluck bringen ... Ach, Himmelsakrament! Ich wäre reich, wenn es sich nur darum handelte, ein gutes Herz zu haben!«
Françoise und Jean waren langsam in das leere Haus gegangen. Die Nacht brach herein, ein letzter trauriger Schein erhellte die schweigenden
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