Die Erde
Bett in der Ecke, in der er hinter der Küche unter der Heubodentreppe hauste. Die beiden Kinder, der schon achtjährige Jules und die dreijährige Laure, paßten auf ihn auf; sie spielten auf der Erde »Bächlein machen« mit dem Krug des Alten, den sie ausgossen.
»Na? Was denn?« fragte Geierkopf, vor dem Bett stehend.
Fouan war wieder zu Bewußtsein gekommen. Seine weit aufgerissenen Augen drehten sich langsam, schauten starr, aber er bewegte den Kopf nicht, er schien versteinert.
»Hört mal, Vater, es ist zuviel zu tun, macht keine Dummheiten! – Dürft Euch heute nicht sperren.«
Und da Laure und Jules soeben den Krug zerschlagen hatten, langte er ihnen ein paar Ohrfeigen, die sie zum Heulen brachten.
Der Alte hatte die Lider nicht wieder geschlossen, schaute immer noch mit seinen weiter gewordenen und starren Pupillen.
Also nichts zu machen, da er ja nun bloß noch so ein bißchen zappelte. Man würde ja sehen, was der Arzt sagte. Es tat ihm leid, von seinem Feld weggegangen zu sein, er fing an, vor der Tür Holz zu spalten, bloß um sich zu beschäftigen.
Lise brachte übrigens Herrn Finet sofort mit, der den Kranken lange untersuchte, während sie und ihr Mann mit besorgter Miene abwarteten. Beim Tode des Alten wären sie eine Last los gewesen, wenn die Krankheit ihn mit einem Schlag weggerafft hätte; aber nun konnte das lange dauern, das würde vielleicht viel kosten; und wenn er abkratzte, bevor sie seinen Schatz hatten, würden ihnen Fanny und Jesus Christus todsicher Scherereien machen. Das Schweigen des Arztes verwirrte sie vollends. Als er sich in der Küche gesetzt hatte, um ein Rezept zu schreiten, entschlossen sie sich, ihm ein paar Fragen zu stellen.
»Na, ist es denn was Ernstes? – Womöglich dauert das acht Tage, was? – Mein Gott! Wie langwierig so was ist! Was schreiben Sie ihm denn da auf?«
Herr Finet antwortete nicht, weil er an diese Fragereien der Bauern, die die Krankheit aus der Fassung bringt, gewöhnt war und den weisen Entschluß gefaßt hatte, sie wie Pferde zu behandeln, ohne sich mit ihnen in ein Gespräch einzulassen. Er hatte große Erfahrung in häufig vorkommenden Fällen, er half den Kranken im allgemeinen über den Berg, besser, als es ein Mann mit größerem Wissen im allgemeinen gekonnt hätte. Aber da er ihnen vorwarf, ihn zur Mittelmäßigkeit gezwungen zu haben, wurde er hart zu ihnen, was trotz ihres ständigen Zweifels an der Wirksamkeit seiner Arzneien ihre Ehrerbietigkeit erhöhte. Würde das auch soviel nützen, was das an Geld kostete?
»Also«, fing Geierkopf wieder an, der angesichts der beschriebenen Seite in Schrecken geriet, »Sie glauben, daß es ihm von all dem Zeug da besser gehen wird?«
Der Arzt begnügte sich, die Achseln zu zucken. Er war zum Kranken zurückgegangen, war interessiert und überrascht, nach diesem leichten Schlaganfall etwas Fieber festzustellen. Die Augen auf seine Taschenuhr gerichtet, zählte er nochmals die Pulsschläge, ohne auch nur zu versuchen, einen Hinweis von dem Alten zu erhalten, der ihn mit verstörter Miene ansah. Und als er davonging, sagte er lediglich:
»Das ist eine Angelegenheit von drei Wochen ... Ich werde morgen wiederkommen. Wundert euch nicht, wenn er heute nacht phantasiert.«
Drei Wochen! Die Geierkopfs hatten nur das gehört, und sie waren entgeistert. Wieviel Geld das kosten würde, wenn jeden Abend ein solcher Rattenschwanz von Medikamenten zustande kam! Das schlimmste war, daß nun Geierkopf ebenfalls in das Wägelchen steigen mußte, um zum Apotheker nach Cloyes zu fahren.
Es war Sonnabend; die Frimat, die vom Verkauf ihres Gemüses zurückkam, traf Lise allein an, die so untröstlich war, daß sie von einem Fuß auf den anderen trat, ohne irgend etwas zu tun; und die Alte geriet auch in Verzweiflung, als sie die Geschichte erfuhr: sie habe niemals Glück, sie hätte wenigstens den Vorteil gehabt, den Arzt für ihren Alten auch noch in Anspruch nehmen zu können, wenn das an einem anderen Tag geschehen wäre. Schon hatte sich die Neuigkeit in Rognes herumgesprochen, denn man sah, wie Bangbüx frech angerannt kam; und sie weigerte sich wegzugehen, bevor sie die Hand ihres Großvaters berührt hatte; sie ging zurück, um Jesus Christus auszurichten, daß er nicht tot war, bestimmt nicht. Sofort hinter dieser Dirne erschien die Große, die offensichtlich von Fanny geschickt worden war; sie pflanzte sich vor dem Bett ihres Bruders auf, beurteilte ihn nach der Frische der Augen, wie die Aale
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