Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
einem Nachbargehöft zurückkam, am Rande des Feldes stehenblieb.
    »Hört mal, Korporal, Ihr wißt doch die Neuigkeit ... Anscheinend wird's bald Krieg geben.«
    Jean ließ den Pflug los; erschüttert, verwundert über den Stich, der ihn ins Herz traf, richtete er sich auf.
    »Krieg, wieso denn das?«
    »Aber mit den Preußen, nach dem, was man mir erzählt hat ... Das steht in den Zeitungen.«
    Mit starren Augen sah Jean Italien wieder, die Schlachten dort unten, dieses Gemetzel, aus dem er glücklich ohne eine Verwundung herausgekommen war. Mit welcher Glut sehnte er sich damals danach, ruhig in seinem Winkel zu leben! Und da setzte ihm nun dieses Wort, das auf einer Landstraße von einem Vorübergehenden geschrien wurde, dieser Gedanke an den Krieg alles Blut des Leibes in Brand!
    »Freilich! Wenn die Preußen uns anscheißen ... Man kann doch nicht zulassen, daß sie sich einen Dreck aus uns machen.« Delhomme war nicht dieser Ansicht. Er schüttelte den Kopf, er erklärte, es wäre das Ende des flachen Landes, wenn man dort wieder die Kosaken zu sehen bekäme, wie nach Napoleon71. Sich zu kloppen, das bringe nichts ein; besser sei, sich zu vertragen.
    »Was ich darüber sagte, das gilt für die anderen ... Ich habe Geld bei Herrn Baillehache hinterlegt. Was auch kommen mag, Nénesse, der morgen sein Los zieht, wird nicht fortmüssen.«
    »Klar«, schloß Jean beruhigt. »Das ist wie mit mir, ich bin denen nichts mehr schuldig, und ich bin jetzt verheiratet. Ich schere mich nicht darum, wenn die da kämpfen! – Ach! Es geht gegen die Preußen! Na schön, man wird ihnen eine Tracht Prügel verpassen, das ist alles!«
    »Guten Abend, Korporal!«
    »Guten Abend!«
    Delhomme brach wieder auf, blieb weiter weg wieder stehen, um die Neuigkeit abermals jemandem zuzuschreien, schrie sie noch weiter weg ein drittes Mal; und die Drohung vom nahen Kriege flog durch die Beauce in der großen Traurigkeit des Aschehimmels.
    Als Jean mit seiner Arbeit fertig war, kam ihm der Einfall, sich sofort nach La Borderie zu begeben, um den versprochenen Samen zu holen. Er spannte aus, ließ den Pflug am Ende des Feldes zurück, sprang auf sein Pferd. Als er davonritt, fiel ihm Fouan wieder ein, er suchte ihn und fand ihn nicht mehr. Zweifellos hatte der Alte hinter einer Strohmiete, die auf Geierkopfs Ackerstück stehengeblieben war, gegen die Kälte Schutz gesucht.
    Nachdem Jean auf La Borderie sein Tier angebunden hatte, rief er vergebens nach jemandem; es waren wohl alle draußen bei der Arbeit; und er ging in die leere Küche, er hieb mit der Faust auf den Tisch, da hörte er schließlich Jacquelines Stimme, die aus dem Keller heraufklang, wo sich die Milchstube befand. Eine Falltür führte hinunter, sie tat sich unmittelbar am Fuße der Treppe auf und war so ungünstig angebracht, daß man immer fürchtete, es würde sich noch mal ein Unfall ereignen.
    »He? Wer ist denn da?«
    Er hatte sich auf der ersten Stufe der kleinen steilen Treppe hingehockt, und sie erkannte ihn von unten.
    »Sieh mal an, der Korporal!«
    Auch er sah sie im Dämmerlicht der Milchstube, die durch eine Kellerluke erhellt wurde.
    Sie arbeitete dort inmitten von Milchschalen, Rahmschüsseln, aus denen die Molke Tropfen um Tropfen in einen Steintrog ablief; und sie hatte die Ärmel bis zu den Achseln hochgekrempelt, ihre nackten Arme waren weiß von der Sahne.
    »Komm doch runter ... Hast du denn Angst vor mir?« Und sie duzte ihn wie früher, sie lachte mit der ihr eigenen Art eines gefälligen Mädchens.
    Aber er fühlte sich unbehaglich und rührte sich nicht.
    »Ich komme bloß wegen dem Samen, den mir der Herr versprochen hat.«
    »Ach ja, ich weiß ... Warte, ich komm hoch.«
    Und als sie oben im hellen Tageslicht stand, fand er, daß sie ganz frisch war und gut nach Milch roch mit ihren nackten und weißen Armen.
    Sie schaute ihn an mit ihren hübschen, verderbten Augen, sie fragte ihn schließlich wie zum Scherz:
    »Du gibst mir also keinen Kuß? – Weil man verheiratet ist, deswegen braucht man doch nicht unhöflich zu sein.«
    Er gab ihr zwei Küsse auf die Wangen, die er absichtlich laut schallen ließ, um damit zu sagen, daß das lediglich aus guter Freundschaft geschehe. Aber sie verwirrte ihn, mit einem leisen Schauer stiegen ihm aus dem ganzen Leibe wieder Erinnerungen empor. Niemals hatte er das bei seiner Frau empfunden, die er doch so sehr liebte.
    »Los, komm«, fuhr Jacqueline fort. »Ich werde dir gleich den Samen zeigen ... Stell dir

Weitere Kostenlose Bücher