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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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vor, sogar die Magd ist auf dem Markte.«
    Sie überquerte den Hof, ging in die Kornscheuer, lief hinter einen Stapel Säcke; und dort, dicht an der Mauer, lag ein ganzer Haufen von dem Samen, der von Brettern zusammengehalten wurde.
    Jean war ihr nachgegangen, er rang etwas nach Luft, als er so allein war mit ihr hinten in dieser entlegenen Ecke. Sofort tat er so, als interessiere er sich sehr für den Samen, ein schönes Hühnerfuttergemenge.
    »Oh, wie dick der ist!«
    Aber sie ließ ihr kehliges Gurren ertönen, sie brachte ihn rasch auf das Thema zurück, das sie interessierte.
    »Deine Frau ist schwanger, ihr tut euch gütlich, was? – Hör mal, geht das denn mit der? Ist es mit der denn auch so nett wie mit mir?«
    Er wurde hochrot, sie hatte ihren Spaß daran und war entzückt, zu sehen, daß er so aus der Fassung geriet. Dann schien sie mißmutig zu werden, als sei ihr jäh ein Gedanke gekommen.
    »Du weißt ja, ich habe viele Scherereien gehabt. Glücklicherweise ist das vorbei, und das ist noch zu meinem Vorteil ausgegangen.«
    Tatsächlich war eines Abends auf La Borderie Hourdequins Sohn Léon hereingeschneit, der Hauptmann, der sich dort seit Jahren nicht mehr hatte blicken lassen; und gleich vom ersten Tage an wußte er, der gekommen war, um sich Gewißheit zu verschaffen, genau Bescheid, als er festgestellt hatte, daß Jacqueline das Zimmer seiner Mutter bewohnte. Einen Augenblick zitterte sie, denn der Ehrgeiz hatte sie erfaßt, von Hourdequin geheiratet zu werden und das Gehöft zu erben. Aber der Hauptmann beging den Fehler, das alte Spiel zu spielen: er wollte seinem Vater das Weib vom Halse schaffen, indem er sich von ihm erwischen ließ, während er mit ihr schlief. Das war zu einfach. Sie stellte eine scheue Tugendhaftigkeit zur Schau, sie stieß Schreie aus, vergoß Tränen, erklärte Hourdequin, daß sie auf und davon ginge, weil sie nicht mehr geachtet werde in seinem Hause. Es kam zu einem gräßlichen Auftritt zwischen den beiden Männern, der Sohn versuchte dem Vater die Augen zu öffnen, was alles vollends verdarb. Zwei Stunden später ging er wieder fort, auf der Schwelle schrie er, daß er lieber alles verliere, und falls er jemals wieder heimkehre, so nur, um dieses Flittchen mit Fußtritten rauszuschmeißen.
    Jacquelines Irrtum in ihrem Triumph war es alsdann, zu glauben, sie könne alles wagen. Sie gab Hourdequin zu verstehen, daß sie nach solchen Scherereien, über die die ganze Gegend keife, es sich selbst schuldig sei, ihn zu verlassen, wenn er sie nicht heirate. Sie begann sogar ihren Koffer zu packen. Aber der Hofbesitzer, der noch fassungslos war über den Bruch mit seinem Sohn und um so rasender, als er sich insgeheim unrecht gab, hätte sie beinahe mit ein Paar Ohrfeigen totgeschlagen; und sie redete nicht mehr vom Weggehen, sie begriff, daß sie es zu eilig gehabt hatte. Nun war sie übrigens die unumschränkte Herrin, schlief unverhohlen im ehelichen Schlafzimmer, aß gesondert mit dem Herrn, erteilte Weisungen, bezahlte die Rechnungen, hatte die Kassenschlüssel und war so despotisch, daß Hourdequin sie zu Rate zog, wenn Entscheidungen zu treffen waren. Er beugte sich, war sehr gealtert, sie hoffte sein letztes Aufbegehren bald zu besiegen und ihn zur Heirat zu bringen, wenn sie ihn vollends fertiggemacht hatte: Da er in einem Anfall von Zorn geschworen hatte, seinen Sohn zu enterben, arbeitete sie inzwischen darauf hin, ihn zu einem Testament zu ihren Gunsten zu bewegen; und sie hielt sich bereits für die Besitzerin des Gehöfts, denn sie hatte ihm eines Abends im Bett das Versprechen dazu entlockt.
    »Seit Jahren rackere ich mich ab, damit er seinen Spaß hat«, sagte sie abschließend, »du begreifst, daß ich das nicht um seiner schönen Augen willen mache.«
    Jean konnte nicht umhin zu lachen.
    Beim Reden hatte sie mit einer mechanischen Gebärde ihre nackten Arme ins Getreide versenkt; und sie zog sie wieder heraus, tauchte sie wieder hinein und bestäubte so ihre Haut mit einem feinen und lieblichen Staub.
    Er sah diesem Spiel zu, er machte mit lauter Stimme eine Bemerkung, die er hinterher bedauerte.
    »Und mit Tron, geht das immer noch?«
    Sie schien nicht gekränkt zu sein, sie sprach freimütig, wie zu einem alten Freund.
    »Ach, ich mag ihn recht gern, diesen großen Dämlack, aber er ist nicht gerade vernünftig, wahrhaftig nicht! – Ist er nicht gar eifersüchtig? Ja, er macht mir Szenen, er läßt mir nur den Herrn durchgehen, und das auch noch kaum!

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