Die Erde
behielt. Da verzichtete dieser große Einfaltspinsel also auf sein Recht. »Und was werdet Ihr jetzt tun? Vielleicht werdet Ihr wieder Tischler?«
»Nein, Soldat.«
Auf einmal konnte Lengaigne, dessen Augen vor Verblüffung kreisrund geworden waren ein geringschätziges Lachen nicht mehr unterdrücken. Ach! So ein Dummkopf!
Jean hatte bereits die Landstraße nach Cloyes eingeschlagen, als ihn ein letztes Gefühl der Rührung stehenbleiben und den Hang wieder hinaufgehen ließ. Er wollte Rognes nicht verlassen, ohne von Françoises Grab Abschied zu nehmen. Dann war da auch etwas anderes, das Verlangen, noch einmal zu sehen, wie sich die unermeßliche Ebene entrollte, die traurige Beauce, die er schließlich liebgewonnen hatte in seinen langen einsamen Arbeitsstunden.
Hinter der Kirche tat sich der Friedhof auf, eingefriedet von einer halbzerstörten Mauer, die so niedrig war, daß von der Mitte des Friedhofs aus der Blick frei von einem Ende des Horizontes zum anderen schweifte. Eine bleiche Märzsonne machte den Himmel weiß, der verschleiert war von Dünsten, vom feinen Hauch weißer Seide, die kaum ein Tupfen Blau belebte; und unter diesem milden Licht schien die Beauce, die benommen war von den Frösten des Winters, wie jene Schläferinnen im Schlummer zu verweilen, die nicht mehr ganz fest schlafen, die es aber vermeiden, sich zu rühren, um ihre Trägheit zu genießen. Die Fernen ertränken, die Ebene schien weiter geworden dadurch und breitete die bereits grünen Vierecke des im Herbst gesäten Weizens, Hafers und Roggens aus, während man in den kahl gebliebenen Sturzäckern mit der Frühjahrsaussaat begonnen hatte. Überall schritten inmitten der fetten Schollen Männer mit der steten Bewegung, unter dem steten Aufstieben der Saat. Deutlich sah man, wie die goldene Saat gleich lebendem Staub der Faust der Säer entrann. Dann wurden die Säer immer kleiner, verloren sich im Unendlichen, und die Saat umhüllte sie mit einer Welle, ganz in der Ferne schien sie nur noch das Flirren des Lichtes zu sein. Meilenweit regnete in allen vier Himmelsrichtungen der grenzenlosen Weite das Leben des künftigen Sommers in der Sonne.
Vor Françoises Grab blieb Jean aufrecht stehen. Es lag mitten in einer Reihe, und Vater Fouans offene Grube wartete daneben. Unkraut überwucherte den Friedhof. Niemals hatte sich der Gemeinderat darein geschickt, fünfzig Francs für den Feldhüter zu bewilligen, damit er den Friedhof sauber machte. Kreuze, Einfriedungen waren verfault; einige rostfleckige Steine widerstanden noch; aber der Zauber dieses einsamen Winkels bestand gerade in seiner Verlassenheit, in seiner tiefen Ruhe, die allein das Gekrächze der uralten, um die Kirchturmspitze kreisenden Raben störte. Man schlief hier am Ende der Welt in Demut und im Allesvergessen. Und durchdrungen von diesem Frieden des Todes, schaute Jean voller Anteilnahme auf die große Beauce, auf die Saaten, die sie mit einem Lebensschauer erfüllten; da fing die Glocke langsam an zu läuten, drei Schläge, dann noch zwei, dann ein Trauergeläut! Das galt Fouans Leiche, die die Träger jetzt aufnahmen und die gleich eintreffen wurde.
Der Totengräber, ein säbelbeiniger Mann, der ein Bein nachschleppte, stellte sich ein, um einen Blick auf die Grube zu werfen.
»Sie ist zu klein«, gab Jean zu bedenken, der ergriffen dablieb und zusehen wollte.
»Ach was«, entgegnete der Lahme, »der ist doch dabei eingeschrumpelt, als er gebraten wurde.«
Geierkopfs hatten vor zwei Tagen bis zu Doktor Finets Besuch gezittert. Aber die einzige Sorge des Doktors war es, schnell die Bestattungserlaubnis zu unterschreiben, um sich weitere Rennereien zu ersparen. Er kam, schaute hin, regte sich auf über die Dummheit der Familien, die den Alten, die wieder kindisch werden, eine Kerze lassen; und wenn er einen Verdacht hegte, so war er klug genug, ihn nicht zu äußern. Mein Gott! Dieser aufs Leben versessene Vater, wenn man den ein bißchen geröstet hatte! Er hatte soviel gesehen, daß das kaum zählte. In seiner Unbekümmertheit, die aus Groll und Verachtung bestand, begnügte er sich, mit den Achseln zu zucken: dreckiges Gezücht, diese Bauern!
Geierkopfs fühlten sich erleichtert; sie hatten nur noch den Anprall der Familie auszuhalten, den sie voraussahen und standfesten Fußes erwarteten. Sobald die Große sich zeigte, brachen sie in Tränen aus, um die schickliche Haltung zu wahren. Überrascht musterte sie die beiden und hielt das für wenig gewitzt, zu
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