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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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...«
    »Geierkopf ist ein Hundsfott!« schrie Fouan plötzlich wütend und ohne daß er ihr Zeit ließ, auszureden. »Hätte ich diese Geschichte mit Fanny gehabt, wenn er nicht so störrisch wie ein Esel wäre?«
    Das war die erste Mißhelligkeit zwischen ihm und seinen Kindern, er verbarg sie, aber er hatte sich eben entschlüpfen lassen, wie verbittert er darüber war. Als er Delhomme Geierkopfs Anteil anvertraute, hatte er beabsichtigt, ihn für vierundzwanzig Francs pro Hektar zu verpachten, während Delhomme ihm lediglich ein doppeltes Jahresgeld zahlen wollte, zweihundert Francs für seinen Anteil und zweihundert für den anderen. Das war gerecht, der Alte wurde fuchsteufelswild, weil er unrecht hatte.
    »Was für eine Geschichte?« fragte Lise. »Zahlen Euch die Delhommes denn nichts?«
    »O doch!« antwortete Rose. »Alle drei Monate Schlag Mittag liegt das Geld da auf dem Tisch ... Bloß man kann auf verschiedene Art und Weise zahlen, nicht wahr? Und der Vater, der nun mal empfindlich ist, möchte wenigstens, daß man höflich ist ... Fanny kommt zu uns mit einem Gesicht, als ob sie zum Gerichtsvollzieher ginge, ganz so, als ob man sie bestiehlt.«
    »Ja«, fügte der Alte hinzu. »Sie zahlen, und das ist alles. Ich, ich finde, daß das nicht genug ist. Achtung würde sich gehören ... Ihr Geld, spricht sie das denn frei? Wir sind eben Gläubiger, nichts weiter ... Und obendrein ist es unrecht, sich zu beklagen. Wenn sie wenigstens alle zahlten!« Er unterbrach sich, ein verlegenes Schweigen herrschte.
    Diese Anspielung auf Jesus Christus, der ihnen nicht einen Sou gegeben hatte und seinen Anteil vertrank, den er Stück um Stück mit Hypotheken belastete, brachte die Mutter zur Verzweiflung, die stets geneigt war, den Halunken, den Liebling ihres Herzens, in Schutz zu nehmen. Sie zitterte, daß diese andere Wunde bloßgelegt werde; schleunigst griff sie ein:
    »Mach dir doch wegen Dummheiten kein böses Blut! – Da wir ja glücklich sind, was schert dich da das übrige? Wenn man genügend hat, hat man genügend.« Niemals hatte sie ihm so die Stirn geboten.
    Er starrte sie an.
    »Du redest zuviel, Alte! – Ich möchte gern glücklich sein, aber man darf mich nicht ärgern!«.
    Und sie wurde wieder ganz klein, saß zusammengesackt und untätig auf ihrem Stuhl, während er sein Brot aufaß und den letzten Bissen lange im Munde hin und her wälzte, um länger seine Freude daran zu haben.
    Die traurige Wohnstube schlummerte ein.
    »Ich möchte also wissen«, konnte Lise fortfahren, »was Geierkopf im Hinblick auf mich und sein Kind zu tun gedenkt ... Ich habe ihm kaum zugesetzt, es ist an der Zeit, daß er zu einem Entschluß kommt.«
    Die beiden Alten sagten kein Sterbenswörtchen mehr.
    Lise fragte Vater Fouan geradezu:
    »Da Ihr ihn gesehen habt, wird er wohl mit Euch über mich gesprochen haben ... Was hat er darüber gesagt?«
    »Nichts, er hat darüber zu mir kein Sterbenswort gesagt ... Und da ist auch weiß Gott nichts drüber zu sagen! Der Pfarrer liegt mir dauernd in den Ohren, daß ich das in Ordnung bringe, als ob das in Ordnung zu bringen wäre, solange der Junge sein Erbteil verweigert!«
    Voller Ungewißheit überlegte Lise.
    »Ihr glaubt also, daß er es eines Tages annehmen wird?«
    »Das kann noch geschehen.«
    »Und Ihr denkt, daß er mich dann heiraten würde?«
    »Es bestehen Aussichten.«
    »Ihr ratet mir also zu warten?«
    »Das hängt freilich von deinen Kräften ab, jeder macht, was er für richtig hält.«
    Sie schwieg, weil sie von Jeans Antrag nicht sprechen wollte und nicht wußte, auf welche Weise sie eine endgültige Antwort bekommen sollte. Dann unternahm sie einen letzten Versuch:
    »Ihr versteht, ich werde schließlich krank dabei, wenn ich nicht weiß, woran ich mich zu halten habe. Ich brauche ein Ja oder ein Nein ... Wenn Ihr, Onkel, vielleicht Geierkopf fragen würdet, ich bitte Euch darum!«
    Fouan zuckte die Achseln.
    »Erstens werde ich nie wieder mit diesem Hundsfott sprechen ... Und dann, Mädchen, wie dämlich du bist! Warum ihn nein sagen lassen, diesen Starrkopf, der danach immer nein sagen wird? Laß ihm doch die Freiheit, eines Tages ja zu sagen, wenn das in seinem Interesse liegt!«
    »Gewiß!« sagte Rose lediglich, die wieder das Echo ihres Mannes geworden war, und schloß damit die Sache ab.
    Und Lise konnte aus ihnen nichts Genaueres herausbekommen. Sie verließ sie, sie machte die Tür zur Wohnstube, die in ihre Benommenheit zurückgesunken war, wieder

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