Die Erde
runter, du fällst in meine Arme.«
»Nein, nein!«
Er hatte sich vor dem Heuschober hingestellt, er machte die Arme breit, wölbte die Brust, damit sich Françoise hinunterstürze.
Und als sie sich endlich entschloß, die Augen zumachte und sich losließ, rutschte sie auf dem glatten Abhang des Heus so rasch hinunter, daß sie ihn umriß und mit ihren beiden Schenkeln auf seinen Rippen ritt. Da ihr auf der Erde die Röcke hochgerutscht waren, lachte sie sich halb tot, sie stammelte, daß sie sich nicht weh getan habe.
Aber da er sie brennendheiß und schwitzend dicht an seinem Gesicht fühlte, hatte er sie gepackt. Dieser scharfe Mädchengeruch, dieser strenge Duft des von frischer Luft gepeitschten Heus berauschten ihn, ließen all seine Muskeln in einer jähen Raserei der Begierde steif werden. Dann war da noch etwas anderes, eine unbekannte Leidenschaft für dieses Kind, die mit einem Schlage hervorbrach, eine Zärtlichkeit des Herzens und der Sinne, die von weit her kam, bei Françoises Spielen und ihrem lauten Lachen gewachsen war und nun einmündete in dieses Gelüst, sie hier im Grase zu nehmen.
»Oh, Jean, genug! Du zerbrichst mich ja!« Sie lachte immer noch, glaubte, er spiele.
Und er fuhr zusammen, weil er Palmyres großen Augen begegnet war, und erhob sich schlotternd, mit dem bestürzten Gesichtsausdruck eines Trunkenbolds, den der Anblick eines gähnenden Loches ernüchtert. Was denn? Nicht Lise begehrte er, sondern diese Göre! Niemals hatte ihm die Vorstellung, Lises Haut liege dicht an seiner, auch nur das Herz schneller schlagen lassen, während all sein Blut ihn erstickte bei dem bloßen Gedanken, Françoise zu küssen. Nun wußte er, warum er so gern die beiden Schwestern besuchte und ihnen gefällig war. Aber die Kleine war so jung! Er war verzweifelt und schämte sich darüber.
In diesem Augenblick kam Lise von Fouans zurück. Unterwegs hatte sie überlegt. Ihr wäre Geierkopf lieber gewesen, weil er trotz allem der Vater ihres Kleinen war. Die Alten hatten recht, warum sich überstürzen? Wenn Geierkopf eines Tages nein sagen sollte, wäre Jean immer noch da, der ja sagen würde.
Sie redete Jean an, und zwar ohne Umschweife:
»Keine Antwort, der Onkel weiß nichts ... Warten wir ab.«
Verstört, noch zitternd, schaute Jean sie an, ohne zu begreifen. Dann entsann er sich: die Heirat, der Knirps, Geierkopfs Einwilligung, diese ganze Angelegenheit, die er noch zwei Stunden zuvor als vorteilhaft für sie und für ihn angesehen hatte. Er sagte schleunigst:
»Ja, ja, warten wir ab, das ist besser.«
Die Nacht brach herein, ein Stern funkelte bereits auf dem Grunde des veilchenfarbenen Himmels. Man konnte in der zunehmenden Dämmerung nur die verschwommenen Rundungen der ersten Heuschober unterscheiden, die auf der kahlen Weite der Wiesen Buckel bildeten. Aber stärker entströmten in der Stille der Luft die Gerüche der warmen Erde, und die Geräusche waren besser zu hören, hallten lange nach, waren von musikalischer Klarheit. Es waren Stimmen von Männern und Frauen, ersterbendes Gelächter, das Schnauben eines Tiers, das Scheppern eines Werkzeugs, während die Schnitter beharrlich auf einem Stückchen Wiese immer noch unablässig auf und nieder schritten; und weit und regelmäßig stieg das Zischen der Sensen noch immer auf von dieser Arbeit, die man nicht mehr sah.
Kapitel V
Zwei Jahre waren bei diesem tätigen und eintönigen Landleben vergangen; und Rognes hatte im schicksalhaften Wechsel der Jahreszeiten den ewigen Lauf der Dinge, immer dieselbe Arbeit, denselben Schlaf erlebt.
Unten an der Landstraße befand sich an der Einbuchtung bei der Schule ein Brunnen, zu dem alle Frauen hinuntergingen, um ihr Trinkwasser zu holen, weil bei den Häusern nur Tümpel zum Tränken des Viehs und zum Gießen waren. Um sechs Uhr abends fand dort am Brunnen der Dorf klatsch statt; die unbedeutendsten Ereignisse wurden dort besprochen, man überließ sich endlosen Redereien über den und den, der Fleisch gegessen hatte, über die Tochter von dem und dem, die seit Mariä Lichtmeß schwanger war; und während der beiden Jahre war je nach den Jahreszeiten stets derselbe Klatsch erzählt worden, der wiederkehrte und sich wiederholte: Kinder, die zu zeitig gemacht worden waren, Männer, die sich besoffen, Frauen, die geschlagen wurden, viel Arbeit und trotzdem nur viel Elend. Es war so vieles und gar nichts geschehen.
Die Fouans, deren Güterabtretung die Gemüter erregt hatte, lebten so
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