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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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bißchen, allmählich schon ... Wenn man nicht daran gewöhnt ist!«
    Sie plauderten, sie sprachen von Suzanne, Victors Schwester, die die Lengaignes in eine Schneiderwerkstatt in Châteaudun gesteckt hatten und die sechs Monate später nach Chartres ausgerückt war, um sich auszuleben. Es hieß, sie habe sich mit einem Notariatsschreiber auf und davon gemacht, alle Mädchen von Rognes tuschelten darüber, malten sich Einzelheiten aus. Ausleben, das waren Orgien mit Himbeersaft und Selterswasser inmitten eines wilden Durcheinanders von Männern, Dutzenden von Männern, die einem hintereinander in den Hinterstuben der Weinschenken über den Leib rutschten.
    »Ja, meine Liebe, das ist schon so ... Ach! Die nimmt alles mit!«
    Françoise, die jünger war, riß verblüfft die Augen auf.
    »Das ist mir ein Spaß!« sagte sie schließlich. »Aber wenn sie nicht zurückkommt, werden die Lengaignes bald allein sein, denn auf Victor ist das Los gefallen43.«
    Berthe, die den Haß ihres Vaters zu ihrem eigenen machte, zuckte die Achseln: Das sei dem Lengaigne doch egal! Dem tue nur eines leid, nämlich, daß die Kleine nicht daheim geblieben sei, um sich bei ihm zu Hause umlegen zu lassen und so seinem Tabakladen neue Kunden zu verschaffen. Hatte sie denn nicht schon einer gehabt, bevor sie nach Châteaudun abzog, ein Alter von vierzig Jahren, ein Onkel von ihr, als sie eines Tages gemeinsam Mohrrüben verzogen? Und die Stimme senkend, erklärte Berthe mit den entsprechenden Worten, wie das vor sich gegangen war.
    Françoise, die sich tief bückte, lachte, daß ihr die Luft wegblieb, so drollig kam ihr das vor.
    »Oh, ist das aber dumm, solche Pimpereien zu machen!«
    Sie ging wieder an ihre Arbeit, sie entfernte sich, hob Forken voller Gras hoch und schüttelte sie in der Sonne aus. Man hörte immer noch den anhaltenden Lärm des Hammers, der auf das Eisen schlug. Und als sie einige Minuten später nahe an Victor herangekommen war, sprach sie ihn an.
    »Du gehst also bald zum Militär?«
    »Oh, im Oktober ... Ich habe Zeit, das eilt nicht.«
    Sie widerstand erst dem Verlangen, ihn über seine Schwester auszufragen, aber dann redete sie gegen ihren Willen davon:
    »Stimmt es, was man erzählt, daß Suzanne in Chartres ist?«
    Aber voller Gleichgültigkeit antwortete er:
    »Scheint so ... Wenn ihr das Spaß macht!« Als er in der Ferne Lequeu auftauchen sah, den Schulmeister, der zufällig herzukommen schien und hier herumbummelte, sagte er: »Sieh mal an! Da ist ja einer für Macquerons Tochter ... Was habe ich gesagt? Er bleibt stehen, er steckt seine Nase in ihr Haar ... Na mach nur, dreckiger Hanswurst, du kannst sie ruhig beschnüffeln, du wirst bloß den Geruch von ihr kriegen!«
    Françoise hatte wieder angefangen zu lachen, und Victor zog nun aus Familienhaß über Berthe her. Der Schulmeister sei allerdings nicht viel wert, ein Wüterich, der die Kinder ohrfeige, ein Duckmäuser, dessen Meinung niemand kenne, und der imstande sei, um die Tochter herumzuscharwenzeln, bloß um die Taler des Vaters zu kriegen. Aber bei Berthe sei es trotz des großartigen Gehabes eines in der Stadt erzogenen Fräuleins auch nicht gerade gut um die Moral bestellt. Ja, sie mochte noch so viele Röcke mit Volants und Samtblusen tragen und sich den Hintern mit Handtüchern dicker machen, was drunter steckte, war deshalb nicht besser, im Gegenteil, denn sie wußte recht gut Bescheid über alles, man lernt ja mehr über alles, wenn man in der Pension in Cloyes erzogen wird, als wenn man zu Hause bleibt und die Kühe hütet. Keine Gefahr, daß die sich so bald ein Kind anhängen ließ: lieber richtete sie allein ihre Gesundheit zugrunde.
    »Wieso denn das?« fragte Françoise, die überhaupt nicht begriff.
    Er machte eine Handbewegung; sie wurde ernst, und ohne sich Zwang anzutun, sagte sie:
    »Deswegen also läßt sie immer Dreckigkeiten über euch vom Stapel und hechelt euch durch!«
    Victor hatte wieder angefangen, seine Sense zu dengeln. In dem Lärm machte er seine Witze, und zwischen den einzelnen Sätzen klopfte er.
    »Außerdem, du weißt ja. Nichtsistdran ...«
    »Was?«
    »Berthe, na und ob! – Nichtsistdran, das ist der Spitzname, den die Burschen ihr geben, weil bei ihr nichts dran gewachsen ist.«
    »Was denn nicht?«
    »Haare überall ... Bei ihr ist die Stelle wie bei einem kleinen Mädchen, so glatt wie die Hand!«
    »I wo, du Lügner!«
    »Wenn ich dir's sage!«
    »Hast du's denn gesehen?«
    »Nein, ich nicht, aber

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