Die Erde
ehrenwerter, stolzer, gebildeter machte. Schließlich brachte er im Verhältnis auch mehr Ertrag, und zwar Ertrag von besserer Qualität, weil der Besitzer alle Mühe aufwandte. Aber was für Nachteile andererseits! Zunächst einmal war die Überlegenheit auf übermäßige Arbeit zurückzuführen, Vater, Mutter, Kinder rackerten sich tot. Durch die Aufstückelung wurden viel mehr Fuhren gemacht, was zu einer Verschlechterung der Wege und zu einer Erhöhung der Gestehungskosten führte, von der verlorenen Zeit gar nicht zu reden. Was den Einsatz von Maschinen betraf, so schien er bei den zu kleinen Parzellen unmöglich, die außerdem den Nachteil hatten, den dreijährigen Fruchtwechsel zu erfordern, dessen Anwendung die Wissenschaft bestimmt verwerfen würde, denn es war vernunftwidrig, zwei Getreidesorten hintereinander zu verlangen, Hafer und Weizen. Die übermäßige Aufstückelung schien eine solche Gefahr zu werden, daß man nun, nachdem man sie kurz nach der Revolution in der Furcht vor dem Wiederentstehen großer Ländereien gesetzlich begünstigt hatte, dahin gelangt war, die Bedingungen für den Verkauf von Grund und Boden zu erleichtern, indem man die Steuer dafür herabsetzte. »Hören Sie zu«, fuhr er fort, »der Kampf greift um sich und spitzt sich zu zwischen Großbesitz und Kleinbesitz ... Die einen, ich zum Beispiel, sind für den Großbesitz, weil er mit der immer ausgedehnteren Verwendung von Maschinen, mit dem Umlauf großer Kapitalien dieselbe Richtung einzuschlagen scheint wie Wissenschaft und Fortschritt ... Die anderen dagegen glauben nur an das persönliche Bemühen und preisen den Kleinbesitz, träumen von ich weiß nicht was für einer Bodennutzung im kleinen, bei der jeder seinen Dung selber erzeugt und seinen Viertel Arpent pflegt, seine Saaten allein ausliest, ihnen die Erde gibt, die sie verlangen, und dann jede Pflanze für sich unter der Glasglocke großzieht ... Wer von beiden wird sich durchsetzen? Teufel, wenn ich das ahnte! Ich weiß wohl, wie ich Ihnen bereits sagte, daß rings um mich alle Jahre große Gehöfte, die zugrunde gegangen und in die Hände von Spekulanten geraten sind, aufgeteilt werden und daß der Kleinbesitz an Boden gewinnt. Ich kenne außerdem in Rognes ein sehr merkwürdiges Beispiel, eine alte Frau, die mit weniger als einem Arpent zu richtigem Wohlstand gelangt ist, ja die sogar Annehmlichkeiten für sich und ihren Mann herausschlägt: ja, Mutter Kacke, wie man sie mit Spitznamen nennt, weil sie nicht davor zurückschreckt, ihren Nachttopf und den Nachttopf ihres Mannes auf ihre Gemüsebeete zu entleeren, nach Art der Chinesen, wie's scheint. Aber da handelt es sich kaum um mehr als um Gartenbau. Ich sehe Getreide nicht wie Kohlrüben auf Beeten wachsen; und wenn der Bauer, damit er hat, was er braucht, von allem etwas hervorbringen muß, was würde dann aus unsern Beaucerons werden, die in unserer wie ein Schachbrett in kleine Felder aufgeteilten Beauce einzig und allein Getreide haben? – Kurzum, wer's erlebt, wird ja sehen, wem die Zukunft gehört, dem Großbesitz oder dem Kleinbesitz ...« Er unterbrach sich und schrie: »Und der Kaffee, kriegen wir den heute noch?« Dann zündete er sich seine Pfeife an und sagte abschließend: »Soll man wenigstens nicht sofort alle beide umbringen; dabei ist man nämlich bereits. Sagen Sie, Herr Abgeordneter, daß die Landwirtschaft im Sterben liegt, daß sie bald gestorben sein wird, wenn man ihr nicht zu Hilfe kommt. Von allem wird sie zermalmt: von den Steuern, der ausländischen Konkurrenz, dem ständigen Steigen der Arbeitslöhne, der Entwicklung, die das Geld nimmt, das in die Industrie und in die Wertpapiere fließt. Ach, gewiß, man geizt nicht mit Versprechungen, jeder verschwendet sie, die Präfekten48, die Minister, der Kaiser. Und dann wächst Gras darüber, nichts geschieht. Wollen Sie die volle Wahrheit wissen? Heute bringt ein Landwirt, der dem Schlag standhält, sein Geld oder das Geld der anderen durch. Ich, ich habe ein paar Sous Rücklage, da geht's noch. Aber ich kenne welche, die borgen sich Geld zu sechs Prozent, wo ihre Erde ihnen nicht einmal drei einbringt! Die Pleite ist das unvermeidliche Ende. Ein Bauer, der sich Geld borgt, ist ein erledigter Mann, er muß sogar sein Hemd dabei lassen. Letzte Woche erst hat man einen meiner Nachbarn vom Hof gejagt, den Vater, die Mutter und die vier Kinder auf die Straße geworfen, nachdem die Männer des Gesetzes schon das Vieh, das Land und das Haus
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