Die Erde
Mieder aus dunklem Wollzeug über einem eisengrauen Rock, den eine große Baumwollschürze mit schmalen rosa Streifen durchschnitt; und sie hakten sich nicht unter, sie gingen mit schlenkernden Armen hintereinander im Geschiebe der Menge. Ein Gedränge von Dienstmädchen und Bürgersfrauen herrschte vor den dahockenden Bäuerinnen, von denen jede mit ein oder zwei Körben gekommen war, die sie lediglich auf die Erde hingestellt und geöffnet hatten. Sie erkannten die Frimat, der die Handgelenke wie zerschlagen waren und die von allem etwas in ihren beiden überquellenden Körben hatte, Salatköpfe, Bohnen, Pflaumen, sogar drei lebende Kaninchen. Daneben hatte ein alter Mann soeben ein Wägelchen Kartoffeln abgeladen, die er scheffelweise verkaufte. Zwei Frauen, Mutter und Tochter, die verhurte und stadtbekannte Norine, breiteten auf einem wackeligen Tisch Kabeljau, Salzheringe, saure Heringe zum Verkauf aus, den ausgekippten Bodensatz des Fasses, dessen starke Salzlake einem in die Kehle stach. Und die Rue Grande, die trotz ihrer schönen Geschäfte, ihrer Apotheke, ihrer Eisenwarenhandlung, vor allem trotz ihrer Pariser Neuheiten und des Basars von Lambourdieu die ganze Woche über menschenleer war, war an jedem Sonnabend nicht mehr breit genug, die Läden waren überfüllt, der Fahrdamm war verrammelt durch das Hereinströmen der Händlerinnen.
Gefolgt von Jean, stießen Lise und Françoise auf diese Weise bis zum Geflügelmarkt vor, der in der Rue Beaudonniere war. Dorthin hatten die Gehöfte geräumige Gitterkörbe geschickt, in denen Hähne krähten oder aus denen verstörte Enten ihre Hälse herausstreckten. Tote und gerupfte Hühner reihten sich, in tiefen Kisten geschichtet, aneinander. Außerdem waren da noch Bäuerinnen, von denen jede ihre vier oder fünf Pfund Butter, ihre paar Dutzend Eier, ihre Käse, große Magerkäse, kleine Fettkäse, pikante, aschgraue Käse herbrachte. Mehrere waren mit zwei Paar an den Füßen zusammengebundenen Hühnern gekommen. Damen feilschten, eine große Anlieferung von Eiern verursachte einen Menschenauflauf vor dem Wirtshaus »Au rendezvous des Poulaillers«50. Ausgerechnet unter den Männern, die die Eier abluden, befand sich Palmyre; denn am Sonnabend, wenn es in Rognes an Arbeit fehlte, verdingte sie sich in Cloyes und trug Lasten, bei denen ihr fast das Kreuz brach.
»Das ist aber eine, die ihr Brot verdient!« bemerkte Jean.
Die Menge nahm immer noch zu. Es trafen noch Fahrzeuge über die Landstraße von Mondoubleau ein. Sie zogen in leichtem Trab über die Brücke hinüber. Rechts und links entrollte sich der Loir mit seinen weichen Windungen, floß in gleicher Höhe mit den Wiesen dahin und wurde zur Linken von den Gärten der Stadt gesäumt, deren Flieder und Goldregenbüsche ihre Äste ins Wasser herabhängen ließen. Stromauf lagen eine laut klappernde Lohmühle und eine große Getreidemühle, ein weitläufiges Gebäude, das durch die Gebläse auf den Dächern mit fortwährend auffliegendem Mehl geweißt wurde.
»Na und?« fing Jean wieder an. »Gehen wir jetzt hin?«
»Ja, ja.«
Und sie gingen über die Rue Grande zurück, sie blieben auf dem Place SaintLubin gegenüber der Bürgermeisterei stehen, wo der Getreidemarkt war. Lengaigne, der vier Sack gebracht hatte, stand dort und hatte die Hände in den Taschen. Inmitten eines Kreises von Bauern, die still waren und die Nase gesenkt hielten, redete Hourdequin mit zornigen Gebärden. Man hatte ein Steigen der Preise erhofft, aber selbst der Preis von achtzehn Francs geriet ins Wanken, man befürchtete für den Schluß des Marktes ein Absinken um fünfundzwanzig Centimes. Macqueron ging mit seiner Tochter am Arm vorüber, er im schlecht gereinigten Überzieher, sie im Musselinkleid, mit einem Sträußchen aus Rosen und Maiglöckchen auf dem Hut.
Als Lise und Françoise in die Rue du Temple eingebogen waren und an der Kirche SaintGeorges entlanggingen, an der sich die Jahrmarktshändler mit Kurzwaren und Eisenwaren, mit Wanderlagern von Stoffen niederließen, entschlüpfte ihnen ein Ausruf:
»Oh, Tante Rose!«
Es war tatsächlich die alte Fouan; ihre Tochter Fanny, die an Delhommes Stelle gekommen war, um Hafer abzuliefern, hatte sie in ihrem Wagen mitgebracht, bloß um ihr ein bißchen Abwechslung zu verschaffen. Beide warteten, hatten sich vor der fahrbaren Bude eines Schleifers aufgepflanzt, dem die Alte ihre Scheren gegeben hatte. Seit dreißig Jahren schärfte er sie.
»Sieh mal an, ihr
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