Die Erde
antwortete die Bäuerin.
Er wandte sich ab, er kam zurück, und sie entschloß sich zu reden.
»Das ist ein durch und durch gesundes Tier, das sage ich Euch. Sie wird zu Trinitatis zwei Jahre, und in zwei Wochen wird sie kalben ... Die wäre bestimmt was für Euch.«
»Dreißig Pistolen«, wiederholte er.
Als er sich entfernte, warf sie ihrem Mann einen kurzen Blick zu, sie rief:
»Da, nehmt sie! Weil ich weg muß ... Wollt Ihr sie für fünfunddreißig Pistolen, sofort?«
Er war stehengeblieben, er machte die Kuh schlecht. Die sei nicht gut gebaut, am Kreuz fehle es bei ihr, kurzum ein Tier, das krank gewesen sei und das man zwei Jahre umsonst füttern würde. Dann behauptete er, sie sei am Fuß verletzt, was nicht stimmte. Er log aus purer Freude am Lügen, mit prahlerischer Unredlichkeit, in der Hoffnung, die Bäuerin zu verärgern und benommen zu machen.
Aber sie zuckte die Achseln.
»Dreißig Pistolen.«
»Nein, fünfunddreißig.«
Sie ließ ihn gehen.
Er gesellte sich wieder zu den Frauen, er sagte ihnen, daß sie anbeiße, daß man nun um eine andere Kuh feilschen müsse. Und die Gruppe pflanzte sich vor der großen schwarzen Kuh auf, die ein hübsches Mädchen am Strick hielt. Diese kostete gerade nur dreihundert Francs. Er schien sie nicht zu teuer zu finden, war außer sich vor Entzücken, und jäh kehrte er zur ersten zurück.
»Also, es ist abgemacht, soll ich mein Geld anderswo hintragen?«
»Freilich! Wenn Ihr für Euer Geld so eine Kuh kriegt, aber Ihr kriegt keine ... Da müßt Ihr Euch schon mehr ins Zeug legen.« Und sie bückte sich und faßte das Euter mit der ganzen Hand: »Seht mal, wie niedlich das ist!«
Er gab es nicht zu, er sagte wiederum:
»Dreißig Pistolen.«
»Nein, fünfunddreißig.«
Mit einemmal schien alles abgebrochen. Geierkopf hatte Jeans Arm gefaßt, um deutlich zu verstehen zu geben, daß er das Geschäft fahrenlasse. Die Frauen gesellten sich wieder zu ihnen, waren aufgeregt und fanden, daß die Kuh die dreihundertfünfzig Francs wert war. Besonders Françoise, der das Tier gefiel, sagte, sie wolle zu diesem Preis den Handel abschließen. Aber Geierkopf wurde ärgerlich: Solle man sich denn so betrügen lassen? Und eine Stunde lang hielt er stand bei aller Angst der Kusinen, die jedes Mal zitterten, wenn ein Käufer vor dem Tier stehenblieb. Auch er ließ nicht ab, die Kuh heimlich von der Seite zu betrachten; aber das gehörte zu den Spielregeln, man mußte was vertragen können. Todsicher würde niemand so schnell sein Geld rausrücken: man würde ja sehen, ob es einen Dummkopf gab, der mehr als dreihundert Francs für die Kuh bezahlte. Und tatsächlich ließ sich noch immer kein Geld blicken, obwohl der Markt allmählich zu Ende ging.
Auf der Landstraße wurden nun die Pferde vorgeführt. Ein Schimmel jagte dahin, angefeuert vom kehligen Schrei eines Mannes, der ihn an der Leine hielt und neben ihm hergaloppierte, während sich Patoir, der im Gesicht aufgedunsene und hochrote Tierarzt, mit dem Käufer an der Ecke des Platzes hingepflanzt hatte, beide Hände in den Taschen hielt, zusah und mit lauter Stimme Ratschläge erteilte. Die Schenken brausten von einer unausgesetzten Woge von Trinkern, die während der unendlichen Debatten beim Feilschen hineingingen, herauskamen, wieder hineingingen. Das war der Höhepunkt des Gedrängels und des Lärms, man verstand sein eigenes Wort nicht mehr: ein Kalb, das von seiner Mutter getrennt worden war, muhte ohne Ende; in der Menge rannten Hunde – schwarze Affenpinscher, große gelbe Pudel – heulend davon, weil man sie auf die Pfote getreten hatte; in dem hin und wieder jäh eintretenden Schweigen war nichts weiter zu hören als ein Schwarm Raben, die durch den Lärm aufgescheucht worden waren und krächzend um die Kirchturmspitze kreisten. Und den warmen Viehdunst übertönend, drang ein heftiger Geruch nach verbranntem Horn, ein Pesthauch, aus einer Hufschmiede in der Nachbarschaft, wo die Bauern die Gelegenheit des Markttages ausnutzten, um ihre Tiere beschlagen zu lassen.
»Na? Dreißig?« sagte Geierkopf immer wieder, ohne zu ermüden, und trat abermals an die Bäuerin heran.
»Nein, fünfunddreißig!«
Da ein anderer Käufer dabeistand, der ebenfalls feilschte, packte er die Kuh bei den Kinnladen, riß sie ihr gewaltsam auf, um sich die Zähne anzusehen. Dann ließ er sie los und schnitt eine Grimasse. Das Tier hatte gerade angefangen zu misten, die Fladen fielen weich herab; und er sah ihnen nach, seine
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