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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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die Ohren platzten.
    »Willst du zwanzig Francs dafür?« fragte Geierkopf den Verkäufer.
    »Nein, dreißig!«
    »Au verflixt! Kannst du dir an den Hut stecken.«
    Und fidel und sehr lustig kam er auf die Frauen zu und lachte seiner Mutter, seiner Schwester und seinen beiden Kusinen vor Freude ins Gesicht, ganz so, als sei er erst am Vorabend von ihnen fortgegangen. Übrigens blieben sie alle friedfertig und schienen sich nicht an die beiden Jahre Streit und Zwistigkeit zu erinnern. Bloß die Mutter, der man von der ersten Begegnung in der Rue Grouaise erzählt hatte, sah ihn mit ihren eng beieinanderstehenden Augen an und suchte in seinem Gesicht zu lesen, warum er zum Notar gegangen war. Aber das war ihm nicht anzumerken. Beide taten darüber nicht den Mund auf.
    »Na, Kusinchen«, fing er an, »du kaufst also eine Kuh? – Jean hat mir das erzählt ... Und seht mal, da ist eine, oh! Die stämmigste, ein Prachttier!« Er zeigte genau auf die schwarz und weiß gescheckte Kuh aus dem Contentin.
    »Vierzig Pistolen, na dankeschön«, murmelte Françoise.
    »Vierzig Pistolen für dich, Kleine!« sagte er und versetzte ihr einen Klaps auf den Rücken, bloß so zum Spaß.
    Aber sie ärgerte sich, sie gab ihm mit vor Groll wütender Miene seinen Klaps zurück.
    »Laß mich in Frieden, he! Ich laß mich mit Männern nicht aufs Spielen ein.«
    Jetzt war er hoch aufgekratzter, er drehte sich zu Lise um, die ernst geblieben und etwas blaß war.
    »Und du, möchtest du, daß ich mich mit diesem Kauf befasse? Ich wette, daß ich sie für dreißig Pistolen kriege ... Wettest du hundert Sous?«
    »Ja, ich möchte schon ... Wenn es dir Spaß macht, mal zu versuchen ...«
    Rose und Fanny stimmten mit einem Kopfnicken zu, denn sie wußten, daß Geierkopf wild war beim Handeln, starrköpfig, unverschämt, verlogen, betrügerisch, daß er die Sachen zum dreifachen Preis verkaufte und selbst alles fast umsonst erhandelte. Die Frauen ließen ihn also mit Jean vortreten, während sie hinten blieben, damit es nicht aussehe, als gehöre er zu ihnen.
    Auf der Seite, auf der das Vieh stand, nahm die Menge zu, die Gruppen verließen die von der Sonne beschienene Mitte des Platzes, um sich in die Alleen zu begeben. Dort herrschte ein ständiges Kommen und Gehen, das Blau der Kittel verschmolz mit dem Schatten der Linden, unstete Blattflecke ließen die roten Gesichter grün erscheinen. Übrigens kaufte noch niemand, nicht ein Verkauf hatte stattgefunden, obwohl der Markt seit einer Stunde eröffnet war. Man gab sich andächtiger Sammlung hin, man tastete sich ab. Aber über den Köpfen zog im lauen Wind ein Getöse vorüber. Das kam von zwei nebeneinander angebundenen Pferden, die sich unter wütendem Gewieher aufbäumten und sich bissen und dabei mit den Hufen auf dem Pflaster scharrten. Man bekam Angst, Frauen entflohen, während heftige, wie Schüsse knallende Peitschenhiebe, die von Flüchen begleitet wurden, die Ruhe wieder herstellten. Und auf die Erde, auf die durch die Panik frei gewordene Fläche, ließ sich ein Schwärm Tauben nieder, die rasch umhertrippelten und den Hafer aus den Pferdeäppeln herauspickten.
    »Na, Mutter, für wieviel verkauft Ihr sie denn?« fragte Geierkopf die Bäuerin.
    Die hatte die beiden gesehen und wiederholte seelenruhig:
    »Vierzig Pistolen.«
    Zunächst nahm er das als Spaß, er scherzte, er wandte sich an den Mann, der immer noch abseits und stumm dastand.
    »Sag mal, Alter, dein Weib ist wohl mit inbegriffen bei diesem Preis?« Aber während er seine Witze machte, musterte er die Kuh von nahem; er fand sie so, wie sie sein muß, um eine gute Milchkuh abzugeben: der Kopf knochig, mit schlanken Hörnern und großen Augen, der Bauch etwas stark, von großen Adern durchfurcht, die Glieder eher schmächtig, der Schwanz dünn, sehr weit oben angesetzt. Er bückte sich, vergewisserte sich über die Länge des Euters und die Schmiegsamkeit der Zitzen, die im Viereck angeordnet und gut durchlöchert waren, Eine Hand auf das Tier gestützt, begann er dann mit dem Handel und tastete dabei gleichsam mechanisch die Knochen der Kruppe ab. »Vierzig Pistolen, he? Das ist ja ein Witz ... Wollt Ihr dreißig Pistolen?« Und seine Hand vergewisserte sich über die Stärke und die gute Anlage der Knochen. Sie ging dann hinunter, schlüpfte zwischen die Schenkel, an jene Stelle, wo die nackte Haut von schöner Safranfarbe auf Milch im Überfluß schließen ließ. »Dreißig Pistolen, geht das?«
    »Nein, vierzig«,

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