Die Erde
Gemeinderat hatten ein Interesse an der Frage; und was Lengaigne betraf, so war er heftig gegen das Projekt, weil er erstens nichts dabei zu gewinnen hatte und außerdem verzweifelt darüber war, daß sein Rivale, der Stellvertretende Bürgermeister, etwas dabei gewann. Wenn Clou und der andere, die beide noch schwankten, dagegen stimmten, so würde es drei zu drei stehen. Hourdequin wurde unruhig. Schließlich begann die Diskussion.
»Wozu ist das nütze? Wozu ist das nütze?« fragte Lengaigne immer wieder. »Wo wir doch schon eine Landstraße haben! Das hieße das Geld zum Spaß ausgeben, es aus Jeans Tasche holen, um es in Pierres Tasche zu stecken ... Außerdem hast du versprochen, dein Gelände zu schenken.«
Das war ein auf Macqueron abzielender heimtückischer Hieb. Aber der bereute bitter seine Anwandlung von Freigebigkeit und log unverfroren:
»Ich, ich habe gar nichts versprochen ... Wer hat dir das gesagt?«
»Wer? Na, du doch, Himmelsakrament! – Und zwar im Beisein von Leuten! Da! Herr Lequeu war dabei, er kann's bezeugen ... Nicht wahr, Herr Lequeu?«
Der Schulmeister, der wütend war, daß man ihn so lange auf die Antwort auf sein Gesuch warten ließ, brachte durch eine Handbewegung seine heftige Verachtung zum Ausdruck. Ging ihn das denn was an, denen ihre dreckigen Geschichten?
»Stimmt also!« fuhr Lengaigne fort. »Wenn es keine Ehrlichkeit mehr auf Erden gibt, dann lieber in den Wäldern leben! – Nein, nein! Ich will euern Weg nicht! Ein hübscher Betrug!«
Als der Bürgermeister sah, daß die Dinge eine Wendung zum Schlechten nahmen, schritt er schleunigst ein:
»Das alles ist Gerede. Wir brauchen uns nicht auf private Streitigkeiten einzulassen ... Das öffentliche Interesse, das gemeinsame Interesse muß uns leiten!«
»Klar«, erklärte Delhomme weise. »Die neue Landstraße wird der ganzen Gemeinde große Dienste erweisen ... Man müßte bloß Bescheid wissen. Der Präfekt hat uns immer gesagt: ›Stimmen Sie über eine Summe ab, wir werden hinterher sehen, was die Regierung für Sie tun kann.‹ Und wenn sie nichts tut, wozu sollen wir dann unsere Zeit mit Abstimmen vertun?«
Da glaubte Hourdequin mit der großen Neuigkeit herauskommen zu müssen, die er in Reserve hielt:
»Bei dieser Gelegenheit, meine Herren, gebe ich Ihnen bekannt, daß sich Herr de Chédeville verpflichtet, bei der Regierung eine Beihilfe in Höhe der Hälfte der Ausgaben zu erwirken ... Sie wissen, daß er der Freund des Kaisers ist. Er braucht mit ihm bloß beim Nachtisch über uns zu sprechen.«
Sogar Lengaigne war dadurch schwankend geworden, alle Gesichter hatten einen verklärten Ausdruck angenommen, als werde das Allerheiligste vorübergetragen. Und die Wiederwahl des Abgeordneten war auf alle Fälle gesichert: der Freund des Kaisers war der Richtige, der, wenn es um Stellungen und Geld ging, an der Quelle saß, der bekannte, ehrenwerte, mächtige Mann, der Herr und Meister! Es wurde übrigens nur mit dem Kopf genickt. Diese Dinge verstanden sich von selbst, warum sie aussprechen?
Hourdequin blieb jedoch besorgt darüber, daß Clou sich stumm verhielt. Er stand auf, warf einen Blick nach draußen; und als er den Feldhüter erblickte, trug er ihm auf, Vater Loiseau zu suchen und ihn herzubringen, tot oder lebendig. Dieser Loiseau war ein alter tauber Bauer, der Onkel von Macqueron, der ihn zum Mitglied des Gemeinderats hatte wählen lassen, zu dessen Sitzungen er niemals kam, weil ihm bei so was der Schädel dröhne, wie er sagte. Sein Sohn arbeitete auf La Borderie, er war ganz und gar dem Bürgermeister ergeben. Deshalb begnügte sich dieser, sobald Loiseau verstört erschien, ihm laut in ein Ohr zu schreien, daß es um die Landstraße ginge. Schon schrieb jeder linkisch seinen Stimmzettel aus, hielt die Nase dicht über das Papier, hatte die Arme breit gemacht, damit die anderen nichts lesen konnten. Dann wurde in einer kleinen Fichtenholzschachtel, die einem Opferstock in der Kirche glich, die Abstimmung über die Hälfte der Kosten vorgenommen. Es kam eine überwältigende Mehrheit zustande, sechs Stimmen waren dafür, eine einzige dagegen, die von Lengaigne. Clou, dieser Trottel, der hatte doch dafür gestimmt. Und die Sitzung wurde aufgehoben, nachdem jeder im Buch das Protokoll der Beratung unterschrieben hatte, das der Schulmeister im voraus ausgefertigt und dabei das Abstimmungsergebnis offengelassen hatte. Alle gingen gewichtig davon, ohne einen Gruß, ohne einen Händedruck, und liefen
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