Die Erfinder des guten Geschmacks
sehen sein, denn die Farbe wird so durchsichtig sein wie ein orientalischer Rubin.
So ausgezeichnet wird die Farbe sein – und der Geschmack noch mehr –, dass es Kranken und Gesunden gleichermaßen gegeben werden kann.
Ob Horoskope, Zahnpflege oder Marmeladenrezepte: Nostradamus versuchte sich an vielem mit Erfolg.
Die Urgroßeltern des Lebensmittelrechts
Auch in Deutschland gab es Neues. Der Autor der Nürnberger Küchenmaistrey aus dem Jahr 1485 färbte Teig mit Kornblumen oder Kräutern und gab eine Anleitung für eine Bratenfüllung, die auch heute niemanden schocken würde: Zwei Eier werden gekocht, mit gehackter Petersilie, Weintrauben, gebratenen Äpfeln und gebratenen Birnen gemischt und mit einem rohen Ei, Gewürzen, Safran und Salz durchgeknetet. Gehackter Speck oder Schmalz sind optional.
Mit Vergnügen wurde auch Biberschwanz verspeist – wir erinnern uns: Für Fastentage waren Tiere gefragt, die ihren Lebensraum zumindest zeitweise im Wasser fanden.
B IBERSCHWANZ AUS DER N ÜRNBERGER K ÜCHENMAISTREY
Biberschwanz wird gut gebraten und mit Ingwer bestreut aufgetragen.
Willst du ihn aber sieden, musst du eine gute Pfeffersauce oder eine Sauce, mit Lebkuchen gebunden, dazugeben und darauf wohlgestoßenen Pfeffer verteilen.
Fische, Krebse und Biberschwänze sind besser gesotten mit gutem Wein denn mit Wasser oder mit Bier oder reinem Essig.
Item es sagen die Meister, dass alle fetten Speisen und fetten Dinge dem Menschen schaden, am schädlichsten aber seien die fetten Fische – aber trockenes Brot essen ist ebenfalls schädlich.
Ebenfalls aus Deutschland kam die älteste heute noch gültige lebensmittelrechtliche Bestimmung. Es handelt sich natürlich um das Reinheitsgebot für Bier von 1516. Streng genommen kann nach diversen Beschlüssen auf Europa-Ebene mittlerweile leider nur noch von »mehr oder minder gültig« die Rede sein.
Das deutsche Reinheitsgebot war ursprünglich ein bayerisches Reinheitsgebot. Es besagt ganz klar, dass Gerste (Malz), Hopfen und Wasser ins Bier gehören. Eine weise Entscheidung, durch die gleichzeitig der Weizen und Roggen für die Bäcker (und damit für die Lebensmittelversorgung) reserviert und andere, kuriose Biervarianten verboten wurden: Ruß für Dunkelbiere, Biere mit Bilsenkraut oder (giftiger und psychoaktiver) Tollkirsche – die mittelalterlichen Braumeister kannten viele Rezepte, von denen einige der Gesundheit der Trinker nicht sonderlich zuträglich waren. Hopfen hingegen galt schon damals als beruhigend. Wörtlich heißt es in der Bayerischen Landesordnung von 1516:
»Ganz besonders wollen wir, dass forthin allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen. Wer diese unsere Androhung wissentlich übertritt und nicht einhält, dem soll von seiner Gerichtsobrigkeit zur Strafe dieses Fass Bier, so oft es vorkommt, unnachsichtlich weggenommen werden.«
Ähnliche »regionale Reinheitsgebote« existierten in vielen Städten und sind teilweise weit älter als die bekannte Regelung: In Augsburg etwa regelten bereits 1156 Vorschriften die Kunstdes Biermachens. In Köln schworen die Braumeister 1429 einen feierlichen Eid, dass sie nur Gerste, nicht aber hohle Spelze (also die harte Hülle der Gerste) oder Hafer vermälzten.
Das Reinheitsgebot und seine Vorläufer sind sozusagen die Urgroßeltern des Lebensmittelrechts.
Die Welt wird größer
Das 16. Jahrhundert gilt als Zeitalter der großen Entdecker. Im Jahr 1492 entdeckte Christoph Kolumbus »die neue« Welt Amerika. Eigentlich entdeckte er sie wieder, denn Leif Eriksson hatte ja auch schon Ende des 10. Jahrhunderts den Fuß auf amerikanischen Boden gesetzt. Im Jahr 1502 erreichte Vasco da Gama als erster Europäer Indien auf dem Seeweg. Der Portugiese Ferdinand Magellan wiederum entdeckte die Meerenge, die Atlantik und Pazifik verbindet, kam aber auf seiner Weltumsegelung ums Leben.
Die Erde war innerhalb eines Jahrzehnts wesentlich größer geworden, was den Seefahrernationen neue, bisher ungeahnte Möglichkeiten zum Handel eröffnete.
Die Spanier suchten Gold und Silber und fanden neben Edelmetallen vieles, was mindestens genauso wertvoll war: Nahrungsmittel. Keine Kartoffel, keine Tomate, keine Schokolade, keinen Mais in Europa ohne Kolumbus.
Und ständig kamen neue Zutaten und Entdeckungen hinzu. Der deutsche Arzt Leonhard Rauwolf lernte Ende des 16. Jahrhunderts in
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