Die Erfinder Des Todes
liegend. Die Tweed-Jacke sah aus, als wäre sie einmal teuer gewesen, als sie neu war, aber das musste schon lange her sein. Sie passte ihm so gut, dass sie sogar wie maßgeschneidert aussah, aber heutzutage, wo Secondhandläden für einen wohltätigen Zweck gute Sachen verkauften und in jeder Verkaufsstraße wie Pilze aus dem Boden schossen, hatte das nichts zu bedeuten. Der Kragen seines karierten Hemds war an der Innenseite etwas ausgefranst. Er legte die langen Finger in endloser und sinnloser Folge immer wieder neu ineinander.
Sein Gesamteindruck war der großer Intensität hinter einer Fassade von Bedürftigkeit, die aber zugleich etwas Vornehmes hatte.
»Sie haben bestimmt schon ein Team ausgeschickt, das meine Wohnung durchsuchen soll«, stellte er mit einem Grinsen fest, das einen Mundwinkel zucken ließ. »Das ist Zeitverschwendung. Sie werden nichts finden außer alten Zeitungen.
Was jeder haben könnte, der ein bisschen nachlässig mit dem Entsorgen von Papier ist.«
»Wir werden ja sehen«, sagte Duvall.
»Sie werden nichts sehen, Detective Chief Inspector Duvall«, sagte er und ließ sich ihren Titel auf der Zunge zergehen. »Wie ist Ihr Vorname? Irgendein hübscher für ein liebes Mädchen, wette ich, und Sie hassen ihn. Also, Detective Chief Inspector, ich bin Ihr schlimmster Alptraum.«
Duvall erlaubte sich ein nachsichtiges Lächeln. »Ich glaube nicht, Mr. Redford.«
»0 doch. Ich habe diese Morde begangen, verstehen Sie. Ich gebe es freiwillig zu. Und ich werde Ihnen sagen, was und wie ich es genau gemacht habe. Aber nur bis zu einem bestimmten Punkt. Ich werde Sie nicht zu Beweisstücken führen, ich werde Ihnen nicht von Orten erzählen, wo Sie nach Zeugen suchen können. Haben Sie eine Ahnung, wie viele Touristenbetten es in Edinburgh gibt? Damit könnten Ihre Kollegen dort oben sich eine Weile amüsieren. Nein, Detective Chief Inspector, Sie werden nur das bekommen, was ich zugebe.« Er grinste und zeigte kleine Schneidezähne wie die Milchzähne eines Kindes.
»Sie werden großen Spaß mit der Staatsanwaltschaft haben.
Keine Beweise, nur ein Geständnis. Ach du guter Gott.«
Duvall schien sich zu langweilen. »Gut. Können wir also zum Geständnis kommen?«
Redford sah einen Moment gekränkt aus. Dann erhellte sich sein Gesichtsausdruck. »Ich sehe, was Sie vorhaben«, sagte er trium-phierend. »Sie versuchen mich aufzubringen, indem sie mir das Gefühl vermitteln, dass Sie mich links liegen lassen. Na ja, ich will Ihnen mal was sagen, ich habe genug gelesen und genug gesehen, um all Ihre Tricks zu durchschauen, DCI Duvall. Sie werden mich nicht drankriegen. Also, ich verstehe mich als Geschichtenerzähler. Lassen Sie uns daher mit dem Anfang beginnen.«
»Nein«, unterbrach ihn Duvall abrupt. »Versuchen wir doch mal eine radikalere Erzählweise. Lassen Sie uns mit dem Ende beginnen, mit Georgia Lester.«
»Ooooh.« Redford ließ einen gedehnten Laut der Bewunderung hören. »Da werde ich aber Erzähltechnik anwenden müssen!
Aber wollen Sie nicht hören, warum ich so radikal gegen Thrillerautoren eingestellt bin?«
Duvall zog sein Flugblatt aus ihrer einfachen, praktischen schwarzen Handtasche. »Ich zeige Mr. Redford eines der Blätter, die er heute Nachmittag auf einer Pressekonferenz der Polizei verteilt hat«, sprach sie auf das Band. »Ich nehme an, die Gründe sind hier erklärt? Sie schickten ihnen Ihre Romane in der Hoffnung, dass sie Ihnen helfen würden. Aber sie haben Ihnen nicht nur keine Beachtung geschenkt, sondern Sie glauben sogar, dass sie Ihnen Ihre Geschichten gestohlen und Ihre Werke abgeschrieben haben. Ist das eine zutreffende Zusammenfassung?« Sie sprach schnell und energisch. Er war so voller Selbstbewusstsein, dass sie bestenfalls hoffen konnte, ihn etwas zu verunsichern. Darauf steuerte sie nun genau zu. Sie spürte den Adrenalinstoß, den Zustand produktiver Anstrengung, der sie gespannt sein ließ wie einen Flitzbogen. Es kam so selten vor, dass sich ein Verhör auch nur ansatzweise zu einer Herausforderung entwickelte, und Duvall genoss die Konfrontation.
»Ja, schon«, sagte er, aber mit einem Tonfall leichter Unzufriedenheit. »Aber wollen Sie nicht mehr darüber wissen, warum ich angefangen habe? Das sollte Sie doch interessieren.«
Sie zuckte die Achseln. »Die Motivation wird in der Kriminalliteratur überschätzt, Mr. Redford. Erinnern Sie sich an jenen praktischen Arzt in Manchester? Harold Shipman? Er wurde verurteilt, weil er fünfzehn
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