Die Erfinder Des Todes
Form annahm. Ein stämmiger Mann mit auffallend rotem Haar und einem sommersprossigen, vom Wind an der Ostküste geröteten Gesicht. Helle, blaue Augen, die von ungewöhnlich dunklen Wimpern eingerahmt waren. Eine Knopfnase und ein kleiner, spitzer Mund. Detective Sergeant Alexander Galloway von der Fife Police. Sofort fühlte sie sich ein Dutzend Jahre in ein dunkles, düsteres Pub in St. Andrews zurückversetzt, wo er sich mit ihr getroffen hatte, damit sie ihn zur Ermordung Lesleys befragen konnte. Er hatte anfangs gar nichts mit dem Fall zu tun gehabt, aber zu der Überprüfung sechs Monate nach der Tat wurde er dem Team zu-geteilt, das sich damit befasste. Er hatte ihr nichts Neues sagen können.
Jetzt starrte sie ihn überrascht an. Sie hatte sich nichts dabei gedacht, als Duvall erklärte, Detective Superintendent Sandy Galloway sei Leiter der Ermittlungen in der Mordsache Drew Shand. Aber es konnte kein Zweifel bestehen. Die roten Haare waren zwar zu einem stumpfen, ingwerfarbenen Grau verblasst, und sein rotes Gesicht hatte inzwischen einen bläulichen Anflug, der bestimmt seinem Arzt Sorge bereitet hätte, falls er je Zeit fand, zu ihm in die Sprechstunde zu gehen. Aber die Augen waren noch genauso hellblau und von den außergewöhnlich dunklen Wimpern umrahmt. Die Stupsnase war eine Ansammlung von roten Äderchen wie Jackson Pollocks Spritzer, und der Mund war noch miss-billigender verzogen, als sie ihn in Erinnerung hatte. Na klar, dachte sie, ein Dutzend Jahre raue Polizeiarbeit konnten einem Mann ganz schön zusetzen. Er blickte auf sie hinunter und lächelte kurz. »Nein, nein, Frau Doktor, Sie verstehen das ganz falsch. Diesmal haben wir Sie kniefällig zu bitten«, sagte er heiter.
Fiona stand auf. »Ich wusste überhaupt nicht ... ich habe gerade den Telefonanschluss gesucht.«
Galloway sagte missbilligend: »Na, das hätte Murray aber erledigen sollen.«
»Ich glaube, das Erledigen ist nicht Murrays Stärke«, sagte Fiona ironisch. »Wenigstens nicht für ältere Damen. Ich warte immer noch auf meinen Kaffee.«
Galloway warf den Kopf zurück und lachte lautlos. »Aha, Sie sind mit den Jahren aber viel klüger geworden.«
»Beobachtungsgabe, das bringt der Beruf so mit sich, das ist alles. Aber ich bin wirklich überrascht, Sie wiederzusehen.«
Fiona streckte ihm die Hand hin. Galloways Händedruck war trocken und fest.
»Ich erwähnte DCI Duvall gegenüber, dass wir uns kennen, ich dachte, sie hätte es Ihnen gesagt.«
»Ich glaube, DCI Duvall hält uns alle gern auf Zack«, sagte Fiona so neutral wie möglich.
»Ja, na ja. Es hat mir so Leid getan, wissen Sie. Dass wir nie jemanden festnehmen konnten wegen der Ermordung Ihrer Schwester.«
Fiona wandte den Blick ab. »Ich werde nicht so tun, als sei ich damals nicht zornig gewesen. Aber heute verstehe ich besser, wie schwer es ist, einen Serientäter zu finden.« Sie schaute ihm wieder in die Augen. »Ich nehme Ihnen das nicht mehr übel. Sie haben Ihr Bestes getan.«
Galloway rieb sich mit dem Zeigefinger seitlich die Nase. »Ja, na ja. Aber ich habe von Ihnen etwas Wichtiges gelernt.«
»Wirklich?«
»Ja. Man darf nie vergessen, dass die Ermordeten Familien haben, die wissen müssen, was passiert ist. Man sollte das immer vor Au-gen haben.« Er räusperte sich. »Jedenfalls, es ist sehr nett von Ihnen, dass Sie so kurzfristig zu uns gekommen sind. Ich habe veranlasst, dass einer meiner Leute die Akten des Mordfalls herunterbringt. Wollen Sie sonst irgendetwas sehen?«
Fiona machte den Reißverschluss der Laptophülle auf. »Ich möchte gern etwas Zeit in Drew Shands Wohnung verbringen.«
»Sie ist schon gründlich durchsucht worden, wissen Sie.«
Stirnrunzelnd beugte er sich vor, die Fäuste auf dem Schreibtisch. Normalerweise wäre es eine aggressive Pose gewesen, aber bei Galloway wirkte sie jetzt wie ein Zeichen von Beflissenheit.
Sie sah ihm fest in die Augen. »Ich möchte nur gern sehen, was für ein Gefühl ich dort habe. Und ich will mich vergewissern, dass nichts dort ist, was Drew Shand und Charles Redford verbindet.«
Wie auf ein Signal klopfte es an der Tür, und ein uniformierter Constable rollte einen Handwagen herein, der mit Akten beladen war. Er brachte sie zum Schreibtisch.
»Ist das alles, Sir?«, fragte er. Galloway schaute Fiona fragend an.
»Kaffee«, sagte sie. »Entweder zeigen Sie mir die Richtung, wo es zum besten Kaffee im Haus geht, oder Sie lassen mir jede Stunde eine Tasse bringen.«
»Sie
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