Die Erfinder Des Todes
werden konnten.
Es war Fiona aufgefallen, dass der Mörder bereit war, von seiner Vorlage abzuweichen. Bei jedem Fall gab es einen wesentlichen Unterschied zu der im Buch geschilderten Vorgehensweise und zu dem Weg, den der Mörder eingeschlagen hatte. Bei Drew Shand war der Fundort der Leiche ein anderer. Obwohl es in der Nähe Orte gab, die besser zu der genauen Beschreibung im Buch gepasst hätten, war die Leiche an einer anderen Stelle hingelegt worden, wahrscheinlich weil es eine besser versteckte Stelle war und der Killer direkt hinfahren konnte. Bei Jane Elias war die an einem lebenden Opfer vorgenommene Folter zu der Verstümmelung einer Leiche umgewandelt worden. Entweder hatte der Mörder sich bei seinem Angriff getäuscht, oder ihm fehlte der Mumm für ein derart sadistisches Experiment. Fiona neigte zur letzteren Ansicht, weil es zu dem Element pragmatischen Denkens in der früheren Variante passte.
In Georgias Fall bestand die Abweichung darin, dass der Kopf beim Opfer gelassen wurde. Außerdem gab es laut Duvall keine Anzeichen, dass der Killer sich sklavisch ans Buch gehalten hatte. Es gab keinen Hinweis darauf, dass er mit dem abgetrennten Kopf Sex gehabt hatte. Wieder schien eine Mischung aus Empfindlichkeit und Zweckdenken eine Rolle zu spielen. Denn wenn der Mörder sicher sein wollte, dass seine Handlungen als die seinen erkannt wurden, musste er garantieren, dass sich das Fleisch im Lagerhaus unverkennbar als die Überreste Georgia Lesters erkennen ließ. Er hatte also entsprechende Änderungen vorgenommen.
Zwar nicht gerade eine persönliche Markierung, aber ein gewisses Muster lag vor. Mit dieser neuen Erkenntnis vor Augen näherte sich Fiona Drews Wohnung zuversichtlicher als zuvor. Vielleicht würde sich dort neues Material finden lassen.
Am späten Nachmittag war Murray geschickt worden, um sie durch den Verkehr der Rushhour zu Drew Shands Wohnung in der New Town zu fahren. Er schloss ihr auf und verabschiedete sich dann mit der Bitte, sie solle hinter sich abschließen und die Schlüssel am Morgen nach St. Leonard's mitbringen.
Es war eine schöne Wohnung, dachte sie. Die Räume waren elegant geschnitten, das Wohnzimmer und das größere Schlafzimmer hatten kunstvolle Gipsfriese. Das Schlafzimmer ging nach Westen auf den großen Stadtpark mit Rasen und alten Bäumen hinaus, die hinter einem Eisengitter zu sehen und durch die Straße von den umgebenden Häusern getrennt waren. Die Wohnung war aufwendig mit schweren Vorhängen und bequemen Möbeln ausgestattet. Gerahmte Kinoposter von alten Kriminalfilmen schmückten die Wände, und dieses Interesse war auch an der Videosammlung zu erkennen, die das ganze Bücherregal im Wohnzimmer füllte. Trotz dieser Dinge und auch trotz der Bücher, die in dem fast klinisch ordentlichen Arbeitszimmer standen, wirkte die Wohnung eher wie eine Dekoration für einen Zeitschriftenartikel als wie ein richtiges Zuhause. Sogar das Bad war unnatürlich gut aufgeräumt, alles, was normalerweise herumstand, war in schönen Schränken mit Spiegelflächen und Chrom verschwunden. Nicht einmal eine angefangene Tube Zahnpasta störte die makellose Ordnung.
So viel fand Fiona bei ihrem ersten Gang durch die Wohnung heraus. Aber sie war keine Verhaltenspsychologin. Es war nicht ihre Aufgabe das Verbrechen zu verstehen, indem sie das Opfer verstand. In diesem Fall war es ihr vordringliches Ziel, etwas in Drew Shands Leben zu finden, das ihn mit Charles Cavendish Redford verband. Sie wusste, die Polizei hatte die Wohnung gründlich durchsucht, aber damals hatte man nach einer Verbindung zur schwulen S&M-Szene gesucht, nicht nach dem Schreiben eines frustrierten Autors.
Sie zog den Stuhl vom Schreibtisch an den Aktenschrank heran und fing an, die Akten durchzusehen. In der unteren Schublade waren persönliche Papiere – zur Hypothek aufs Haus, zu Bank-konten, Rechnungen, Autoversicherung, all dem, was üblicher-weise im modernen Leben anfiel. Die nächste Schublade enthielt eine Reihe von Hängedateien, die sich auf Drews veröffentlichte Bücher und solche, die er in Arbeit hatte, bezogen. Sie schaute die Unterlagen schnell durch im Hinblick auf die unwahrscheinliche Möglichkeit, dass er wirklich eine Idee von Redford gestohlen haben könnte. Aber es gab nichts, das auf irgendetwas anderes als seine eigene Phantasie als Quelle seiner Stoffe hinwies.
Die obere Schublade war für Korrespondenz. Es gab Aktenordner für seinen Agenten, seinen Verleger, seine
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