Die Erfinder Des Todes
netter Promi über den Gartenweg gerollt und wie ein alter, schlapper Teppich hinten in den Geländewagen geworfen würde. Er sah auf seine Uhr. Eine halbe Stunde sollte genügen.
Dann würden sie unterwegs sein auf der langen Fahrt nach Hause.
Kapitel 46
Der Videoraum war so modern und hochtechnisiert wie die Anlage eines Fernsehsenders. Steve wusste zwar nicht, wie es den für die Technik Verantwortlichen gelungen war, die Mittel für eine so raffinierte Abteilung zusammenzubekommen. Aber dieses eine Mal fand er, dass jeder Pfennig sich lohnte, der dafür von konkreteren Formen der Polizeiarbeit abgezogen worden war. Er saß neben einem Techniker, der ihm die Videos von Susan Blanchards Begräbnis erklärte.
Es war ein strahlender, sonniger Tag gewesen, was der trauernden Familie und den Freunden zweifellos grotesk und unpassend vorgekommen sein musste, andererseits aber die Arbeit des Kameramanns von der Polizei leichter machte. Drei Videokameras waren in diskreter Entfernung vom Grab aufge-stellt worden. Man hatte die alten Eiben, die den Friedhof säumten, als Deckung genutzt. Gefilmt wurde, wie die Trauernden bei der Kirche ankamen und sich dann zur eigentlichen Beerdigung am Grab versammelten. Auch nachdem die Menge sich zerstreut hatte, blieb eine Kamera noch eingeschaltet, die das Grab für den Rest des Nachmittags filmte.
Steves Augen blickten gebannt auf die Leinwand, als das Video langsam abgespielt wurde. Hin und wieder bat er, das Bild anzu-halten und heranzuzoomen, damit er die einzelnen Trauernden besser erkennen konnte. Das erste Band hatte nichts Konkretes gebracht, obwohl es zweimal Rückansichten einer Person gab, die Coyne hätte sein können.
Als sie halb durch das zweite Band waren, brannten seine Augen vor Ermüdung. »Ich muss eine Pause machen«, sagte er zu dem Techniker, schob den Stuhl zurück und reckte sich. »Geben Sie mir zehn Minuten.«
Er verließ den Videoraum und ging die zwei Treppen zu seinem Büro hinauf. Auf seinem Schreibtisch lag ein dickes braunes Kuvert, auf dem mit schwarzem Filzstift gekritzelt stand:
»Dringend, z. Hd. Detective Superintendent Steve Preston«. Er riss es auf und zog ein halbes Dutzend Schwarzweißfotos heraus. Ein kleiner Zettel mit einem Gruß flatterte auf die Tischplatte. Es stammte vom Bildredakteur einer großen Tages-zeitung, einem Mann, mit dem er letzte Weihnachten bei einer von Teflons schrecklichen Cocktailpartys zusammen getrunken und ein paar Witze ausgetauscht hatte. In der Grauzone der Zusammenarbeit zwischen Presse und Polizei gab es nichts, was bessere Ergebnisse brachte als der persönliche Kontakt.
Die Fotos waren alle am Tag von Francis Blakes Freispruch außen vor dem Old Bailey aufgenommen worden. Steve suchte in der oberen Schublade nach seiner Lupe und begann die Abzüge systematisch zu betrachten. Als er sich das dritte Bild ansah, stieß er einen Seufzer der Erleichterung aus. Seine Erinnerung hatte ihm keinen Streich gespielt. Am Rand der Menge, die sich um Blake geschart hatte, war unverkennbar das Gesicht von Gerard Coyne zu erkennen. Steve untersuchte die verbleibenden Fotos und fand Coyne noch auf zwei weiteren.
Auf einem hatte er das Gesicht voll zur Kamera gedreht, auf den beiden anderen war er im Profil. Es konnte kein Irrtum sein.
Der mit Terrys kriminalgeografischem Profil identifizierte Mann war bei dem Prozess gegen Susan Blanchards mutmaßlichen Mörder gewesen.
Von neuem Schwung beflügelt, rannte Steve die Treppe zum Videoraum hinunter. »Lasst es durchlaufen«, sagte er. »Er ist hier irgendwo, ich weiß es.«
Seine Geduld wurde zehn Minuten später belohnt. Auf dem zweiten Band war Coyne zu sehen, als er unter den Bäumen an der Seite des Friedhofs hervorkam. Er trug einen dunklen Anzug, Hemd und Krawatte, passend für die Gelegenheit. Er war am Grab hinter der Trauergemeinde zurückgeblieben und stand am Rand der Gruppe. Eine große Anzahl von Menschen hatte die Trauer der Familie respektiert und hielt Abstand, als Susans Zwillinge Rosen auf den Sarg ihrer Mutter warfen und zusahen, wie er in den Boden versenkt wurde. Die Trauergäste hatten sich ziemlich schnell zerstreut, nachdem die Feier vorbei war. Coyne dagegen stand noch hinter den Bäumen, und als die letzten Trauernden verschwunden waren, war er wieder herausgekommen und hatte den Weg überquert, der zu Susan Blanchards Grab führte.
Steve fühlte, wie sein Puls schneller schlug, als Coyne in Zeitlupe den Weg entlangging. Er lief am
Weitere Kostenlose Bücher