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Die Erfinder Des Todes

Die Erfinder Des Todes

Titel: Die Erfinder Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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hilflos ausgeliefert und kraftlos wie das schwächste Junge eines Wurfs.
    Fiona preschte wie ein Gebirgshase los. Ohne Rücksicht auf ihre Sicherheit rannte sie über den steilen Hang in einem Winkel, von dem sie hoffte, dass er sie zum Anfang des Felsentunnels zurückführen würde, wo sie Kit zurückgelassen hatte. Ihre nassen Stiefel quietschten, rutschten und schlitterten beim Laufen, und nur ihre schnellen Reflexe bewahrten sie davor, kopfüber den Hang hinabzustürzen.
    Während sie den Berghang hinunterrannte, war das, was zuerst wie ein dunkler Strich im Felsen ausgesehen hatte, allmählich als Lücke zu erkennen. Wie ein riesiger Riss in einem massiven Steinkoloss. Je näher Fiona kam, desto klarer wurde ihr, dass sie die Richtung falsch eingeschätzt hatte. Sie würde in Wirklichkeit etwa über der Mitte des Tunnels ankommen. Sie korrigierte ihren Kurs ein wenig, aber es war hier zu steil für eine radikale Änderung.
    Sie stieg jetzt seitlich ab und lief langsamer, bis sie am Rand des Hohlwegs war. Sie suchte ihn mit den Augen ab, aber die Biegung war zu scharf, als dass sie ganz bis zu der Stelle sehen konnte, wo sie Kit zurückgelassen hatte. Da sie sich nicht mehr so konzentrieren musste wie beim Bergablaufen und diese Anspannung bis jetzt alles andere verdrängt hatte, durchzuckte sie jetzt heiße Angst wie ein elektrischer Strom.
    Fiona zwang sich, tief durchzuatmen, und begann mit der gefährlichen Klettertour am Rand des Felsens bis zum Anfang der Spalte zurück. Als sie den halben Weg bis zu ihrem Ziel zurückgelegt hatte, hielt sie plötzlich inne. Sie hörte eine Männerstimme, die zornig und sehr erregt klang. Sie kroch vorwärts, um über den Rand sehen zu können.
    Was sie sah, krampfte ihr den Magen zusammen. Da unten lag Kit, etwa fünf Meter von ihr entfernt, auf dem Boden ausgestreckt, halb sitzend gegen eine Felswand gestützt. Mit dem Rücken zu ihr stand Francis Blake über ihm, die Schrotflinte in beiden Händen. Sie konnte nicht verstehen, was er sagte, aber seine Absicht war klar. Er trat einen Schritt zurück und hob die Flinte.
    Ohne innezuhalten und nachzudenken, schoss Fiona los. Sie nahm einen kurzen Anlauf am Rand des Hohlwegs und warf sich durch die Luft nach unten.
    Als die Flinte im Anschlag war, stürzte Fiona auf Francis Blake hinunter, und der Aufprall ließ sie beide wie ein Knäuel auf Kit landen.
    Der Schuss hallte durch die stille Bergluft.

Kapitel 58
    Die Stadt glitzerte unter ihr wie eine kitschige Galaxis —
    gewöhnliches Zirkonium im Vergleich zu den Diamanten der Sterne, deren Glanz vom Lichtschein über der Stadt verwischt wurde. Fiona dachte, wahrscheinlich verdiene sie nichts Besseres. Sie war trotz der kalten Nachtluft an ihren Lieblingsaussichtspunkt im Heath-Park heraufgekommen, weil sie so allein sein wollte, wie dies im Herzen der Großstadt überhaupt möglich war.
    Sie zog den Brief aus der Tasche und faltete ihn mit ihren behandschuhten Händen ungeschickt auseinander. Es war kaum hell genug, um den Briefkopf lesen zu können, aber sie musste sich vergewissern, dass er tatsächlich und wirklich da vor ihr war. Die Staatsanwaltschaft hatte entschieden, dass sie nicht wegen Totschlags angeklagt werden sollte. Es würde also kein offizielles Nachspiel zu dieser Minute des Chaos geben, als das Gewehr losgegangen war und den größten Teil von Blakes Kopf weggerissen hatte. Endlich hatte man akzeptiert, dass sie nicht vorsätzlich gehandelt hatte. Ein paar Sekunden früher oder später — und die Sache wäre ganz anders ausgegangen. Wäre Fiona früher gesprungen, dann hätte sie vielleicht den Kampf um die Flinte nicht gewonnen. Und später, hätte Blake das Gewehr abgefeuert und Kit getötet. Irgendwie war sie wunderbarerweise genau im richtigen Moment gelandet. Das Gewehr war hochgerissen worden, Blakes Finger am Abzug, und plötzlich war alles vorbei gewesen.
    Fiona und Kit waren beide auch verletzt, was vermutlich dazu beitrug, dass die Polizei ihr glaubte, sie habe nicht die Absicht gehabt, Blake zu töten, als sie vom Rand des Hohlwegs auf seinen Rücken sprang. Ihrer Meinung nach wäre ihre Darstellung viel weniger glaubwürdig gewesen, wenn sie beide nicht auch Schaden genommen hätten.

    Sie konnte der Polizei wegen ihrer skeptischen Reaktion jedoch keinen Vorwurf machen. Sie musste einen absurden Anblick geboten haben, als sie blutbesudelt, schlammbedeckt und nass bis auf die Haut den Berg heruntergestolpert kam. Obwohl sich nach dem Schock

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