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Die Erfinder Des Todes

Die Erfinder Des Todes

Titel: Die Erfinder Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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des Geschehens alles in ihrem Kopf drehte, war sie kaltblütig genug gewesen, dem toten Francis Blake die wattierte Jacke auszuziehen, um es Kit damit so bequem wie möglich zu machen. Dann hatte sie sich losgerissen und die letzten paar Meilen in einem Taumel aus Angst und Schmerzen zurückgelegt. Jeder Schritt verursachte ihr ein quälendes Stechen in der Schulter, die im entscheidenden Augenblick eine Ladung Schrot abbekommen hatte. Adrenalin allein hatte sie den ganzen Weg bis zur Straße aufrecht gehalten. Als sie endlich aus dem letzten Baumgürtel herauskam, schimmerte die Telefonzelle, wo sie Caroline zurückgelassen hatte, wie eine Fata Morgana im Nebel ihrer Erschöpfung. Sie war hinübergetorkelt und hatte die Notrufnummer gewählt. Die Erleichterung, als sie mit der Polizei verbunden wurde, ließ sie fast in die Knie gehen.
    Ein Polizeiauto war nach wenigen Minuten bei ihr. Irgendwie hatte sie es geschafft, ihre Geschichte zusammenzubekommen.
    Und weil Caroline die Polizei dazu gebracht hatte, mit Steve zu sprechen, nahm man sie ernst. Trotzdem waren die Polizisten misstrauisch.
    Aber sie hatten einen Rettungshubschrauber gerufen und Kit ins Krankenhaus bringen lassen. Fiona blieb keine Zeit, Erleichterung zu empfinden. Während Sanitäter das Bleischrot aus ihrer Schulter entfernten, warteten die Polizeibeamten schon mit grimmigen Gesichtern und ohne Mitgefühl und Verständnis.
    Man bereitete sich darauf vor, ihre Aussagen zu zerpflücken.
    Aber schließlich hatte man ihr geglaubt. Alle — angefangen von Steve bis Sandy Galloway — hatten beteuert, es käme nicht in Frage, dass Anklage gegen sie erhoben würde. Und doch hatte es lange Wochen der Anspannung gedauert, bis die offizielle Mitteilung sie erreichte.
    Sie war sich nicht sicher über ihre Gefühle. Teils glaubte sie, sie verdiene irgendeine Strafe dafür, dass sie ein Menschenleben zerstört hatte. Aber ihr Verstand sagte ihr immer wieder, wie töricht es sei zu erwarten, dass irgendeine offizielle Maßnahme ihr dieses Schuldgefühl nehmen könne. Und sie konnte die Erleichterung darüber nicht leugnen, dass es ihr erspart blieb, jene schrecklichen Sekunden noch einmal erleben zu müssen, in denen sie eine Entscheidung über Leben und Tod hatte treffen müssen, dabei im Grunde jedoch gar keine Wahl gehabt hatte.
    Ironie des Schicksals war, dass die einzige Person, die in Verbindung mit Francis Blakes Mordtaten jemals vor Gericht stehen würde, der falsche Bekenner Charles Redford war.
    Sehnsüchtig wartete er im Gefängnis auf seinen Prozess wegen Behinderung der Justiz, Morddrohungen und Belästigung – im selben Trakt wie Gerard Patrick Coyne, der sich vor den Geschworenen wegen des Mordes an Susan Blanchard zu verantworten hatte. Die Nähe der beiden Männer, zwischen denen durch die Verbrechen des Francis Blake eine gewisse Verbindung bestand, ergab eine Symmetrie, die Fiona Befriedigung verschaffte.
    Der Klang von Schritten unterbrach ihre Gedanken. Sie wandte den Kopf und sah eine vertraute Gestalt näher kommen. Dann blickte Fiona jedoch wieder auf die Lichter der Stadt hinunter, denn sie wollte nicht den Anschein erwecken, sie sei über Gesellschaft sehr erfreut.
    Steve räusperte sich. »Ich dachte, ich würde dich hier finden. Kit sagte, du seist spazieren gegangen.« Er stand mit unsicherem Gesichtsausdruck neben der Bank.
    »Hat er auch erwähnt, dass ich allein sein wollte?«
    Steve schien verlegen. »Seine genauen Worte waren: >Damit riskierst du dein Leben, Kumpel. Sie macht auf Greta Garbo.<«

    Sie seufzte. »Na ja, wenn du schon mal da bist, dann setz dich doch.« Sie hatten in den zurückliegenden Wochen die meisten abgebrochenen Brücken wieder aufgebaut, aber das Gefühl, dass Steve sie irgendwie verraten hatte, saß noch tief in ihrem Herzen. Sie wünschte, dass es verschwinden würde, genau wie die Erinnerung an Blakes Tod.
    Steve setzte sich neben sie, hielt aber einen gewissen Abstand.
    »Ich bin gekommen, weil ich endlich erreicht habe, dass Sarah Duvall mir eine Kopie von Blakes Tagebuch gegeben hat. Er fing damit an, als er im Gefängnis war, und schrieb daran bis zwei Tage vor seinem Tod immer weiter. Es war verschlüsselt, aber mit einem ziemlich einfachen Code, und Sarah hat es dechiffrieren lassen. Ich dachte, es würde dich interessieren, es zu lesen.«
    Fiona nickte. »Danke.«
    »Alle praktischen Aspekte sind beschrieben, wie er seine Pläne gemacht und sie ausgeführt hat. Wie er der spanischen Polizei

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