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Die Erfinder Des Todes

Die Erfinder Des Todes

Titel: Die Erfinder Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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hingen an den Wänden, und auf einem Ständer lehnte ein altbekanntes Hilfsmittel: ein schwarzes Brett mit Fotos der Opfer und verschiedenen darauf gekritzelten Notizen. An zwei Tischen saßen gestresst aussehende Kriminalbeamte, die in Telefone quasselten und kaum aufschauten, als Berrocal sie hereinführte.
    Er zeigte auf den hintersten Schreibtisch, wo Aktenstöße schief aneinander lehnten und einzustürzen drohten. »Ich dachte, Sie könnten hier drüben arbeiten«, sagte er. »Es tut mir Leid, dass wir so bescheiden eingerichtet sind, aber das war der einzige freie Platz. Wenigstens ist der Kaffee trinkbar«, fügte er mit einem spöttischen Lächeln hinzu.

    Und wenigstens gibt es eine Steckdose in der Nähe, dachte Fiona, als sie sich durch den schmalen Spalt zwischen Schreibtisch und Stuhl zwängte. »Sind das die Akten zu den Morden?«, fragte sie.
    Berrocal nickte. »Alles ist für Sie bereit.«
    Sie brauchte ein paar Stunden, um Dutzende verschiedener Berichte durchzugehen, und strapazierte ihr Spanisch bis an die Grenzen ihres Wörterbuchs und darüber hinaus. Einige Male musste sie sich geschlagen geben und Berrocal um die Übersetzung von Passagen bitten, die ihr rätselhaft waren. Sie hatte sich Notizen gemacht und arbeitete mit der Datenbank, die sie und eine ihrer Doktorandinnen in peinlich genauer Präzisionsarbeit erstellt hatten und mit deren Hilfe die jeweiligen Einzelheiten der Morde einem bestimmten Wahr-scheinlichkeitswert zugeordnet wurden. Das Programm analysierte dann, welche gemeinsamen Details bedeutsam waren und es ermöglichten, die Verbrechen einem bestimmten Täter zuzuschreiben. Zum Beispiel fanden die meisten Morde an Fremden nach Einbruch der Dunkelheit statt. Dass zwei Verbrechen einer Serie bei Dunkelheit verübt wurden, war also für die Feststellung von Parallelen zwischen ihnen von geringer Bedeutung. Aber es war relativ selten, dass ein sexueller Übergriff auf eine Leiche mit einer zerbrochenen Flasche erfolgte, so dass das Programm dem Vorhandensein gerade dieses Merkmals bei beiden Verbrechen eine viel höhere Wertigkeit gab.
    Die meisten Grunddaten stammten ursprünglich vom FBI, wo man mit den Angaben zu alten Fällen bemerkenswert großzügig gewesen war, nachdem klar war, dass Fiona die alten Fälle ohne Angaben zu persönlichen Daten wie Namen von Opfern und Tätern usw. verwenden wollte. Fiona war bewusst, dass ihre Datenbank wie die meisten von Psychologen erstellten statistischen Analysen im besten Fall nur ein Teilausschnitt aus einem Ganzen war. Aber trotzdem ermöglichte sie ihr wertvolle Einsichten, mit welcher Art von Verbrechen sie es zu tun hatte.
    Noch wichtiger war vielleicht, dass sie danach mit einer gewissen Sicherheit bestimmen konnte, ob einzelne Verbrechen zur Serie eines Täters gehörten oder ob die Wahrscheinlichkeit größer war, dass sie von verschiedenen Tätern begangen worden waren.
    Das Ergebnis ihrer Arbeit an diesem Nachmittag war der empiri-sche Nachweis dessen, wovon die Polizei schon aufgrund des gesunden Menschenverstands und ihrer Erfahrung ausgegangen war. Die beiden Morde waren unzweifelhaft die Taten ein und desselben Mannes. Wäre dies der einzige Dienst gewesen, den sie hätte leisten können, dann hätte sich ihre Reise kaum gelohnt. Aber sie war überzeugt durch die Analyse der Daten, die sie schon hatte, der Polizei Hinweise auf andere Verbrechen geben zu können, die der Mörder vielleicht verübt hatte. Mit dem Zugriff auf diese Information würde sie schließlich ein brauchbares geografisches Profil erstellen können.
    Als sie in ihr Hotelzimmer zurückkehrte, fand sie auf dem Tisch eine Nachricht von Kit vor. »Bin in die Bar gegangen. Komm runter, wenn du zurück bist, dann essen wir zusammen.« Sie lächelte und trat ans Fenster, um erneut die Aussicht zu genießen. Es war merkwürdig, sich vorzustellen, dass die vor ihr ausgebreitete Schönheit gleichzeitig das gesamte Ausmaß menschlicher Hässlichkeit in sich barg. Irgendwo in dem Häuserlabyrinth ging wahrscheinlich gerade ein Mörder seinen üblichen Beschäftigungen nach, und niemand hatte eine Ahnung davon.
    Fiona wandte sich vom Fenster ab, zog sich aus und rümpfte die Nase über den Rauch, der in ihren Kleidern hing. Sie duschte schnell und zog Jeans und ein geripptes Seidenhemd an.
    Sie fand Kit an einem Tisch in der Ecke der Bar, wo er mit einem Glas dunklem Rotwein und einem zur Seite geschobenen Schälchen Oliven über seinen Laptop gebeugt saß. Sie legte

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