Die Erfinder Des Todes
außerdem ein grundlegendes Verhaltensprofil des Täters hinzufügen.«
Berrocal runzelte die Stirn. »Ich dachte, Sie hielten nichts von Verhaltensanalyse?«
»Wenn man sie als einzigen Ansatz nutzt, hat sie nur begrenzten Wert. Aber wenn man sie zusammen mit Deliktverknüpfung und geografischem Täterprofil einsetzt, kann sie schon nützlich sein.« Berrocal schien dies nicht ganz zu überzeugen. »Also, wann wird Ihr Bericht fertig sein?«
»Ich dürfte ihn heute noch abschließen.«
»Gut. Dann kann ich ihn unter den Kollegen von der Sonderkommission verteilen. Gleich morgen früh würde ich Sie gern bei einem Briefing mit ihnen dabeihaben, damit Sie eventuelle Fragen beantworten und Einwände ausräumen können.«
Fiona nickte. »Aber gern.«
Berrocal stand auf. »Und dann, vermute ich, möchten Sie gern nach England zurückkehren?«
Fiona lächelte. »Sie vermuten richtig. Im Augenblick kann ich nichts Nützliches mehr für Sie tun, da kann ich jetzt ruhig nach Hause fliegen.«
Er nickte. »Ich lasse Sie also jetzt allein für Ihren Bericht«, sagte er. »Danke.«
»Keine Ursache«, sagte sie geistesabwesend, in Gedanken schon mit der nächsten Aufgabe beschäftigt. Je eher sie hier fertig wurde, desto früher konnte sie sich mit der Rückreise befassen.
Ii
Er wusste nie, wie lange es anhalten würde. Deshalb musste er jeden Augenblick auskosten, wie ein Kind, das seine Weihnachtsgeschenke auspackte und nicht genau wusste, welches der grellbunt verpackten Päckchen das Geschenk enthielt, auf das es wirklich ankam. Der Trick bestand darin, alles genau so einzurichten, dass es sich zum absoluten Höhepunkt steigerte. Aber manchmal lief es nicht so, und er hasste es, wenn er die Kontrolle verlor, wenn die Wut in ihm kochte, weil diese Schlampen ihn im Stich ließen und nicht lange genug aushielten, bis er jeden einzelnen Tropfen Vergnügen aus ihrem Schmerz herausgesaugt hatte. Der Tod sollte der letzte Moment eines sich steigernden Crescendos sein, nicht ein trauriges Diminuendo, das eine Stimmung der Unzufriedenheit zurückließ.
Deshalb mühte er sich mit so viel Einsatz um die absolute Perfektion. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass jede Phase ihren eigenen besonderen Charakter hatte, vom ersten Moment an, wenn er sie aussuchte, bis zum letzten Augenblick, wenn er sie liegen ließ und wegging. Das Geheimnis war ein genauer Plan. Der Vorgeschmack war schon fast so gut wie das ganze Spektrum der sinnlichen Genüsse, die ihm durch die Ausführung seines perfekten Plans zuteil wurden. Dazu gehörte auch die Befriedigung, die kleinen Geister zu beobachten, die gegen ihn ankämpften, wenn sie sich mit ihren Schachzügen herumquälten und gegen sein meisterliches Können nur kläglich scheitern konnten.
Am Anfang waren seine Gegner so unbedeutend wie die Grillen, die die ganze Nacht über draußen außerhalb dieses sichersten aller Häuser zirpten. Unbedarfte Polizisten, die dem Sheriff unterstellt waren und nie etwas Komplizierteres als einen schief gelaufenen Überfall auf den Laden an der Ecke untersucht und also keinerlei Möglichkeit hatten, an ihn heranzukommen. Er wusste, die Chance, dass sie es auch nur schafften, einen Bericht für das FBI zu verfassen, war gering. Zu viel Schreibarbeit, die sie vom Genuss ihrer Dairy-Queen-Hamburger und ihren Bierchen abhielt – das war nicht drin.
So dürftig konnte seine Herausforderung doch nicht immer bleiben. Das hatte er gewusst. Er hatte damit gerechnet. Gleich von Anfang an hatte er sich darauf eingerichtet, die Besten schlagen zu können. Deshalb brachte es keine richtige Befriedigung, im Kreis um die Kretins herumzurennen, die in die kleinstädtische Polizei eingetreten waren, weil sie nicht den Grips hatten, etwas aus ihrem Leben zu machen. Sie glaubten, ihr Gebiet so gut zu kennen, aber das hatte ihn nicht daran gehindert, in ihr Territorium einzubrechen und ihnen eine Frau unter der Nase wegzuschnappen. Sein größter Triumph war bis jetzt die Nummer fünf gewesen. La Quinta war die Tochter eines Sheriffs in einer kleinen Stadt in Nebraska.
Wie immer hatte er sie aus ihrem eigenen Zuhause mitgenommen. Es war Samstagabend, und ihre Eltern waren vor den Senatswahlen zu einem Benefizessen zu Gunsten des republi-kanischen Kandidaten am Ort gegangen. Sobald das Mädchen die Uniform der Highway Patrol sah, hatte es ohne weitere Bedenken die Haustür geöffnet. Es war lächerlich einfach, sie mit einem einzigen Schlag ins Gesicht zu Boden zu werfen.
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