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Die Erfinder Des Todes

Die Erfinder Des Todes

Titel: Die Erfinder Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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erkennen. Manche ließen sich nicht in eine Kategorie einordnen, ihr Tempo lag irgendwo zwischen ziellosem Schlendern und konzentriertem Gehen.
    Zu welcher Kategorie hatte wohl Susan Blanchards Mörder gehört?, dachte Fiona. Plötzlich aufmerksam geworden, fragte sie sich, was diesen Gedanken ausgelöst hatte. Es war nicht so, dass sie den Heath-Park seit dem Mord nicht regelmäßig besucht hätte, obwohl sie dazu neigte, den Weg zu meiden, der am Tatort vorbeiführte. Aber warum war ihr das gerade jetzt in den Sinn gekommen?
    Fiona blickte in beide Richtungen den Weg entlang, sie war überzeugt, dass sie irgendjemanden oder etwas wahrgenommen hatte, das in ihrem Unterbewusstsein den Gedanken an den Mord hervorgerufen hatte. Das Paar, etwas über dreißig, der Mann mit dem vor die Brust geschnallten Baby konnten es nicht gewesen sein. Und auch nicht der Mann mittleren Alters mit seinem schwarzen Labrador oder die Teenager, die über irgendeine Geschichte kichernd auf ihren Rollerblades vorbeifuhren. Sie schaute sich ratlos um.
    Er saß etwa fünfzig Meter entfernt in eine Mulde gekauert, vielleicht zwanzig Meter vom Weg entfernt. Auf den ersten Blick sah er wie ein Jogger aus. Leichte Sweat-Hose und ein T-Shirt, Turnschuhe. Aber er schien nicht heftig zu atmen, wie es jemand, der den Hügel heraufgerannt war, unweigerlich tun würde. Er betrachtete auch nicht die Aussicht. Nein, er beobachtete die beiden Mädchen auf den Rollerblades, die auf einer großen Wegkreuzung weite Kreise zogen, schrien und lachten und sich neckend Schimpfnamen an den Kopf warfen.

    Als die Mädchen, nun von einer Gruppe Büsche verdeckt, aus seinem Blickfeld verschwanden, stand er auf und sah suchend den Weg entlang, ob sich sonst noch jemand näherte. Ein paar Minuten schien niemand seine Aufmerksamkeit zu erregen.
    Dann kam ein junges Pärchen in Sicht, sie hatten die Arme umeinander geschlungen, der Kopf des Mädchens ruhte an der Brust des Jungen. Gleich wurde der Mann aufmerksamer. Er steckte die Hände in die Taschen und kauerte sich wieder hin.
    Fiona sah dem Mädchen und dem Jungen nach, bis sie außer Sicht-weite waren, stand auf und ging einige Schritte auf den Mann zu. Sie starrte demonstrativ zu ihm hinüber und nahm ihr Handy heraus. Sobald ihm klar wurde, was sie tat, richtete er sich auf und lief den Hang hinunter, der sich durch das dichte Gebüsch wand. Fiona steckte ihr Handy weg. Sie hatte nicht die Absicht gehabt, die Polizei zu rufen; es genügte, dass er dachte, sie hätte es vorgehabt. Was hätte sie schließlich zu berichten gehabt? Ein Mann, der ein Interesse daran zu haben schien, Teenager zu beobachten. Er hatte nichts Bedrohliches getan, nichts besonders Außergewöhnliches, nichts, das sich nicht im Ton empörter Entrüstung wegerklären ließ. Auch sein plötzliches Weggehen ließ sich leicht rechtfertigen, er hatte wohl beim Laufen eine Pause gemacht und sich jetzt genug ausgeruht, um weiterzugehen.
    Wie unauffällig sich sein Verhalten auch darstellen ließ, es hatte genügt, um Fionas Alarmantennen in Schwingung zu versetzen.
    Sie glaubte nicht, dass der fremde Mann etwas Schlimmeres als ein ziemlich ängstlicher Voyeur war. Aber sein Verhalten erinnerte sie daran, dass Susan Blanchards Mörder den Bereich, wo er töten wollte, gründlich erkundet haben musste, bevor er zuschlug. Er wäre sicher zu Fuß gegangen, wäre nicht mit dem Rad gefahren, um jede Einzelheit des Geländes wahrzunehmen, er hätte die Fluchtwege geplant und sein Opfer ausgewählt. Er war vielleicht geschickt genug, um seine Interessen vollständig zu verbergen, aber Fiona bezweifelte das.

    Sie fragte sich, wo er an diesem Abend war. Er würde das starke Bedürfnis fühlen, wieder zu töten, vermutete sie. Wo würde er jetzt herumlaufen? Welche Erkundigungen würde er jetzt einziehen? Wie würde er seinen nächsten Tatort wählen? Würde er zum Heath-Park zurückkehren? Oder würde er einen anderen Ort in der Nähe ausprobieren? Den Highgate-Friedhof? Alexan-dra Palace? Oder kannte er die Stadt gut genug, um sich weiter zu entfernen? Wo waren die Grenzen seiner inneren Landkarte?
    Sie kannte die Grenzen, die ihm seine Psyche setzte, sie ergaben sich aus seinen Taten. Aber wo lagen seine räumlichen Grenzen?
    Fragen, die sie nicht beantworten konnte, drängten sich in ihrem Kopf und zerstörten den Frieden, den zu suchen sie nach einem anstrengenden Arbeitstag zum Heath-Park gekommen war. Es war Zeit, nach Hause zu gehen, durch die

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