Die Erfinder Des Todes
Straßen mit den soliden Häusern, ihrem schmutzigen Stuck und den schmierigen gelben Londoner Backsteinfassaden, die unter dem dumpfen Orange der Straßenlampen düster wirkten. Es war Zeit, ihr eigenes voyeuristisches Vergnügen zu genießen, wenn sie im Vorbeigehen in die beleuchteten Fenster sah, sich am Blick auf das Leben anderer Leute erfreute, von dem sie nur kurze Ausschnitte aus dem Augenwinkel erhaschte. Und natürlich das Gefühl der Überlegenheit, das sie nicht unterdrücken konnte, wenn sie ein besonders geschmackloses Interieur bemerkte.
»Du solltest dich um dein eigenes Leben kümmern, du trauriges Mädchen«, murmelte sie, während ihr ein frisch renoviertes Wohnzimmer ins Auge fiel, in dem drei überhaupt nicht zusam-menpassende Tapetenmuster kombiniert waren, und merkte sich, dass sie dies später Kit erzählen wollte.
Als sie die Haustür aufstieß, fing das Telefon gerade an zu klingeln. Fiona eilte durch die Küche und nahm beim vierten Klingeln ab. »Hallo?«, sagte sie.
»Doktor Cameron?« Die Stimme hatte einen blechernen Klang, den Handys manchmal verursachen.
»Ist dort Major Berrocal?«, fragte Fiona unsicher.
»Si. Es tut mir Leid, Sie zu Hause zu belästigen, aber es hat sich hier bei uns einiges ergeben, das Sie wahrscheinlich gern wüssten, dachte ich.«
»Das geht in Ordnung, kein Problem. Haben Sie Delgado gefunden?« Während sie sprach, streifte Fiona ihre Jacke ab und griff nach einem Block und Stift, die beim Telefon lagen.
»Nicht ganz. Aber wir haben den Ort gefunden, wo er sich versteckt gehalten hat, so glauben wir.«
»Das hört sich an, als hätten Sie Fortschritte gemacht.«
»Si. Und zwar auf Grund Ihrer Idee.«
»Er hat sich in einem Mausoleum aufgehalten? ... Einem Grabmal?« Stolz und Genugtuung stiegen in Fiona auf.
»Nein, es war nicht ganz so. Es gibt einen großen Friedhof nördlich der Stadt, der zu der von Ihnen geäußerten Idee passte. Wir haben also die örtliche Polizei überredet, dort eine Suchaktion durchzuführen. Es gab keine Anzeichen, dass Gräber geöffnet worden waren, so hat man uns für vollkommen verrückt erklärt und befunden, Delgado sei dort nicht zu finden. Aber einer meiner Männer beißt sich immer fest wie ein Kampfhund, so beschreibt das meine Frau. Er ist heute noch mal hingegangen.«
»Und er hat etwas gefunden?«, drängte ihn Fiona.
»Si. Es gibt da eine kleine Hütte, die von den Arbeitern für ihre Geräte benutzt werden kann. Sie steht seit einigen Jahren leer, aber mein Mann hat entdeckt, dass die über das Fenster genagelten Bretter gelockert waren. Er ist hineingegangen und hat Delgados Lager gefunden, wie wir glauben. Es gab Essen, Wasser, einen Schlafsack und Kleider. Wir haben Fingerabdrücke verglichen, die wir auf einem Gegenstand aus Delgados Wohnung gefunden hatten, und sie passten perfekt.«
»Sie wissen also, dass er dort gewesen ist.«
»Si. Ich lasse jetzt den Friedhof von meinen Leuten beobachten, aber ich fürchte, er wird nicht zurückkehren. Das Obst in der Hütte war angefault. Ich glaube, er hat die örtliche Polizei bei der Suchaktion gesehen.«
»Was für eine Enttäuschung für Sie«, sagte Fiona. »So nah dran und doch so weit weg.«
»Ja, ganz heiß, aber kein Fang. Ich glaube, er wird gefährlich sein auf der Flucht, nicht wahr?«
Fiona dachte einen Moment nach. »Ich glaube nicht, dass er in Panik verfällt. Bis jetzt waren alle seine Reaktionen ganz beherrscht. Er kennt die Stadt und die Umgebung gut. Er hat wahrscheinlich noch ein anderes Versteck in Reserve.«
Berrocal brummte unverbindlich. »Ich befürchte, dass er sich in die Enge getrieben fühlt und mit einem grandiosen Feuerwerk verabschiedet. Etwas Spektakuläres. Er hat jetzt nichts mehr zu verlieren. Er weiß jetzt, dass wir ihn für den Killer halten.
Vielleicht ist das Beste, was er sich erhoffen kann, mit seinem Abgang noch einmal seine dramatische Botschaft zu verkünden.«
»Sie denken an einen Amoklauf? An ein Blutbad?«, fragte Fiona.
»Das befürchte ich«, bestätigte Berrocal.
Fiona seufzte. »Ich kann mich jetzt spontan an keinen anderen Fall erinnern, wo ein Serienmörder sich zu einem Amokläufer entwickelt hätte. Aber die meisten Serienkiller sind vor allem Sexualverbrecher, und ich habe von Anfang an geglaubt, dass diese Morde aus einer anderen Motivation heraus begangen wurden. Ich weiß ehrlich nicht, was ich sagen soll, Major. Ich muss zugeben, Ihre Interpretation der Situation scheint mir
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