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Die Erfindung des Abschieds /

Die Erfindung des Abschieds /

Titel: Die Erfindung des Abschieds / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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wie findest du das? Hoch lebe die SPD !«
    Sonja zog ihn am Arm, und er hob die Hand zum Gruß. »Jetzt bist du auf dem neuesten Stand, grüß mir den alten Mann oder die alte Frau oder den alten Hund, und lass Krescenzia in Frieden! Servus.«
    »Seit du nicht mehr da bist, sagt niemand mehr Punkmaus zu mir«, sagte Sonja zum Grab.
    »Du hast dich immer über den Spitznamen geärgert.«
    »Aber jetzt nicht mehr.« Sie warf eine Kusshand übers Grab, und die beiden machten sich auf den Rückweg.
    So Goodnight wherever you are sleeping,/And I hope that if you dream you dream of me …
    Sonja hatte ihren blauen Lancia an der Fürstenrieder Straße geparkt, und es waren zwei Kilometer bis dorthin.
    »Wie geht’s eigentlich deinem Hamburger Fischhändler? Hat er dich wieder besucht?«, fragte Süden. Sie gingen nebeneinander, jeder für sich.
    »Nein«, sagte Sonja, »und er ist kein Fischhändler, sondern Makler.«
    »Auch ein ehrenwerter Beruf.«
    »Und deine Straßenbahnfahrerin? Triffst du sie wieder?«
    »Ute hat mir einen Brief geschrieben, sie will wissen, warum ich mich nicht bei ihr melde.«
    »Und warum nicht?«
    »Ich hab mich für dich entschieden.«
    »Bist du dir da sicher?«
    … Wherever you are sleeping,/And I hope that if you dream you dream of me …
    Direkt vor dem Lancia, drei Zentimeter entfernt, stand ein Range Rover und dahinter, vier Zentimeter entfernt, ein Golf GTI mit Starnberger Kennzeichen. Sonja setzte ihren Wagen zurück, und es krachte, sie ließ ihn nach vorne rollen, und es krachte, sie kurbelte wild mit dem Lenkrad, fluchte, und es krachte, vor – zurück, vor – zurück, und nach fünf Versuchen hatte sie es geschafft; die Stoßstangen waren alle noch dran.
    »Bravo«, sagte Süden und schnallte sich an.
    »Willst du dir nicht endlich mal ein Auto kaufen?«, fragte sie, gab Gas und preschte die Fürstenrieder Straße hinunter.
    Vor der Einfahrt zur Autobahn bog sie rechts ab, fuhr einen Bogen, durchquerte eine Unterführung und raste an einem Sportplatz entlang auf die Waldfriedhofstraße zu, die zurück in die Innenstadt führte. An der Kreuzung bremste sie scharf ab, fuhr rechts ran und schaltete den Motor aus.
    »Und nun kommen wir wieder zu der beliebten Frage: Wohin gehen wir essen?«, sagte sie, lehnte sich zurück, stieß ein entschlossenes »Hmm« aus und schaute aus dem Seitenfenster.
    »Haben neue Lokale aufgemacht, während ich weg war?«, fragte Süden, der das Spiel so gut kannte wie sie, aber es, im Gegensatz zu ihr, immer wieder gern spielte.
    »Glaubst du, die haben auf dich gewartet? Am Lenbachplatz gibt’s einen neuen Laden, das
Lenbach,
ein riesiger Schuppen, hat der junge Käfer erfunden.«
    »Käfer hab ich in letzter Zeit genug gehabt.«
    Gewohnheitsgemäß trat jetzt ein Schweigen ein.
    »Augustiner«,
sagte er nach einiger Zeit.
    »Endlich mal ein origineller Vorschlag«, sagte sie nach einer kurzen Pause.
    Und wieder wandten sie sich voneinander ab und schauten aus dem Fenster.
    Dann sagte er: »Ich geh überall hin, wo du gern bist.«
    Sie überlegte einen Moment, dann sagte sie: »Raffinierter Trick, um mir die Entscheidung zuzuschieben.«
    »Stimmt«, sagte er, und sie betrachteten wieder das monotone Geschehen draußen.
    »Was hat eigentlich der Arzt gesagt?«, fragte sie.
    Das war eine Abschweifung.
    »Er hat gesagt, ich bin gesund, meine Schulter ist fast ausgeheilt, und achtundachtzig Kilo sind zu viel für einen Mann, der nur einen Meter achtundsiebzig groß ist.«
    »Find ich auch.«
    »Wie wär’s mit einem asiatischen Lokal?«, fragte er, denn er war an der Reihe. »Thailändisch, chinesisch …«
    »Wenn wir schlecht essen wollen, dann können wir gleich ins
Lenbach
gehen.«
    »Türkisch!«, sagte Süden.
    »Es gibt ein neues vietnamesisches Lokal in der Goethestraße, gleich neben der Augenklinik«, sagte Sonja.
    »Sehr gut, vielleicht servieren die da Pupillen in Glasnudeln«, sagte er.
    »Da fahren wir hin!« Sie schaltete den Motor ein. »Oder hast du was dagegen?«
    »Nein«, sagte er, beugte sich zu ihr hinüber und streichelte ihr Gesicht. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter, und ihr Hunger verwandelte sich in Traurigkeit.
     
    Now I lie awake and it’s no fun,/Tossing and Turning, I’d call you if it weren’t so very late,/But telefones don’t bring me close to you./I Recall the times we stayed up late …
    Eng aneinander geschmiegt lagen sie auf dem Bett, und Buffy sang ihr Lied, und Süden streckte den Arm aus, um den

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