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Die Erfindung des Abschieds /

Die Erfindung des Abschieds /

Titel: Die Erfindung des Abschieds / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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allem das, was sie nichts anging, bestimmt hatte sie ihn und Raphael weglaufen sehen und sie an die Polizei verpfiffen. Gut, dass er Frankys Auto genommen hatte und sein eigener Wagen ziemlich weit weg von seiner Wohnung stand.
    Der Wind pfiff ihm um die Ohren, und auf den mageren Wiesen grasten die gehörnten Heidschnucken. Möwen schrien, und es roch nach Meer.
    Er kannte Helgoland bisher nicht einmal von Bildern, das Einzige, was er über die Insel gehört hatte, war, dass die Deutschen Sansibar gegen Helgoland getauscht hatten, was er absurd fand, aber es hatte ihn nicht weiter beschäftigt.
    Und jetzt war er hier, weil ein neunjähriger Junge ihn dazu gezwungen hatte. Ein Kind, dessen Großvater er angeblich war.
    Schöne Vorstellung, dachte er und setzte sich auf eine Bank mit Blick auf die bewegte Nordsee. Raphael kam zu ihm gelaufen und setzte sich neben ihn.
    »Ich hab Durst«, sagte Raphael.
    »Wir kehren gleich wo ein. Siehst du, da drüben, ganz weit weg, da ist England.«
    »Ich seh nichts.«
    »Vielleicht kommt morgen die Sonne raus, dann können wir bis nach England schauen«, sagte Gustl. Frau Elster hatte ihm einen Lageplan geschenkt, und er hatte sie gefragt, in welche Richtung man von den Klippen aus blickte.
    »Jetzt sind wir tatsächlich hier«, sagte er.
    Raphael schwieg. Er schaute aufs Meer hinaus und strich sich die Haare aus dem Gesicht.
    »Da vorn ist der Lummenfelsen«, sagte er dann.
    »Woher weißt du das?«, fragte Gustl.
    »Da steht ein Schild. Du, was sind Lummen?«
    »Kann ich dir nicht sagen.«
    Der Lummenfelsen war steil und gefährlich, und in den Nischen hockten Vögel, die ein schwarzweißes Gefieder hatten und sich verwegen in die Tiefe stürzten.
    Und ganz genauso wollte Raphael es auch machen.
    »Lass uns mal hingehen«, sagte er. Sie standen auf, und er nahm Gustls Hand und führte ihn zu der Stelle, an der er vorhin seinem Großvater versprochen hatte, bald zu ihm zu kommen.
     
    »Ich weiß, er wird anrufen«, sagte Sonja Feyerabend und wartete ungeduldig, bis Funkel ihre Tasse voll gegossen hatte. Veronika Bautz, die Sekretärin des Kriminaloberrats, hatte frischen Kaffee gekocht.
    »Das ist doch nicht zu fassen!« In der vergangenen halben Stunde hatte Thon mehrere Telefonate mit dem Polizeirevier in Pinneberg, zu dessen Landkreis Helgoland zählt, geführt. »Wir können doch nicht auf der einen Seite akzeptieren, dass Süden möglicherweise mit seiner Vermutung Recht hat, möglicherweise, sage ich, und auf der anderen Seite unternehmen wir nichts und sitzen nur rum. Dann schicken wir eben ein Flugzeug rüber, es gibt einen Flugplatz auf Helgoland, das weiß ich, der ist auf der Düne.«
    »Wir schicken kein Flugzeug«, sagte Sonja. Vor ihr lagen Aufzeichnungen, die sie nach ihrem Gespräch mit Evelin Sorge gemacht hatte. »Du hast doch gehört, was der Kollege am Telefon gesagt hat, es ist eine kleine Insel, die Wasserschutzpolizei ist alarmiert, die haben das im Griff.«
    »Außerdem basiert das alles nur auf einem Verdacht, auf einem vagen Verdacht«, sagte Funkel und kaute auf seiner Pfeife. Sie hatten noch keinen Hinweis auf den Verbleib von August Anz, ebenso wenig hatten sie eine Spur, wo der Junge stecken könnte. Durch mühselige Telefongespräche mit ehemaligen Angestellten des Landsberger Gefängnisses, in dem Anz eine Strafe wegen Körperverletzung und Diebstahl verbüßt hatte, waren sie zumindest auf den Namen eines Mannes gestoßen, der für kurze Zeit in derselben Zelle wie Anz gesessen und sich mit ihm angefreundet hatte. Jupp Kellerer, ein Autohändler, lebte in Köln, und die dortigen Kollegen hatten Kontakt mit ihm aufgenommen, doch er sagte, er habe von Anz seit Jahren nichts gehört. In einer der Münchner Kneipen, in denen Anz regelmäßig verkehrte, hatten die Polizisten erfahren, dass er manchmal Besuch von einem Mann hatte, der rheinländischen Dialekt sprach, beschreiben konnte ihn allerdings niemand, und so war es nicht möglich, Kellerer nachzuweisen, dass er in den letzten Jahren sehr wohl Kontakt mit Anz gehabt hatte. Fingerabdrücke an einem abgerissenen, blutverklebten Hemdknopf des toten Frank Oberfellner stammten von Anz, was darauf schließen ließ, dass es zu einem heftigen Kampf zwischen den beiden gekommen war, in dessen Verlauf Oberfellner tödlich verletzt wurde; Thomas Vogel schied als Täter mehr und mehr aus, und es würde schwer sein, ihm unterlassene Hilfeleistung nachzuweisen. Die bisherigen Fahndungsergebnisse waren mager,

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