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Die Erfindung des Abschieds /

Die Erfindung des Abschieds /

Titel: Die Erfindung des Abschieds / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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freiwillig eingestiegen ist«, sagte Funkel.
    »Ja«, sagte Freya.
    »Was sagen die Angestellten in der Metzgerei?«, fragte Weber.
    »Die haben gar nichts gesehen, keiner konnte sich an ein rotes Auto erinnern«, sagte Florian. »Die sagen, da stehen ständig Autos, obwohl eigentlich Parkverbot ist. Die haben echt Tomaten auf den Augen.«
    »Wir haben alle Geschäfte an der Tegernseer Landstraße abgeklappert«, sagte Freya, »und niemand, absolut niemand hat uns weiterhelfen können. Vielleicht hat sich die Buchhändlerin getäuscht …«
    »Buchhändlerinnen irren nicht«, sagte Funkel, und ein heiteres Raunen ging durch die Reihen der Polizisten.
    »Das stimmt!«, rief Rolf Stern aus dem Nebenraum, Rauch quoll aus seiner Nase, und die Männer um ihn herum grinsten.
    »Sie hat Raphael gesehen, und das ist unser Glück«, sagte Funkel.
    »Lass uns zu einem so frühen Zeitpunkt keine voreiligen Schlüsse ziehen, Charly«, sagte Thon und tat etwas, das Sonja Feyerabend jedes Mal kribbelig machte: Er nestelte an seinem Halstuch und kratzte sich mit dem Zeigefinger am Hals.
    Funkel griff hinter sich zum Telefon. »Rudi?«, sagte er in den Hörer, »du musst die Presseleute noch mal anrufen und ihnen eine wichtige Suchmeldung durchgeben … Das weiß ich! Dann sollen sie sie in die zweite Ausgabe tun … Wir suchen einen roten Opel Kadett, der heute Nachmittag zwischen vier und halb fünf vor der Metzgerei …« Er schaute Freya an. »Wie heißt die?«
    »Murr«, sagte sie.
    »Hast du’s gehört, Rudi? Metzgerei Murr in der Tegernseer Landstraße. Ein roter Opel Kadett, in den ein etwa zehnjähriger Junge mit einem Rucksack mit roten Streifen und der Aufschrift
Walking Man
eingestiegen ist … ja … wahrscheinlich war er’s, aber wir sind uns nicht sicher, wenn nicht, dann wird sich der Fahrer schon melden, er soll uns dringend anrufen. Und gib das auch ans Fernsehen … ja … danke.« Er legte auf und ließ seine Hand auf dem Hörer. »Gehen wir davon aus, da wir momentan keine weiteren Anhaltspunkte haben, dass der Junge, der in das Auto gestiegen ist, tatsächlich unser Raphael war, was bedeutet das? Es bedeutet, er kennt den Mann, er hat also einen Verbündeten, einen Freund, irgendjemanden, den wir nicht kennen. Warum kennen wir den nicht?«
    »Ist das denn wirklich hundertprozentig sicher, dass er freiwillig eingestiegen ist?«, fragte einer der jüngeren Beamten.
    »Ja«, sagte Freya, die sich wieder hingesetzt hatte und langsam ihre Nervosität verlor. »Die Frau, diese Buchhändlerin, ist vor den Laden gegangen und hat gesehen, wie der Junge ums Auto rumgegangen ist und dann bei der Beifahrertür eingestiegen ist. Den Rucksack hatte er über die Schulter gehängt. Kein Zweifel, wenn er hätte weglaufen wollen, dann hätte er das können, ohne Probleme. Aber er ist nicht weggelaufen, sondern seelenruhig ins Auto gestiegen.«
    »Wo kam der denn her?«, fragte derselbe junge Beamte.
    »Womit wir wieder beim Anfang wären. Es sieht so aus, als habe sich der Junge die ganze Zeit, seit dem frühen Morgen, um den Ostfriedhof rumgetrieben, und keiner unserer Kollegen hat ihn gesehen. Das bedeutet, er muss irgendwo untergeschlüpft sein, bei irgendjemandem hat er sich versteckt.«
    »Bei wem?«, fragte Sonja. »Im Haus, in dem sein Großvater gewohnt hat, war er nicht, hundertprozentig, wir waren in jeder Wohnung, wir haben mit allen Leuten dort gesprochen …«
    »Wir haben alle Bezugspersonen abgecheckt, die wissen nicht, wo der Junge steckt«, sagte Martin Heuer, der in sich zusammengesunken auf dem Stuhl saß, die Arme vor der Brust verschränkt, und ein leeres Glas anstarrte.
    »Die Eltern der Mutter leben in Trudering«, sagte Weber, der den Notizblock auf seinem runden Bauch deponiert hatte. »Wir waren da, Andy und ich, die waren völlig überrascht, die haben wenig Kontakt mit ihrer Tochter, und ihren Schwiegersohn können sie nicht ausstehen, deswegen waren sie auch nicht auf der Beerdigung. Die beiden Familien haben sich nichts zu sagen. Wir haben uns die Wohnung und den Keller angesehen und mit ein paar Nachbarn gesprochen, die meisten kennen den Jungen überhaupt nicht. Das Ehepaar hat uns versprochen, sofort anzurufen, falls der Junge bei ihnen auftauchen sollte, was sie aber nicht glauben.«
    »Und seine Schulkameraden sind alle in den Ferien«, sagte Freya. »Wir können froh sein, dass uns Sunny den Tipp mit dem Deutschen Museum gegeben hat, die Mutter hat davon ja wohl nichts erzählt.

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