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Die Erfindung des Jazz im Donbass

Die Erfindung des Jazz im Donbass

Titel: Die Erfindung des Jazz im Donbass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serhij Zhadan
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plötzlich, und da fing es zwischen ihnen an. Er erinnerte sich an die letzte Nacht vor der Abreise, als das Wasser schon herbstlich kalt war und der Strand es aufgesogen hatte wie Brot die Milch. Sie liebten sich zum ersten Mal, hastig und der Zeit nacheilend, die unwiderbringlich verrann, versuchten, all die Tage nachzuholen, Ebbe und Flut, Hochs und Tiefs, sonnige Nachmittage und neblige Abende, sie zogen sich nicht mal aus, sie öffnete einfach den Reißverschluss ihrer Jeans und ließ ihn herein, und er fühlte verwundert, wie einfach und tief man in eine Frau eindringen kann. Ihr BH leuchtete im Mond wie eine Möwe, der nasse Ufersand stopfte sich in ihre Haare und sickerte ihr schamlos unter die Kleider.
     
    Das Schlimmste war nicht, dass es so passiert war. Alles Mögliche konnte passieren. Schlimm war, dass es ihm gefallen hatte. Und dass er diesen verfuckten Chinesen mit der zarten Haut und den langen Beinen nicht mehr vergessen konnte, er träumte von ihm und konnte nicht schlafen deswegen. Das war es, was er ihnen niemals verzieh. Sogar später, nach sehr langer Zeit, als er schon längst gekündigt und ein neues Leben begonnen hatte, als er schon in der Firma war und für Marlen Wladlenowitsch arbeitete, vor dem er Angst hatte, was er sich aber nicht traute offen zu zeigen – selbst da verzieh er seiner Crew nicht die Schande und diese grauenhafte Erregung.
    Damals hatte er wohl gelernt, dass man vor allem nicht den Blick abwenden durfte, dass man Probleme als naturgegeben betrachten musste, dass sie plötzlich auftauchten, aber immer irgendwann auch wieder verschwanden. Hauptsache – keine Angst haben. Und am besten einen Pionierspaten dabeihaben.
     
    Und jetzt, als er vor ihnen da stand, kam alles wieder hoch – der Hafen, die Pubs, der minderjährige Transvestit und das Schlimmste, dieses Gefühl der Demütigung, das er nicht mehr loswurde. Und so ging es sein ganzes Leben lang – jeder seiner Versuche, alles richtig zu machen, endete mit einem Desaster. Wie jetzt, wo ihn alle verlassen hatten, der Graue hatte sich in die Stadt verpisst, um sich über ihn zu beschweren, auch die Soldaten hatten sich verpisst, um sich zu beschweren, nur die Zigeuner waren geblieben, aber die machten sich lustig über ihn, über sein feiges Gesicht, über seinen blöden Tarnanzug, über all seine Versuche, solide und seriös zu wirken. Sie demütigten ihn, trieben ihn in die Ecke, gaben ihm mit Knüppeln den Rest und ließen ihm keine Chance.
    Obwohl es natürlich nicht um den Spaten geht. Sie, die Jungs, hatten das einfach schon als Kinder gesehen, an ihren Eltern und älteren Freunden beobachtet. Alles ganz einfach: zusammenhalten, sich gegen Fremde wehren, sein Territorium verteidigen, seine Frauen und seine Häuser. Und alles wird gut. Und wenn’s mal nicht gut wird, dann geht es zumindest gerecht zu.
    Ängstlich und hasserfüllt, wie eine zwischen Eisentonnen gefangene Ratte, schaute er sie an: diesmal waren sie zu weit gegangen, diesmal ließen sie ihm einfach keine andere Wahl.
    Weil niemand das Recht hat, auf dein Territorium einzudringen und dir deine Frauen zu rauben. Und deine Häuser.
    Weil er eigentlich alles richtig gemacht hatte, es war nicht seine Schuld, dass es so gekommen war. Es lag nicht am Tarnanzug, den er auch hätte weglassen können, und nicht an der Makarow, die er sich extra beim Bodyguard geliehen hatte und die er nun in seiner Hosentasche trug und deren Stahlkörper schwer und gewichtig seine Lende berührte.
    Denn wenn du mit alldem groß geworden bist, wenn es sich von Kindesbeinen an in dein Bewusstsein gefressen hat, dann nimmst du viele Dinge einfacher und ruhiger auf. Es gibt das Leben, das du lebst und das du nicht abgeben darfst, und es gibt den Tod – der Ort den du auf jeden Fall rechtzeitig erreichst, du musst dich nicht beeilen.
    Und sie stoßen dich zurück, versuchen nicht mal, zu einer Verständigung zu kommen, denn du bist fremd für sie, nichts verbindet dich mit ihnen und nichts kann dich mit ihnen verbinden.
    Diese Dinge sind richtig und verständlich und deswegen unveränderlich. Sie haben immer so gelebt und werden versuchen, es auch ihren Kindern so beizubringen.
    Weil uns nur gemeinsames Leben und gemeinsamer Tod verbinden.
    *
    – Na, ihr Penner, warum sagt ihr keinen Mucks?
    Die beiden Traktoristen, Matrosenhemd und Blaumann, sprangen auf die Erde und begrüßten unsere Mannschaft wie nahe Verwandte – den Versehrten, Pascha, Bormann, sogar mich. Obwohl ich

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