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Die Erfolgsmasche

Titel: Die Erfolgsmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Fummel. Kannst du dir doch leisten, Mama. Bei deiner Figur. Besonders von hinten. Von vorne sieht man halt dein Gesicht.«
    Ich lächle mein Spiegelbild an und freue mich ausnahmsweise mal, dass meine beiden Modeberater gerade nicht da sind.
     
    Mit klopfendem Herzen betrete ich um fünf nach acht die Lobby, nachdem ich mich im verspiegelten Aufzug noch einmal von allen Seiten betrachtet habe. Zwei Mal war mein Finger schon auf der »Sechs«, weil ich drauf und dran war, wieder nach oben zu fahren und mich umzuziehen. Doch das »Ist die Oma tot?«-Kostüm erscheint mir unpassend.
    Jetzt gibt es kein Zurück mehr.
    Ich bin jetzt nicht mehr die alleinerziehende Mutter, die im vierten Stock einer Mietwohnung mit einem Haufen Pubertierender zusammenhaust und immer den Müll mitnimmt, wenn sie mit dem Lift nach unten fährt.
    Ich bin jetzt die geschäftstüchtige Managerin eines sehr gefragten Autors, für den ich die Gage für ein Musical aushandele. Und genauso sehe ich auch aus.

14
    Blitzschnell verschaffe ich mir einen Überblick über die Lage in der Lobby. In gepolsterten Sitzgruppen sitzen distinguiert wirkende Herrschaften, manche arbeiten am Laptop, andere trinken Tee, Kaffee oder einen Aperitif. Teure Kostüme und Anzüge, Uhren, Schmuck und tadellose Frisuren, wohin das Auge sieht. Insgeheim bin ich dankbar für meine wagemutige Entscheidung, das rote Kleid angezogen zu haben. Ich sehe mich suchend um.
    Dort hinten an der Wand sitzt ein in hellbraunen Tweed gekleideter Herr, der bei meinem Anblick sofort aufspringt und sich das Jackett zuknöpft. Er ist sehr groß, vielleicht ein Meter neunzig, und strahlt mich aus grüngrauen Augen unter buschigen Augenbrauen erfreut an. Als ich auf ihn zugehe, merke ich, dass ich auf einmal schrecklich nervös bin. Mein Mund ist trocken, und meine Knie - sie schlackern doch nicht etwa? Man sollte meinen, dass ich etwas routinierter mit so einer Situation umgehen kann. Er lächelt doch!
    Mit hoch erhobenem Kopf schreite ich auf ihn zu und schenke ihm ebenfalls mein strahlendstes Lächeln, während er mir einen angedeuteten Handkuss spendiert.
    »Welche Überraschung«, sagt er mit angenehm dunkler Stimme, als er von meinem glücklicherweise frisch eingecremten Handrücken wieder auftaucht. »Herr Richter hat eine bezaubernd aussehende Managerin.«

    Ich sollte aufhören, auf seine Hand zu starren. Das ist ja schon peinlich, dass ich immer als Erstes den Ehering-Check mache. Er hat keinen. Was nichts zu bedeuten hat!
    Werner Gern blickt lächelnd auf mich herunter. Er riecht schwach nach einem angenehmen Aftershave. Sein Blick hat etwas Gütiges, Strahlendes und Neugieriges. Er mag Anfang fünfzig sein.
    »Und Frau Schneider-Basedow hat einen ausgesprochen charmanten Bekannten«, presse ich hervor.
    Werner Gern stutzt einen Moment und muss dann lachen. »Hat Carmen gesagt, dass ich ihr Bekannter bin?«
    »Ihr guter Bekannter«, setze ich noch einen drauf.
    »Nicht so gut, wie Sie womöglich glauben«, murmelt er und fährt sich verlegen über das Grübchen am Kinn. »Sie orientiert sich eher in der Damenwelt.«
    Aha. Das hatte ich mir ja schon gedacht. Und die Kolumne von Corinna Regen erklärt sich nun auch. Ganz kurz keimt Panik in mir auf. Wenn der Betrug auffliegt! Wenn meine ganze dreiste Schwindelei … ach was! Carmen Schneider-Basedow hat es nicht anders verdient. Ich recke mein Kinn. Vor der habe ich doch keine Angst! Vor der doch nicht!
    Werner Gern weist mit der Hand auf den samtroten Sessel, der neben dem seinen steht: »Darf ich Sie auf einen Aperitif einladen?«
    Ja, das darf er. Die Sache lässt sich hervorragend an. Unsere Begegnung beginnt mir Spaß zu machen. Ich setze mich so damenhaft wie möglich hin und streiche mein rotes Kleid über den Knien glatt. Verdammt. Es ist doch kein Sitzkleid. Am liebsten würde ich stehen bleiben.
    »Ich kenne die gute Carmen noch aus alten Zeiten«, sagt Werner Gern. Er streckt die Beine aus und legt einen Fuß
über den anderen, so als wollte er es sich erst mal bequem machen, bevor er von den alten Zeiten spricht. »Da hat sie noch in Hamburg für die Bildzeitung geschrieben.«
    Ja, Männer dürfen sich so hinlümmeln. Die sehen ja noch in der Horizontalen gesellschaftsfähig aus. Aber ich ziehe alles ein, was ich habe, und halte die Luft an. Meine Knie parke ich artig nebeneinander.
    Ein junger Mann im dunklen Anzug stellt dezent zwei Champagnergläser vor uns ab.
    »Und jetzt ist sie Chefredakteurin von Frauenliebe und

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