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Die Erfuellung

Die Erfuellung

Titel: Die Erfuellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Cookson
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Stille wurde übermächtig und schließlich unerträglich. »Gute Nacht, Mrs Batley«, verabschiedete sie sich überstürzt und ging nach oben.
    Armer Onkel Shane. Was für ein Jammer. Aber es war nicht ihre Schuld. Schließlich kannte sie ihn erst seit wenigen Tagen. Sie versuchte, sich an seine Worte zu erinnern, rief sich aber sogleich selbst zur Ordnung. Schließlich war er betrunken gewesen, und Betrunkene redeten Unsinn.
    Langsam zog sie sich aus. Als sie das Licht gelöscht hatte, lag sie im Bett und starrte an die Decke. An Schlaf war nicht zu denken, dazu hätte sie sich entspannen müssen, und ihr ganzer Körper war hart wie Zement. Sie warf sich herum, vergrub das Gesicht im Kissen und überließ sich einem Strom lautloser Tränen.
    Wann sie eingeschlafen war, wusste sie nicht, aber ihr war klar, dass sie träumte, sie sagte es sich immer wieder. Das war alte Gewohnheit. Wenn sie in Träumen von merkwürdigen Tieren verfolgt wurde und ihre Beine ihr plötzlich den Dienst versagten, tröstete sie sich selbst damit, dass es nur ein Traum war.
    Wahrscheinlich hatte sie das von ihrer Mutter übernommen. Es ist nur ein Traum, Kleines, mit diesen Worten hatte ihre Mutter sie stets geweckt, wenn sie einen Albtraum hatte.
    Diesmal wollte er jedoch nicht enden. Manchmal war es Great Leader, der Stier, der sie verfolgte, dessen Hufe sie fast erreichten, bis sie ihre Beine wieder bewegen konnte, dann wieder jagte Sep Watson sie, der schon nach ihrem wehenden Haar griff, als Ralph Batleys Hände aus dem Nichts erschienen und ihn über die Steilküste ins Meer schleuderten. Dann rannte sie wieder, und diesmal war es Ralph Batley, der sie verfolgte. Seine Schritte donnerten direkt hinter ihr über den Boden, dann wieder lief er in der Ferne hin und her. Wie ein Hütehund trieb er sie immer näher an den Küstenpfad heran. Wandte sie sich nach rechts, war er schon dort, lief sie nach links, schnitt er ihr den Weg ab. Und nun hatte sie den Pfad erreicht, rannte auf die schmale Stelle zu, an der sie von der Steilküste springen würde, um ihrem Verfolger zu entgehen. Es war nur ein Traum … nur ein Traum. Aber sie lief und lief, und ihr Herz schlug gegen ihre Rippen, als wollte es ihre Brust sprengen. Nun kamen die Schritte näher, waren ganz dicht hinter ihr. Seine Hand legte sich auf ihre Schultern.
    »Nein!«, schrie sie verzweifelt.
    In diesem Augenblick erwachte sie, und die Wirklichkeit war noch schrecklicher als ihr Traum, denn die Hand lag tatsächlich auf ihrer Schulter. Vor ihren Augen schwebte das Gesicht von Ralph Batley, das für einen Augenblick den gesamten Raum zu füllen schien.
    »Keine Angst«, sagte er, als sie sich entsetzt unter der Decke verkriechen wollte. »Wachen Sie auf.«
    Sie starrte ihn bewegungslos aus weit aufgerissenen Augen an.
    »Sind Sie wach?« Er rüttelte sie sanft an der Schulter.
    Sie blinzelte und rang nach Luft. »Ja, ich bin wach.«
    »Kein Grund zur Angst.« Er hatte sich aufgerichtet, und sie sah, dass er nur Reithosen trug und ein Hemd übergeworfen hatte. »Meine Mutter ist krank, ich brauche Hilfe. Können Sie herunterkommen?«
    »Krank?« Sie setzte sich auf und zog sich die Decke unter das Kinn. »Ich komme sofort.«
    Sobald sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, sprang sie aus dem Bett. Sie war noch halb benommen vom Schlaf und dem Schrecken des Albtraums. Es dauerte ein paar Minuten, bis sie ihren Morgenmantel gefunden hatte, aber als sie auf der Galerie stand, war sie hellwach.
    Da sie Batleys leise Stimme in der Halle hörte, lief sie an die Treppe. Er beugte sich über die Couch im Wohnzimmer.
    Unten angelangt, stellte Linda entsetzt fest, welche Veränderung mit Mrs Batley vorgegangen war. Ihr Gesicht war aschfahl, und die Augen waren hinter den geschlossenen Lidern eingesunken. In wenigen Stunden schien sie um zwanzig Jahre gealtert zu sein.
    Als Linda aufblickte, erkannte sie in Ralph Batleys keine Ähnlichkeit mehr mit dem Mann vom Vortag. Auf ein Zeichen von ihm folgte sie ihm in die Küche, wo er sich halb zu ihr umwandte, ohne sie jedoch anzusehen.
    »Ich habe den Arzt angerufen«, erklärte er ihr, »aber in dem Wetter will er nicht mit dem Auto über die Felder fahren. Ich muss ihn abholen.« Er befeuchtete seine Lippen. »Es tut mir Leid, dass ich Sie wecken musste.«
    »In Anbetracht der Umstände erwarte ich keine Entschuldigung«, erwiderte sie scharf. Als sie sah, wie er seinen Dufflecoat vom Haken an der Tür nahm, wurde ihre Stimme weicher. »Was

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