Die Erfuellung
Polizei sie finden. Wenn ich sie versteckt halten würde, würde ich dann die Beamten nach ihr suchen lassen?«
»Du könntest sie nicht aufhalten.«
»Nein, wahrscheinlich nicht, aber ich wäre doch sicher beunruhigt.«
Mrs Batley wandte zuerst den Blick ab.
»Maggie … Maggie …« Shanes Stimme klang dünn. »Hast du einen Tropfen zur Kräftigung da?«
»Für dich gibt es heute keinen Tropfen, Shane. Wir haben weiß Gott schon genug Ärger, ohne dass du durchdrehst. Trink einen starken Kaffee.« Sie sah Linda an. »Linda, würden Sie uns bitte eine Kanne Kaffee kochen?«
Mitleidig blickte Linda auf Onkel Shanes gesenktes Haupt herab. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie Onkel Shane bereitwillig eine Flasche Schnaps in die Hand gedrückt, so bekümmert war der alte Mann. Aber Mrs Batley wusste, was für alle am besten war.
Ohne den Herrn des Hauses anzusehen, ging sie in die Küche. Als sie ein wenig später Kaffeekanne und Tassen auf das Tablett stellte, kam er jedoch herein und blieb am Tisch stehen.
»Glauben Sie, dass ich es getan habe?« Seine Stimme war so tief, dass sie fast guttural klang.
Sie zögerte merklich. »Nein, nicht mehr.« Sie wandte den Blick ab. »Zuerst schon, bevor ich wusste, dass er in den Rücken geschossen wurde. In diesem Punkt denke ich wie Ihre Mutter.«
»Danke.« Für ein paar Sekunden sahen sie sich über den Tisch hinweg an. »Ich stecke in Schwierigkeiten, Linda.« Nun war ihm der Aufruhr der Gefühle, der in ihm tobte, deutlich anzuhören. »Die Polizei denkt, ich war es, und das will man mir beweisen. Die Cadwells werden sie dabei natürlich nach Kräften unterstützen.«
Linda fand keine mitfühlenden Worte, um auf diese vertrauliche Mitteilung zu reagieren. Stattdessen stellte sie eine Frage. »Wo ist sie?«
»Oben in den Dachsparren.«
»Den Dachsparren?«
»Wo die großen Balken dem Atelier gegenüber zusammenstoßen, gibt es hoch oben einen Vorsprung, der nicht so aussieht, als wäre er breit genug, um einen Menschen aufzunehmen. Dort werden sie nie im Leben nach ihr suchen.«
»Ich dachte, sie wäre krank.«
»Das ist sie auch. In vieler Hinsicht ist sie eine sehr kranke Frau.«
»Weiß sie, was passiert ist?«
»Ja, ich musste es ihr sagen. Sie geriet in Panik, weil sie Angst hat, dass man sie beschuldigen könnte.« Seine Augen verschleierten sich.
Sie beugte sich über den Tisch zu ihm. »Mr Batley« – sein Vorname wollte ihr einfach nicht über Lippen kommen – »ich finde, Sie sollten wissen, dass sie einen Schlüssel zur Außentür hat. Oder war Ihnen das bekannt?«
Der Blick seiner Augen wurde hart und durchdringend. »Das ist mir neu. Was wissen Sie noch?«
Sie schluckte. »Ich hätte Ihnen das schon eher sagen sollen. Sep Watson war letzte Nacht auf dem Hof. Als Sie mich ins Atelier geschickt haben, habe ich seine Stimme gehört. Ich glaube, er hat sich im Atelier mit Mrs Cadwell unterhalten.«
Seine Kinnlade sank herab. Dann klappte er den Mund abrupt zu. »Sind Sie sicher?«
»Ja, ich habe sie reden hören. Ich wollte die beiden überraschen, aber die Tür war abgeschlossen, und als Mrs Cadwell öffnete, war sie allein. Dann sah ich auf dem Staub im Boden vor der Tür zur Treppe Schleifspuren. Mrs Cadwell war klar, dass ich Bescheid wusste.«
»Ist das alles?« Er sah sie immer noch eindringlich an.
»Ja.«
»Ganz sicher?«
»Natürlich, sonst würde ich es Ihnen erzählen. Sie können jetzt nicht zu ihr«, sagte sie hastig, als er sich abwandte und zur Tür ging. »Die Polizeibeamten sind überall.«
Er blieb stehen. »Das will ich auch nicht. Ich muss versuchen, Watson zu finden. Wenn die Polizei fragt, wo ich bin, sagen sie, ich musste nach den Schafen auf der oberen Weide sehen.«
»Ja, in Ordnung.« Sie starrte eine Weile auf die geschlossene Tür, bevor sie das Tablett aufhob und in die Halle ging. Als sie Shane, der immer noch mit hängendem Kopf dasaß, und der schweigsamen, zutiefst beunruhigten Mrs Batley Kaffee einschenkte, kam Michael in die Halle gelaufen.
»Großmama! Großmama! Großpapa Cadwell kommt her, und er ist richtig wütend. Er hat Großmama Cadwell auf dem Küstenpfad so geschubst, dass sie gefallen ist. Jetzt humpelt sie.«
Shane und Mrs Batley erhoben sich gleichzeitig. »Hör mir gut zu, Michael«, sagte sie leise. »Du gehst jetzt sofort zu Sarah und ihrem Kalb. Da bleibst du, bis Linda dich holt. Los jetzt.«
»Aber, Großmama …«
»Michael, tu, was ich dir gesagt habe. Und du kommst
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