Die Ernaehrungsfalle
die Übertragung von Signalen ermöglicht, zum Beispiel im Gehirn, aber auch im → Darm. Glutamat hat wichtige Aufgaben bei der Schmerzübertragung, bei der Steuerung des Körperwachstums, bei der Gewichtsregulierung, bei der Appetitsteuerung, ja sogar der Fortpflanzung. Glutamat ist der wichtigste Botenstoff im → Hypotha lamus , jener Region tief drinnen im Kopf, die häufig als »Gehirn des
Gehirns« bezeichnet wird. Von hier aus werden zentrale Körperfunktionen geregelt, Gefühle und Körperreaktionen aufeinander abgestimmt, Wahrnehmungen gesteuert, der Körper gewissermaßen regiert - meist weit unterhalb der Bewusstseinsschwelle.
Glutamat gilt - immer noch - als unbedenklich. Es ist offiziell als Lebensmittelzusatz zugelassen und wird von der Europäischen Union in die sicherste Kategorie der Additive eingestuft. Das weiße Pulver ist in vielen → Fertigsuppen , Soßen, salzigen und würzigen Sachen im → Super markt enthalten. Es schmeckt intensiv würzig, »umami«, wie die Japaner sagen, was »köstlich« bedeutet. Der sogenannte Geschmacksverstärker ist beliebt bei den Food-Konzernen, weil er Geschmack billiger macht. Unter folgenden Bezeichnungen kann der Geschmacksverstärker auf dem → Etikett erscheinen:
Glutamat (E 620)
Mononatriumglutamat (E 621)
Monokaliumglutamat (E 622)
Calciumglutamat (E 623)
Monoammoniumglutamat (E 624)
Magnesiumglutamat (E 625)
Es kann allerdings auch unter der Bezeichnung »Würze« geführt werden, oder auch als »Geschmacksverstärker«. Es kann auch unter vielen anderen Bezeichnungen auftauchen: Wenn »Aroma« draufsteht, können bis zu 30 Prozent reines Natriumglutamat enthalten sein. Auch wenn → »Carrageen« angegeben ist oder »Maltodextrin«, »Weizenprotein« oder gar »Trockenmilcherzeugnis«, kann Glutamat seine Wirkung entfalten. → Bio-Lebensmittel enthalten gemeinhin kein Glutamat. Das Glutamat ist dort getarnt, als → »Hefeextrakt« . Das enthält von Natur aus Glutamat und kann nach Angaben eines Herstellers zu den gleichen Unverträglichkeitsreaktionen führen.
Offiziell gilt Glutamat als harmlos: Das Berliner → Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat »keine Bedenken« gegen die gelegentliche Verwendung geringer Mengen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung
(DGE) meint sogar, selbst bei häufigem Verzehr größerer Mengen sei »kein schädigender Einfluss« zu erwarten. Die Experten verweisen, wie auch die Nahrungshersteller, in der Regel bei solchen Unbedenklichkeitserklärungen auf das sogenannte → »Hohenheimer Konsensusgespräch« zu dem sich hochrangige Professoren im Jahre 1996 in der Universität Stuttgart-Hohenheim versammelt hatten. Konsens war, dass Glutamat »auch in hohen Dosen keine spezifischen Nebenwirkungen aufweist«. Die Expertenrunde fand auf Wunsch des Glutamat-Weltmarktführers Ajinomoto zusammen, vermittelt über den Glutamat-Informationsdienst im hessischen Kronberg, bezahlt vom Verband der europäischen Glutamathersteller COFAG. Der Hohenheimer Professor Hans Konrad → Biesalski bot den interessierten Industriekreisen solche Konsensrunden gegen Bezahlung an. 2007 wurde ein sogenanntes »Update« veröffentlicht, demzufolge sogar ein Pfund Glutamat pro Tag völlig unbedenklich sei. Sprecher der neuen Runde war Professor Peter Stehle, Präsident der DGE. Glutamat-Kritiker, wie der Kieler Professor Michael Hermanussen, wurden zu den Konsensrunden nicht eingeladen.
Glutaminsäure
Die Glutaminsäure, Grundlage und nächster chemischer Verwandter von → Glutamat , wurde erstmals 1866 von dem deutschen Forscher Karl Ritthausen aus Weizenprotein (»Gluten«) gewonnen. 1908 fand der japanische Professor Kikunae Ikeda heraus, weshalb ihm sein Tofu besser schmeckte, wenn er dazu einen Löffel Tangbrühe aß: dank der Glutaminsäure, von der im Tang sehr viel steckt. Schon ein Jahr später begann der Konzern Ajinomoto, benannt nach dem japanischen Wort für Glutamat, mit der Produktion des preisgünstigen Geschmacksersatzes. Mittlerweile ist die Firma Weltmarktführer in Glutamat, unterhält Filialen und Fabriken rund um den Globus. Im Westen begann der Siegeszug des Geschmacksersatzes im Zweiten Weltkrieg: Damals entdeckten die amerikanischen Quartiermeister bei gefangen genommenen
Japanern, dass deren Armeerationen »great« schmeckten - wofür das Glutamat verantwortlich gemacht wurde. Nach dem Krieg begann die amerikanische Food-Industrie, das weiße Pulver routinemäßig in die industriell gefertigten
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