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Die Ernte

Die Ernte

Titel: Die Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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ergattern können. Die Katholiken litten unter dem Rückgang ihrer Mitglieder und die Diözese hatte sich entschlossen, die Kirche zu schließen. Armfield betrachtete diesen Kauf als eine Art Sieg, als einen Beweis dafür, dass sie, die Baptisten, auf dem richtigen Weg waren. Einige seiner Gläubigen hatten sich aufgeregt, als er das katholische Symbol an die Wand gehängt hatte, aber Armfield konnte seine Schäfchen davon überzeugen, dass es eine sehr konservative Darstellung Christi war, eine, die auf die frühesten Tage der Christenheit zurückging.
    Es gab nur eine wirklich alte Religion, und das war die der Baptisten. Jesus gehörte nicht zu diesen Typen, die Maria anbeteten und komische Oblaten aßen. Der Sohn Gottes gehörte zu denen, die danach strebten, dass ihre Köpfe von Sünde reingewaschen würden. Armfield blickte noch einmal auf das dunkle, hölzerne Gesicht.
    »Vergib mir, oh Jesus«, flüsterte der Prediger. Dann, als er plötzlich das Quietschen einer Tür am anderen Ende der Kirche hörte, fügte er noch laut dazu: »Und wir danken dir, oh Herr, für deinen Segen, der unsere Kirche für immer begleiten und erleuchten wird. Amen.«
    »Amen«, sagte auch Bill Lemly in seiner tiefen Stimme, die durch den engen Kirchengang hallte. Armfield drehte sich um und sah die breite Statur von Lemly, die sich im Eingang der Kirche gegen die dunkle und nasse Welt draußen abzeichnete. Lemly kam im Mittelschiff der Kirche immer näher. Seine Schuhe hinterließen nasse Abdrücke auf dem roten Teppich, der wie eine heilige Zunge auf dem Boden lag, die die Sünder in Richtung Altar zog, immer näher zu Gott und schließlich so nahe, dass sie das billige Aftershave riechen konnten, das der Prediger Blevins jeden Sonntag trug.
    »Ich wünsche Ihnen einen guten Abend, Prediger«, sagte Lemly. »Der Herr hat uns noch mehr Regen beschert.«
    »Ja, Bruder Lemly. Wir werden uns noch eine Arche bauen müssen.«
    »Nun, Gott hat versprochen, dass Er uns nicht mehr so bestrafen wird. Wenn Er das nächste Mal die Erde zerstört, dann wird es anders sein. Besser.«
    Was würde es das nächste Mal sein? Atomarer Niederschlag, vom Menschen erzeugte Schwefelsäure und Feuer, das vom Himmel fällt? Chemikalien in unseren Zuckerersatzmitteln, die krebserregend sind? Oder vielleicht weitere acht Jahre eine demokratische Mehrheit im Kongress? Die Wege des Herrn waren unergründlich.
    »Das stimmt, Bruder«, sagte Armfield. »Und die Prophezeiungen werden eintreffen, genauso wie uns das in der Bibel versprochen wird.«
    »Bald kommt der Herr und nimmt uns zu sich nach Hause. Was für ein wundervoller Tag das sein wird.«
    Diese Seite der Abmachung mit Gott beunruhigte Armfield ein wenig. Natürlich wollte er in den Himmel kommen. Er wollte durch die Himmelstüre tanzen und sich zu den Füßen Jesu legen, an einer Harfe zupfen und mit seiner dünnen Stimme die Himmelschöre verstärken, die Ihn ohne Unterlass lobten und priesen. Er wollte es nur nicht in absehbarer Zeit tun.
    Es war eine seiner geheimen Ängste, dass er eines Tages seiner Arbeit nachging, nichts Besonderes vorhatte, vielleicht gerade den Schnitt der Hecken am Friedhof überprüfte oder an einer steinerweichenden Predigt schreiben würde, als ihm plötzlich jemand auf die Schulter klopfen würde. Er würde sich umdrehen und da stünde der Herr in Seinem ganzen Glanz, groß, blond und blauäugig.
    Armfield wollte nicht sterben. Zumindest nicht in den nächsten Jahren.
    »Ja, Bruder Lemly, in der Tat ein wundervoller Tag«, sagte er und leckte über seine dünnen Lippen.
    Armfield öffnete seine Bibel und legte sein lila Lesezeichen aus Nylon irgendwohin mitten ins Lukasevangelium. Passt vielleicht für ein Zitat am kommenden Sonntag.
    Eines Tages würde er die Heilige Schrift wirklich lesen, von Anfang bis zum Ende, nicht nur ein Stückchen hier, ein Stückchen da. Er hatte schon einmal damit begonnen, als er sechzehn Jahre alt war. Er hatte sich hingesetzt und war bald mit der Erschaffung der Erde, mit Adam und Eva, Kain und Abel fertig. Er hatte das Gefühl, dass er auf die beste Geschichte der Welt gestoßen war. Dann war er auf die ganzen "Zeugungen" gestoßen und es war so, als ob er mit dem Gesicht voran in die Mauer einer jüdischen Synagoge gerannt wäre. »So-und-so zeugte ein Kind mit so-und-so, und der wiederum…« . . “
    Armfield war nicht der schlaueste Mensch auf Erden. Er war ein schlechter Leser und die einzigen originellen Ideen, die ihm im Kopf

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