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Die Ernte

Die Ernte

Titel: Die Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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Steakhaus.«, kicherte Armfield.
    »Ach, Papa«, sagte sie.
    »War nur ein Scherz, mein Schatz.«
    Sarahs südlicher Akzent war schon dabei langsam zu verblassen. Ihre breiten Vokale wurden immer schmäler, wie eine Landstraße, die sich einem Wald näherte. Sie war in ihrem zweiten Jahr in der Westridge University und diese intellektuellen Yankees hatten ihre Art zu sprechen und zu denken schon stark beeinflusst. Armfield machte sich schon Gedanken, wie es mit ihr weitergehen würde.
    »Gott möge sie beschützen«, betete er leise und legte seine Bibel fast zärtlich auf die Kanzel, wo sie ihm am kommenden Sonntag als Inspiration dienen würde. Er fragte sich innerlich, ob er Nettie und Bruder Bill Lemly sagen sollte, dass er nach Hause ging. Nein, Nettie würde schon alles absperren. Außerdem wollte er die zwei Turteltäubchen nicht aufschrecken.
    Armfield fürchtete zudem, dass er die Sünde des Neids begehen könnte. Er hatte heute schon genug gesündigt. Er würde sich mindestens eine halbe Stunde mit dem Herrn von Angesicht zu Angesicht unterhalten müssen, um diese Sünden wieder reinzuwaschen. Aber der Herr würde ihm schon vergeben. So wie immer.
    Armfield schritt unter den hohen Holzbögen den Gang der Kirche entlang. Das einzige Geräusch, das zu hören war, war das Knacken seiner Kniegelenke und das leiser werdende Prasseln des Regens auf dem Kirchendach. Er traf im Foyer der Kirche auf seine Tochter, die schon mit dem aufgespannten Regenschirm auf ihn wartete, damit sie die dreißig Meter zum Pfarrhaus gemeinsam zurücklegen konnten.
    Armfield dachte so intensiv an seine bevorstehende Buße, dass er den Regen überhaupt nicht beachtete. Als er in den Regen blickte, der in fetten Strichen das Licht der Straßenlaterne durchzog, kam es ihm so vor, als sähe er ein schwaches grünes Leuchten. Er schüttelte den Kopf und tauchte unter den Regenschirm.
    Es sind sicher keine Frösche.
    »Wer ist schneller?«, rief Sarah und lief mit dem Schirm in der Hand in Richtung Pfarrhaus.
    Armfield lachte und dann zuckte ein Blitz über den Himmel, der in der Nähe der Kirche in den Boden einschlug. Der Donnerschlag, der unmittelbar darauf folgte, war ohrenbetäubend.
    »Verschone mich, Jesus«, flüsterte er, dann rannte er in den Regen hinaus zu seinem Haus.
     
    ###
     
    Don Oscar war in einer Forsythienhecke verheddert. Ihre scharfen grünen Knospen zerkratzten seine Haut. Er fühlte, dass er bereit war, in einer Flut von samtig gelben Orgasmen in tausende Blüten zu explodieren. Er fühlte sich lebendiger als er es jemals zuvor getan hatte, als er noch ein Mensch war. Jetzt war er Chlorophyll und Karotin, er bestand aus Wasserzellen und Kohlenstoff, eine einzige Metastase aus tierischer und pflanzlicher Existenz. Er verbrannte sich in wohligem Glücksgefühl, als ihm seine Energie durch seinen Schöpfer abgesaugt wurde.
    Er war jetzt Nahrung für die Götter.
    Die dünnen, weißen Würzelchen seines Schöpfers drangen langsam unter die Haut des Bear Claw und verzweigten sich dort. Sie sogen die Fauna der Appalachen in sich auf und verwandelten sie in ihresgleichen. Seine Apostel waren auch schon unterwegs, Fische und Vögel und Mensch und Getier, alle waren schon von der Berührung des kosmischen Sensenmannes infiziert worden. Und Don Oscar war eines seiner Kinder. Er war Nahrung für den geliebten Samen aus dem Weltall, sodass seine Mission weitergeführt werden konnte.
    Er wusste, dass auch seine Frau Genevieve in der Nähe war und mit ihrer Nase wie eine alte Sau auf der Suche nach wohlschmeckenden Trüffeln durch die Erde pflügte. Die wilden Lilien sprossen am Bachufer und Genevieve war mitten unter ihnen und rollte sich im fetten, sumpfigen Morast. Ihr zerrissenes Kattunkleid war feucht und schwarz vor Schmutz und klebte an ihren üppigen Schenkeln, während sie sich ohne Scham im Schlamm suhlte.
    Don Oscar hatte noch nie eine so tiefe Liebe für sie empfunden, hatte noch nie so sehr die herrlichen Tiefen ihres organischen Reichtums zu schätzen gewusst, als er sie damals verwandelt hatte. Nun waren sie einen Bund eingegangen, der ihm tausendmal heiliger war als ihre menschliche Verbindung.
    Jetzt dienten sie gemeinsam ihrem Schöpfer und er diente ihnen, er segnete sie mit dem Leuchten der Sonne, gewährte ihnen die Wohltat der Feuchtigkeit, die sie durch ihre Haut aufnahmen, gestattete ihnen den Genuss der Transpiration. Die Wolken ihres Unwissens waren vertrieben und sie waren erleuchtet. Ihre sündige

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