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Die Ernte

Die Ernte

Titel: Die Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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lächelnd zu ihm hin.
    »Ja. Ich bin ein Fan von Georgetown. Hab dort meinen Abschluss gemacht.«
    Seine Zunge war ein wenig schwer. Trotzdem war es ein angenehmes Gefühl, mit jemandem zu sprechen. Tante Mayzie war zwar ein toller Gesprächspartner, aber eben nicht die ganze Zeit. Außerdem war das hier etwas ganz anderes. Wirklich anders.
    »Georgetown, wirklich? Das ist ja eine ganz schön schwere Uni. Ich bin in Westridge.«
    »Ich habe gehört, dass das auch eine gute Uni ist. Aber eine ziemlich lange Fahrt, nicht wahr?«
    »Ich wohne hier, also ist es billiger zu fahren, als nach Bakersville zu ziehen oder in einem Studentenheim zu wohnen.«
    »Was studierst du?« James nahm noch einen Schluck von seinem Bierkrug.
    »Psychologie.«
    James nickte. Sieh mal einer an, Psychologie. Sie könnte ja gerade ein Experiment mit ihm durchführen. Vielleicht war das eines ihrer schwarz-weißen Rassen-Experimente.
    »Ich habe Bibliothekswissenschaften studiert«, sagte er und leckte sich den Bierschaum von der Oberlippe. »Hab´ mal im Smithsonian gearbeitet.«
    »Wow. Das ist ja eine total coole Stelle. Ich war dort mal vor ein paar Jahren auf einem Schulausflug. Darf ich mal fragen«, fragte sie und rollte mit ihren blauen Augen so, dass er wusste, dass sie die Stadt da draußen meinte, »Was hat dich denn nach Windshake gebracht? Ich meine, hier geht ja nicht gerade die Post ab.«
    »Meine Tante lebt hier. Ich leiste ihr Gesellschaft, bis es ihr gesundheitlich wieder besser geht.« Oder bis sie stirbt, je nach dem, was zuerst kommt.
    »Das ist ja total süß von dir«, sagte die Rothaarige und lächelte noch einmal. »Hab´ dich schon ein paar Mal in der Stadt gesehen. Ich meine, nur so gesehen. Es ist ja nicht so, dass du irgendwie anders wärst.«
    James senkte seinen Kopf und wartete. Wir mögen keine Schwarzen hier in der Gegend. Gespenster gehören auf den Friedhof. Nigger gehören erschossen.
    »Ich finde, es ist total interessant mit dir zu sprechen«, sagte sie.
    Was war denn die für eine Liberale? Hatte sie Mitleid mit dem armen unterdrückten Schwarzen? Für dich bin ich doch nur ein NIGGER. James starrte in sein Bier und in die tausenden kleinen Salamanderaugen, die der Bierschaum machte.
    »Stimmt doch, oder?«, sagte sie.
    »Ich bin nur ein ganz normaler Typ.« James zuckte mit den Schultern und krümmte gleich darauf den Rücken, so als ob er seinen Kopf wie eine Schildkröte in sein Hemd einziehen wollte. 
    Die Rothaarige setzte sich jetzt direkt neben ihn. James spürte, wie ihn die weißen Augen hinter ihm fixierten. Scheiß drauf, dachte James. Das kann mir keiner verbieten. Ich kann mich mit einer einheimischen jungen, weißen Frau unterhalten.
    »Ich heiße Sarah. Und du?«
    »James.«
    »Ich will dich nicht anmachen, oder so etwas. Ich tanze nur gerne. Und die Jungs hier gehen mir schon auf die Nerven. Die reden die ganze Zeit nur über die Jagd und Traktoren und große Autoreifen.«
    Jetzt musste James lächeln. Es war ein bierseliges Lächeln, warm und entspannt. Und er musste sich eingestehen, dass es sich verdammt gut anfühlte. Er hatte schon lange nicht mehr gelächelt. »Du bist wenigstens ehrlich. Kann ich dich auf ein Bier einladen?«
    »Ich bin noch nicht einundzwanzig, außerdem ist mein Vater ein Baptistenprediger. Er mag es nicht einmal, dass ich tanze. Aber trotzdem danke.
    Verdammte Scheiße. Er bandelte hier mit der Tochter eines Predigers an? Er konnte schon hören, wie das Benzin auf die Holzkreuze geschüttet wurde.
    Obwohl, süß war sie trotzdem. Vielleicht sollte er etwas riskieren.
    Sie unterhielten sich weiter und sahen sich das Spiel an. James erfuhr, dass Sarah nach ihrem Studium nach Oregon ziehen wollte. Und obwohl sie als Baptistin erzogen worden war, hatte sie sich auf der Uni öfter mit einer Gruppe von Bahai-Anhängern getroffen und war davon überzeugt, dass sie gute Ideen hatten.
    Einheit mit Gott und so. Brüderlichkeit. Schwesterlichkeit. Menschlichkeit. Hörte sich für James ziemlich toll an.
    Aber dann fragte sie ihn, ob er mit ihr tanzen wollte.
    James schaute auf die Bühne am anderen Ende der umgestalteten Scheune. Die Boxen standen auf Heuballen und Big Willie spielte gerade auf seiner Maultrommel. Ein fetter Kerl, der so aussah wie die Statue vor Shoneys Restaurant, schlug auf seinen Kontrabass und die andere Hälfte der Half-Watts sägte auf einer Geige oder zupfte an ihren Banjos. Eine Gruppe von nicht mehr ganz jungen Cowboys und Cowgirls galoppierte

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